Diskussion in Moers Theater blickt über den „Rellertand“

MOERS · Im Schlosstheater-Studio diskutierten Gäste über „muslimischen Antisemitismus“.

 Felix Klein (Mitte) und Burak Yilmaz im Gespräch mit Philipp Scholtysik (links).

Felix Klein (Mitte) und Burak Yilmaz im Gespräch mit Philipp Scholtysik (links).

Foto: Norbert Prümen (nop)

Politik trifft Theater. „Rellertand“, so nennt sich eine neue Veranstaltungsreihe, mit der das Moerser Schlosstheater in unregelmäßigen Abständen zu kleinen, politischen Gesprächen über zurzeit brennende Themen unserer Gesellschaft einlädt. Diesmal ging es dabei um „muslimischen Antisemitismus“ und dessen Ausmaße und Ursachen. Auf Initiative der „Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Moers stellten sich dazu im Studio des Schlosstheaters der Bundesbeauftragte für jüdisches Leben in Deutschland Felix Klein und der Duisburger Pädagoge und Sozialarbeiter Burak Yilmaz zuerst gut eine Stunde lang den Fragen des neuen Dramaturgen Philipp Scholtysik und anschließend weitere 45 Minuten denen der rund 30 an diesem Abend erschienenen Besucher.

„Die Benennung des Themas setzt irgendwie schon das Vorhandensein von muslimischem Antisemitismus voraus. Aber gibt es den wirklich, und wenn ja, worin unterscheidet er sich von dem der christlich-deutschen Antisemiten, die zurzeit wieder verstärkt in der Öffentlichkeit auftreten?“, lautete dabei Scholtysiks erste Frage an die beiden Experten. Die neue Judenfeindlichkeit der Deutschen, so vermutete Dr. Klein, käme derzeit sowohl von rechts als auch von links und habe ihre Ursache wahrscheinlich in noch immer nicht überwundenen, rassistischen Abneigungen, während die der Muslime wohl eher antisraelisch seien. „Ja, aber gleichzeitig gibt es besonders bei jungen Muslimen auch eine erschreckende Unwissenheit über die jüdische Geschichte und Religion“, ergänzte Burak Yilmaz. „Einige glauben sogar, die Juden hätten den Propheten ermordet. Ich denke das Ganze hat sowohl eine politische als auch eine religiöse Dimension.“

„Ja, aber merkwürdigerweise sind auch viele christliche Araber antijüdisch eingestellt, während die Kurden nur selten Probleme mit Antisemitismus haben“, konterte Klein. Er forderte neben einer besseren Vernetzung von deutschen und internationalen Projekten zur Bekämpfung des Antisemitismus, auch die Imame der muslimischen Gemeinden in Deutschland „mehr in die Pflicht zu nehmen“ und Organisationen mit deutlich aggressiven antisemitischen Haltungen konsequenter zu verbieten.

Burak Yilmaz sah eine dauerhafte Lösung des muslimischen Antisemitismusproblems dagegen eher in einer verbesserten pädagogischen Arbeit, aber auch darin, jungen Muslimen in Deutschland mehr das Gefühl von gesellschaftlicher Wertschätzung und Anerkennung zu vermitteln. Er selber praktiziert diesen pädagogischen Ansatz schon seit einiger Zeit mit Fahrten für muslimische Jugendliche nach Auschwitz, wofür ihm erst kürzlich das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde.

Eine Ankündigung von Klein, demnächst neue Unterrichtinhalte zum Thema Antisemitismus zu entwickeln, sah er daher entsprechend positiv, bezweifelte aber schnelle Ergebnisse: „Popkultur und soziale Medien machen nicht nur muslimische Jugendliche verstärkt mit antisemitischen Inhalten bekannt. Ich merke aber auch, dass viele junge Leute dagegen etwas unternehmen wollen. Man muss ihnen nur die Gelegenheit dazu geben.“

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