Landtagswahl 2017 Schüler fordern Landtags-Kandidaten

Moers · "Deine Stimme zählt": Das Gymnasium Filder Benden und die Geschwister-Scholl-Gesamtschule im Politiker-Speed-Dating. Ein gemeinsame Aktion von Rheinischer Post und dem Rheinischen Sparkassen- und Giroverband.

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Moers Rund 34 Schüler aus Moers haben gestern in den Räumen der Sparkasse am Niederrhein in Moers ein spannendes Speeddating mit den sieben Landtagskandidatinnen und -kandidaten des Wahlkreises Wesel IV (Moers / Neukirchen) erlebt. Die 16 bis 18 Jahre alten Mitglieder zweier Sozialwissenschafts-Leistungskurse der Geschwister-Scholl-Schule sowie des Gymnasiums Filder Benden, ergänzt um Kooperationsteilnehmer vom Adolfinum und vom Grafschafter Gymnasium, hatten die Möglichkeit, jeden der Kandidaten jeweils acht Minuten lang in Kleingruppen zu Themen ihrer Wahl zu befragen.

Vier der Teilnehmer werden als Schüler-Abgeordnete am 31. März im Düsseldorfer Apollo-Theater bei einer zentralen Veranstaltung ihre Schülerminister wählen, die dann die Interessen der Jugendlichen gegenüber der Politik vertreten sollen. Dabei werden die Abgeordneten auf die erste Riege der NRW-Politik wie den CDU-Fraktionsvorsitzender Armin Laschet oder FDP-Chef Christian Lindner treffen.

Einen Vorgeschmack auf das, was die Spitzenpolitiker in Düsseldorf erwartet, konnten die sieben Kandidaten der Parteien gestern schon einmal im Casino der Sparkasse am Moerser Ostring erleben.

Bülend Barmany von der Geschwister-Scholl-Gesamtschule fragte: "Für welche Themen wollen Sie sich im Landtag einsetzen?"

Jochen Lobnig (Piraten): "In NRW sind die Bildungsstandards sehr niedrig. Es gibt zu wenige Lehrer, zu große Klassen und zu viele Unterrichtsausfälle. Das möchten wir ändern."

Gabriele Kaenders (Linke): "Ich möchte mich vor allem für preiswerten Wohnungsbau einsetzen. Es sollten schnell genügend Sozialwohnungen zur Verfügung stehen."

Gudrun Tersteegen (Die Grünen): "Vor allem der Umweltschutz liegt uns am Herzen. Wir möchten aus der Kohleindustrie aussteigen."

Martin Borges (FDP): "Wir wollen vor allem die Bildung verbessern. Es gibt so viel Familienarmut, weil die Elternteile nicht gut genug ausgebildet sind."

Renatus Rieger (AfD): "Das Geld muss anders verteilt werden, damit es gerecht in NRW zugeht und wir unser Bruttoinlandsprodukt erhöhen können."

"Wie stehen Sie zur Flüchtlingsthematik?", wollte Judith Veltges vom Gymnasium Filder Benden wissen. Ibrahim Yetim (SPD antwortete: "Es war schwierig, als plötzlich 200.000 Flüchtlinge nach NRW kamen. Das Wichtigste ist, dass diese Menschen Deutsch lernen, um hier Fuß zu fassen. Wir wollen ihnen das durch Sprach- und Integrationskurse ermöglichen."

Ingo Brohl (CDU): "2015 hat unsere Kanzlerin die richtige Entscheidung in der Flüchtlingskrise getroffen. Wir stehen für den humanen Umgang mit Flüchtlingen." Er betonte, dass man zwischen der aktuellen Sicherheitslage und der Flüchtlingsproblematik sauber trennen müsse. Gabriele Kaenders (Linke): "Das Asylrecht ist ein Grundrecht. Geht es allerdings um Wirtschaftsflüchtlinge, dann sollte eine schnelle Rückführung möglich sein. Um die Zahl der Wirtschaftsflüchtlinge zu minimieren, sollten wir auch versuchen, die Situation in anderen Ländern zu verbessern."

