Moers Regionalbanken am Niederrhein trotzen Krise

Moers · Laut einer vom "Handelsblatt" veröffentlichten Studie bekommen zwei Drittel der Sparkassen und Volksbanken bis 2018 Probleme.

 Die Sparkasse am Niederrhein in Moers.

Die Sparkasse am Niederrhein in Moers.

Foto: Sparkasse

/ Alpen Kaum ein anderer Zeitungsbeitrag wurde in den vergangenen Tagen in den Vorstandsetagen von Volksbanken und Sparkassen so intensiv diskutiert wie das achtseitige Special im Düsseldorf Handelsblatt zum Thema "Regionalbanken in der Zinsfalle". "Das hat schon Emotionen erzeugt", sagt der Vorstandssprecher der Sparkasse am Niederrhein in Moers, Giovanni Malaponti. Der Artikel berichtet über eine Studie der Beratungsfirma 4P Consulting, die vor einer "deutschen Regionalbankenkrise" warnt. Laut Studie "werden 2018 schon 65 Prozent aller Sparkassen und Volksbanken nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Als eine der Hauptursachen sehen die Autoren die lang anhaltende Niedrigzinsphase, die am Kerngeschäft der Regionalbanken nagt, und die ungünstige Kostenstruktur. Doch weder bei Giovanni Malaponti, Chef der Sparkasse am Niederrhein, noch bei Guido Lohmann, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Niederrhein, ist Krisenstimmung anzutreffen:

 Die Volksbank Niederrhein in Alpen.

Die Volksbank Niederrhein in Alpen.

Foto: privat

Teilen Sie die Prognose der vom Handelsblatt zitierten Studie, wonach bis 2018 bei weiter niedrigem Zinsniveau 65 Prozent der Regionalbanken "kaum noch konkurrenzfähig" sind? Malaponti Ich teile die Prognose nicht. Wir können als Sparkassen aus einer Position der Stärke agieren. Überall vor Ort zu sein, ist das beste Geschäftsmodell, das man haben kann. Lohmann Da ich nicht weiß, welche strategischen Maßnahmen in den einzelnen Banken ergriffen worden sind, um einer Ertragsbelastung aus einem eventuell dauerhaft niedrigen Zinsniveau zu begegnen, kann ich diese Frage nicht beantworten. Klar ist aber, dass eine länger andauernde Niedrigstzinsphase die Ertragslage aller Banken, somit auch der Regionalbanken, belasten würde.

Wo sehen Sie Ihr Institut im Vergleich zu den anderen rund 1500 Volksbanken und Sparkassen in Deutschland? Malaponti Gegenüber 2011 konnten wir 2012 unseren Zinsüberschuss steigern. Das ist uns im Geschäftsjahr 2013 erneut gelungen. Wir liegen damit im oberen Drittel im bundesweiten Vergleich. Das ist vor allem dem starken Kundenkreditgeschäft zu verdanken. So etwas klappt nicht, wenn man, wie einige Großbanken, Einlagen der Kunden am Kapitalmarkt anlegt. Lohmann Die Volksbank Niederrhein zählt seit mehreren Jahren zu den ertragsstärksten Volksbanken in ganz Nordrhein Westfalen. Gemessen in Relation zur jeweiligen Bilanzsumme — als neutrale Vergleichsgröße — dürften wir darüber hinaus in 2013 wieder erneut die mit Abstand erfolgreichste Bank der gesamten hiesigen Region sein.

Was müssen die Regionalbanken tun, um Ihre Ertragskraft zu stärken? Malaponti Wir richten uns an den Bedürfnissen der Kunden aus. Wir haben zum Beispiel eine Internetfiliale, in der Kunden Dienstleistungen nutzen wie in der Geschäftsstelle. Zudem bieten wir Videoberatungen an. So können wir bei Bedarf zu einem Kundengespräch Spezialisten zuschalten. Lohmann In erster Linie die Beziehung zu ihren Kunden weiter pflegen und ausbauen. Das Kundengeschäft ist die wichtigste Basis für den Erfolg einer Regionalbank. Daneben ist es unabdingbar erforderlich, die eigene Kostensituation permanent kritisch zu hinterfragen und zu optimieren.

