Moers Seit 40 Jahren auf dem Weihnachtsmarkt

Moers · Christine Aberfeld war schon bei der Premiere des Moerser Weihnachtsmarkts im Jahr 1977 unter den damals 26 Schaustellern. Seither hat die Imbiss-Betreiberin alle Jahre wieder die Besucher mit Würstchen versorgt.

 Weihnachtsmarkt-Beschickerin der ersten Stunde: Christine Aberfeld mit ihrem Sohn Dirk am Schwenkgrill.

Weihnachtsmarkt-Beschickerin der ersten Stunde: Christine Aberfeld mit ihrem Sohn Dirk am Schwenkgrill.

Foto: KLaus Dieker

So viel ist gewiss: Wasser kocht im Flachland bei 100 Grad. Nichts ist schneller als Licht. Und wenn in Moers Weihnachtsmarkt ist, verkauft Christine Aberfeld dort Würstchen. Jedenfalls ist ein Weihnachtsmarkt ohne ihren Imbiss nicht vorstellbar. Jedenfalls gehört sie zu den wenigen Schaustellern, die bei allen bisher 40 Moerser Weihnachtsmärkten mit von der Partie waren. Wie viele Bratwürstchen sie wohl in all den Jahren über die Theke gereicht hat? Zigtausende müssen es sein.

"Ich weiß noch, wie der Amtsleiter zu mir kam und fragte, ob ich Interesse an einem Weihnachtsmarkt hätte", erinnert sich die 70-Jährige. Gemeint ist Gert Kupka, damals Chef des Ordnungsamts und "Vater" des Moerser Weihnachtsmarkts. Aberfeld, die im Winter mit einem Imbisswagen in Moers stand, sagte sofort zu. "Nach der Kirmessaison kam bei uns Schaustellern vier Monate lang kein Geld rein." Nun bot sich Gelegenheit, die Lücke zu schließen.

Christine Aberfeld stammt aus Duisburg, wohnt in Rheinberg, "aber im Herzen bin ich Moerserin." In dritter Generation führt sie ihren Familienbetrieb. Ihr Großvater fing als Markthändler an, der Vater habe dann auf Kirmessen hungrige Mäuler gestopft. Mit sieben packte die kleine Christine schon tüchtig mit an. Sie wisse noch, wie sie nach dem Krieg zusammen mit ihrer älteren Schwester Elisabeth eingelegte Heringe aus dem Fass holte und gegen Wertmarken verteilte. "Wenn ich müde war, hab ich mich unter der Theke schlafengelegt. Von Kinderarbeit hat damals niemand geredet."

Der Moerser Weihnachtsmarkt hatte Premiere vom 26. November bis zum 21. Dezember 1977, mit 26 Buden, die auf dem Neumarkt standen. "Wir waren mit unserem Kirmeswagen da. Was nach Kirmes aussah, wurde abmontiert oder mit grünen Girlanden abgedeckt." Auch ihr Sohn Dirk Aberfeld (50) erinnert sich, wie er mit klammen Fingern den Wagen schmückte. "Ich war damals zehn. Wir haben einen Tannenbaum zersägt und das Tannengrün zum Dekorieren genommen." Wie seine Mutter hat er jeden Moerser Weihnachtsmarkt miterlebt. Dirk Aberfeld machte nach der Schule eine Fahrzeugbauer-Ausbildung, entschied sich dann aber doch für das Familienunternehmen. Heute ist er Vorsitzender des Schaustellerverbands und des 30 Mitglieder zählenden Weihnachtsmarkts-Vereins. Er hatte sich zunächst als Interessengemeinschaft gegründet. "Wir brauchten Geld für Scheinwerfer, Dekoration, Werbung."

"Der erste Weihnachtsmarkt war aus der Hüfte geschossen", sagt Christine Aberfeld. "Die Leute meinten, das wird nichts." Wochenmarkt-Kollegen hätten sie aufgezogen: "Ich gehe jetzt nach Hause ins Warme, und du stehst hier in der Kälte." Aber die Besucher kamen, auch dank ungewöhnlicher Aktionen. "Gert Kupka veranstaltete amerikanische Auktionen, die Preise, wie Bälle mit Autogrammen von Fußballstars, hatte er selbst organisiert." Die Schausteller ließen sich ebenfalls etwas einfallen, um den Leuten etwas zu bieten. So bekam man bei Familie Aberfeld früher sowohl Würstchen als auch Obst - nur eine dünne Wand trennte die Verkaufsbereiche. "Wir waren auch die ersten mit Schwenkgrill und frischen Brötchen", sagt Dirk Aberfeld. Und irgendwann kreierte Christine Aberfeld die immer noch beliebte "Räuberpfanne" mit Scheinefleisch, Paprika und Zwiebeln. Heute steht der Name Aberfeld nicht nur für Imbiss- und Glühweinstände. Die Familie betreibt auch einen Biergarten am Rhein und die Freibad-Gastronomie in Wesel.

1983 zog der Weihnachtsmarkt auf den größeren Kastellplatz um. Vor 20 Jahren wurden dort schon rund 100 Buden gezählt. Christine Aberfeld war immer mittendrin. "Ich bin mit Leib und Seele Schaustellerin. Das Geschäft war für mich die Nummer eins. Aber mein eigenes Leben ist irgendwo verloren gegangen." Heute versucht sie kürzerzutreten, kommt selbst nur noch zum Moerser Rummel - und eben dem hiesigen Weihnachtsmarkt. "Er ist ein Aushängeschild der Stadt geworden." Und die Übergabe der Organisation in die Hände der Moers Marketing vor vier Jahren sei genau der richtige Schritt gewesen. "Man braucht Leute mit guten Ideen." Auf einen Weihnachtsmarkt-Bummel, ob in Moers oder anderswo, verzichtet Christine Aberfeld selbst allerdings. "Ich finde es schön, zu Hause zu sein - weil ich so selten da bin."

(RP)
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