Renatus Rieger (AfD): "Die Frage ist ja: Tun die was für uns? Politiker sollten sich für Bürger einsetzen, die Steuern zahlen und nicht für die, die es nicht tun." Gudrun Tersteegen (Die Grünen): "Als 300 Flüchtlinge in meinen Heimatort Kapellen kamen, quasi über Nacht, wusste ich: Da muss ich mich einsetzen und helfen. Integrationspolitik allerdings ist nicht einfach. Wir stehen mit der Stadt Moers noch vor Tausend Aufgaben."

Martin Borges (FDP): "Wir sind für ein Zuwanderungsgesetz, das genau regelt, wer einwandern darf, wer Asyl erhält und wer das Land verlassen muss. Wir wollen den Menschen, die vor Krieg geflüchet sind, eine sichere Zuflucht bieten. Wirtschaftsflüchtlinge sollten allerdings zurück in ihr Heimatland gehen müssen."

"G8 oder G9 - wofür setzen Sie sich ein?", wollte Luisa Elbiger wissen. Ingo Brohl (CDU): "Eindeutig für G9. Kinder und Jugendliche sollten ein Jahr mehr Zeit haben, um sich auch in ihrer Freizeit entfalten zu können. Mal einen Sportverein besuchen oder sich in der Kirchengemeinde engagieren, vielleicht auch ein halbes Jahr durchhängen und dann geht's mit neuer Energie weiter." Dagegen befürchtet Gudrun Tersteegen ein "Chaos", falls jetzt wieder G 9 eingeführt würde.

Yetim plädierte für eine Verlängerung der Sekundarstufe I. "Danach kann ich mich dann entscheiden: Mache ich zwölf oder 13 Jahre?"

"Für welche Projekte in Ihrem Wahlkreis wollen Sie sich einsetzen?" fragten Selin Südemer, Schülersprecherin des Gymnasiums Filder Benden, und Gerard Dudahazi.

Ibrahim Yetim (SPD): "Da ich bereits Landtagsabgeordneter bin, habe ich mich schon einige Projekte angeschoben. Dazu zählen die neue Polizeiwache in Neukirchen-Vluyn, die Moerser Fechthalle oder die Rückkehr zum MO-Kennzeichen." Ingo Brohl (CDU): "Ich möchte mich vor allem dafür einsetzen, dass die Kommunen mehr Geld vom Land zur Verfügung gestellt bekommen." Gabriele Kaenders (Linke): "Mir wird Moers zu dreckig. Da muss der Enni mehr Geld gegeben werden, um die Stadt in Ordnung zu halten." Gudrun Tersteegen (Die Grünen) findet dagegen, dass Müll in Moers im Vergleich zu anderen Städten kein großes Thema sei.

Wichtiger seien die Auseinandersetzung mit dem Kiesabbau am Niederrhein, die Flüchtlingsarbeit und die Arbeit im Verein Klartext für Kinder, der eine mobile Kindertafel organisiert. Aufschlussreich für viele Schüler war die Schlussgesprächsrunde im großen Kreis. Da nutzte AfD-Mann Renatus Rieger beherzt die Gelegenheit, sich Sympathien zu verscherzen: Selin Südemer musste fünf Mal ansetzen, um eine Frage vollständig zu formulieren, weil der Moerser sie nicht ausreden ließ. Der Schulleiter des Gymnasiums Filder Benden, Arndt van Huet, hatte ähnliche Verhaltensweisen auch bei anderen Kandidaten festgestellt: "Wenn die Jugendlichen kaum zu Wort kommen, müssen Sie sich über deren Politikverdrossenheit nicht wundern." Ausdrücklich nahm er Brohl und Yetim von seiner Kritik aus. Sein Fazit: "Von dem Aufeinandertreffen werden die Jugendlichen viel mitnehmen. Es war sehr lehrreich." Schülerin Luisa Elbiger: "Ich habe jetzt alle Infos, die ich wollte. Die Politiker waren total sympathisch. Es war super."

DAS GESPRÄCH PROTOKOLLIERTEN JANA MARQUARDT UND JÜRGEN STOCK.

Anmerkung: In einer ersten Version des Textes stand, auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft käme zu der Veranstaltung. Dem ist nicht so.

(RP)
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