Moers Festival "Reiner Michalke steht in der Pflicht"

Moers · Der "Markenwert" des Moers Festivals müsse sich endlich auch in den Einnahmen zeigen, fordert der CDU-Fraktionsvorsitzende Ingo Brohl. Laufe alles wie bisher, so prophezeit er dem Festival einen "krachenden Absturz".

Über die Zukunft des Moers Festival wird in der Stadt heftig gestritten.

Über die Zukunft des Moers Festival wird in der Stadt heftig gestritten.

Foto: RP-Archivfoto

SPD, Grüne, Grafschafter und FDP haben Reiner Michalke den Rücken gestärkt. Nur die CDU will dessen Rücktrittsangebot annehmen. Nun wirbt Michalke kurz vor der wahrscheinlich entscheidenden Aufsichtsratssitzung der Kultur GmbH am heutigen Dienstag massiv auch um die Unterstützung Ihrer Fraktion. Wie bewerten Sie das?

Brohl Sicherlich ein bemerkenswerter Vorgang, denn in der Vergangenheit wurden die CDU-Positionen nie eingebunden. Die Kritik wurde mit Mehrheiten beiseite geschoben. Dies wäre ja auch jetzt möglich. Herr Michalke hat sein Rücktrittsangebot mit dem Weg zu ergebnisoffenen Diskussionen begründet. Persönlich wäre ich froh, wenn der Aufsichtsrat heute Abend nicht über das Rücktrittsangebot entscheiden würde, sondern sich des Pudels Kern stellt und ein Fenster für diese Diskussionen von zwei Wochen öffnet.

Michalke suggeriert, dass die Positionen von CDU und seine eigenen gar nicht so weit auseinander lägen. Inwieweit liegt er richtig?

Brohl Inwieweit seine Position nah bei der CDU-Position liegt, vermag ich nicht zu bewerten. Das sollten dann zunächst Gespräche und nachgelagerte Taten zeigen. Es gab bei den Mehrheitsfraktionen stets gut gemeinte Reflexe, um das Festival vor die Klammer der schwierigen Haushaltslage zu ziehen. So wurde auch der Umzug in die Festivalhalle an uns und der Stadtgesellschaft vorbei geboren. Ich will ein Bild benutzen: Man hat sich von Baum zu Baum, von Ast zu Ast gehangelt, Zeitfenster erkauft, wobei die Fenster immer kleiner und die Äste immer dünner wurden. Dabei führten die Bäume immer weiter aus der Stadt heraus. Aktuell hängen nun das Festival und damit verbunden der künstlerische Leiter an einem Ast, der nicht mehr lange tragen wird. Die Mehrheitsfraktionen können sich weiterhangeln wie bisher, dann wird es irgendwann - sehr wahrscheinlich noch vor 2020 - einen krachenden, harten Absturz geben. Oder man ist jetzt bereit, eine breitere Basis zu bilden. Es scheint so, dass der künstlerische Leiter erkannt hat, dass er einen stabilen Baum in der Mitte der Stadtgesellschaft erreichen muss, und dass es dafür nur noch ein kleines Fenster gibt.

Kann es eine dauerhafte Perspektive für das Festival in einer Form, wie sie Michalke vorschwebt, ohne eine Kostensenkung geben? Da sieht der künstlerische Leiter offenbar nur wenig Spielraum.

Brohl Es wird keine Perspektive geben, wenn nicht der kommunale Verlustausgleich massiv gesenkt wird. Da ist sicherlich die angestrebte Kostenteilung von Bund, Land und Kommune ein Baustein. Aber auch dies sind alles nur Steuergelder. Wenn das Festival aber den Marketing- und Markenwert hat, der ihm zugeschrieben wird, dann muss dieser Wert auch endlich auf der Einnahmeseite, am Markt erzielt werden. Da sehen wir auch den künstlerischen Leiter in der Pflicht.

Sie haben vor Kurzem gefordert, dass sich die Stadt perspektivisch sich ganz aus der Finanzierung zurückziehen sollte. Inwieweit ist diese Position für die CDU verhandelbar?

Brohl Dies ist eine Grundsatzposition der CDU-Fraktion aus 2012, bestätigt nach der Kommunalwahl 2014 auf Basis der gegenwärtigen Positionierung des Festivals. Ebenso hat die CDU klar gemacht, dass es wegen der Rückzahlungsverpflichtung nur einen kontrollierten Ausstieg aus dem Millionengrab Festivalhalle geben kann. Und aus Grundsätzen heraus verhandelt es sich immer am besten.

Wird es auch 2018 ein Moers Festival geben?

Brohl Ja, denn Herr Michalke hat einen Vertrag bis 2020, hat Mehrheiten und die Halle muss allein schon aufgrund der Rückzahlungsverpflichtungen betrieben werden. Die Frage ist aber, wie sich das Festival zukünftig präsentieren will: Bleibt es ein Festival, das seine Identität und Schaffenskraft aus Gegenpositionen bezieht, das in weltweiten Nischen wirkt und kurz vor dem Absturz hängt, oder wird es zu einem echten Moers Festival, dass sich aufmacht, den stabilen Baum in der Stadtgesellschaft und auf der Einnahmeseite zu erreichen?

(RP)
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