Inwieweit wären Kooperationen oder Zusammenschlüsse hilfreich? Malaponti An Zusammenschlüsse ist nicht gedacht. Wir sind als Sparkasse Mitglied der größten Finanzgruppe Europas. Unsere Finanzinformatik ist größter IT-Dienstleister Europas. Daher haben wir bereits jetzt eine sehr vernünftige Kostenstruktur. Lohmann Ich sehe in Kooperationen oder Fusionen nicht das Allheilmittel schlechthin. Wenn zwei ertragsschwache Banken fusionieren, wird daraus ja nicht automatisch ein ertragsstärkeres Haus. Aber natürlich kann es in einigen Fällen Sinn machen, wenn Volksbanken — das gilt sicher auch auf der Sparkassenebene — in Teilbereichen miteinander kooperieren oder sogar fusionieren, um kostengünstiger und erfolgreicher agieren zu können. Insbesondere eine Fusion ist aber sorgfältig zu prüfen, denn es besteht aus meiner Sicht dabei immer die Gefahr, auch ein Stück gelebter Kundennähe zu verlieren.

Welche Geschäftsfelder sollten verstärkt werden, welche reduziert oder eingestellt? Malaponti Wir werden weiterhin alle Finanzdienstleistungen anbieten. Zwar waren die Erträge im Wertpapiergeschäft zuletzt rückläufig, doch blicken wir deshalb nicht sorgenvoll in die Zukunft, weil der Bereich für unser Gesamtergebnis nicht so relevant ist. Wir werden auch dieses Feld weiter ausbauen. Lohmann Wir verstehen uns als Universalbank, so dass wir unseren Mitgliedern und Kunden auch in der Zukunft unverändert die gesamte Palette des Bankgeschäftes anbieten werden.

Sind bis 2018 Filialschließungen ausgeschlossen? Malaponti Mit 28 Geschäftsstellen fühlen wir uns sehr wohl Lohmann Ja

Welches werden für die Zukunft die größten Probleme der Regionalbanken sein, worin liegen die größten Chancen? Malaponti Wir vergeben Kredite da, wo wir uns auskennen. Unser unschätzbarer Vorteil liegt darin, dass wir unsere Risiken sehr gut im Griff haben, weil wir eine sehr enge Beziehung zu unseren Kunden haben. Lohmann Für mich und unsere Bank sehe ich in der Zukunft vorrangig riesige Chancen. Unser größter Wettbewerbsvorteil am Markt ist unsere Nähe zu unseren Mitgliedern und Kunden. Wir sind greifbar und präsent vor Ort — vom Geschäftsstellenmitarbeiter bis zum Vorstandsvorsitzenden. Dazu kommt als weitere große Chance für die Zukunft unsere Verwurzelung in der Region sowie das große Vertrauen der Menschen am linken Niederrhein in unsere Bank. Zusammen mit der von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern intensiv gelebten genossenschaftlichen Philosophie wird es uns in meiner Erwartung gelingen, unsere Marktposition sogar noch weiter auszubauen.

Was erwarten Sie vom Gesetzgeber? Malaponti Wir brauchen eine Bankenregulierung, die angemessen ist. Der Aufwand etwa für die Erfüllung der Eigenkapitalanforderungen oder das Führen von Beraterprotokollen ist schon sehr hoch. Lohmann Ich wünsche mir sehr, dass der Gesetzgeber auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene endlich anerkennt, dass die Finanzkrise nicht von Sparkassen und Volksbanken ausgelöst worden ist. Vielmehr haben sich diese Regionalbanken gerade in der Krise als Garanten der Sicherheit und Solidität erwiesen. Dennoch werden wir exakt denselben Regulierungsmechanismen unterworfen wie Großbanken. Das bindet enorme Kräfte und steht in keinem angemessenen Verhältnis. Zudem führt es zu keinem erweiterten Verbraucherschutz, wenn wir weiter genötigt werden, Kunden bei fast allen möglichen Bankgeschäften mit Hinweis- und Informationsblättern in daumendicker Stärke zuzuschütten.

(RP)
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