Moers Schüler geben Namenlosen ein Gesicht

Moers · Zehntklässler der Moerser Anne-Frank-Schule gestalten eine Ausstellung über französische Kriegsgefangene.

 Die Schüler bauen für die Ausstellung eine Baracke nach, in denen die Kriegsgefangenen leben mussten. Das Projekt inklusive Finanzierung läuft über das Programm "Kulturagenten für kreative Schulen Nordrhein-Westfalen".

Die Schüler bauen für die Ausstellung eine Baracke nach, in denen die Kriegsgefangenen leben mussten. Das Projekt inklusive Finanzierung läuft über das Programm "Kulturagenten für kreative Schulen Nordrhein-Westfalen".

Foto: Klaus Dieker

In den Räumen der Moerser Anne-Frank-Gesamtschule wird an Schalbrettern gearbeitet und die Jahreszahlen 1940 bis 1945 in Holz gemeißelt. Das Projekt "Gefangen in Moers" geht seinem Ende zu und wird als Ausstellung ab dem 7. Februar im Foyer des Hanns-Dieter-Hüsch-Bildungszentrums zu sehen sein. Rund 60 Schüler beschäftigen sich seit letztem Jahr mit dem Thema "Gefangen in Moers". Sie rücken französische Kriegsgefangene, die als Zwangsarbeiter in Moers unter elendigen Verhältnissen in Lagern lebten, ins helle Licht. Alleine 646.421 Franzosen verteilten sich damals über das Deutsche Reich. Insgesamt waren es knapp sechs Millionen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, so der Stand im August 1944. Aus bislang Namenlosen werden Menschen, denen die Jugendlichen im Rahmen der Ausstellungen ihre Namen zurückgeben. Eine Baracke, die das Leben nach der Arbeit spiegeln soll, ist das zentrale Ausstellungsstück. "Wir haben Pappen mit Holzstrukturen versehen", sagt Andreas Baschek-Punge, der als Künstler und Kulturagent das Projekt mitbetreut. In der Baracke werden Stockbetten zu sehen sein. Auf Bettdecken hat eine andere Gruppe die Namen der Zwangsarbeiter gedruckt. Auf Kissen sind mit Hilfe von Transferfolie Bilder jener grausigen Zeit zu sehen. Textildesignerin und Kulturagentin Steffi Koch arbeitete dazu mit den Jugendlichen: "Wir haben Zeichnungen von damaligen Zwangsarbeitern, die wir für das Druckverfahren nutzen konnten", sagt Sandra Punge, Deutsch- und Geschichtslehrerin. Sie ist Mitglied im Verein "Erinnern für die Zukunft". Das Projekt inklusive Finanzierung läuft über das Programm "Kulturagenten für kreative Schulen Nordrhein-Westfalen". Dass sie mit dem Thema und der Umsetzung ihre Schüler nicht überfordert, weiß sie. "Ich arbeite seit der fünften Klasse mit ihnen. Die Arbeit und auch das Organisatorische kennen sie gut", so Punge. Ihr geht es um den künstlerisch-sachlich geprägten Umgang mit dem Thema, den Betroffenheit alleine nicht leisten kann. Die Erschließung eines dunklen Kapitels deutscher wie lokaler Geschichte für die Öffentlichkeit gelingt, wie auch Schülerin Leonie (15) bestätigt.

Künstler Baschek-Punge, der zusammen mit Kulturagenten wie Olaf Fabian-Knöpkes, Steffi Koch, Walter Kropp, Winfried Becker und dem Museumspädagogen Alexander Borchert verschiedene Projektebenen betreut, zeigt sich mit dem Einsatz zufrieden, auch wenn das Thema für ihn brisant bleibt. Jugendliche sind hingegen schon vom eigentlichen Geschehen weit entfernt. "Wichtig sind uns die Art der künstlerischen Auseinandersetzung wie auch das Anliegen, dass sich Geschichte dieser Ausprägung niemals wiederholen darf", so der Künstler. Für den Schulleiter Michael Murmann ist das Projekt ein wichtiger Beitrag, auch zur lokalen NS-Geschichte.

"Wir sind alleine schon durch unseren Schulnamen verpflichtet", so Murmann. In einer anderen Gruppe wird zusammen mit dem Filmemacher Walter Kropp Videomaterial, das über das Projekt informiert, gesichtet und geschnitten. Die Herausforderung liegt in der Kürze des Beitrags, um Publikum zu erreichen. "Wir sind unter fünf Minuten", sagt Schüler Younes (15).

Die Ausstellung "Gefangen in Moers" wird am 7. Februar, 19.30 Uhr, im Foyer des Bildungszentrums eröffnet und dauert bis zum 27. Februar. Sie ist als Wanderausstellung konzipiert und kann ausgeliehen werden.

(sabi)
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