Kamp-Lintfort Realität ist die Quelle

Kamp-Lintfort · Heute öffnet die Ausstellung "L'angelus" des schweizerisch-französischen Künstlers Christophe Hohler im Kamper Gewölbekeller.

 Christophe Hohlers Arbeiten wirken auf dem ersten Blick düster. Der erste Eindruck wandelt sich nach mehrmaligem Betrachten.

Christophe Hohlers Arbeiten wirken auf dem ersten Blick düster. Der erste Eindruck wandelt sich nach mehrmaligem Betrachten.

Foto: Klaus Dieker

Würde man Christophe Hohler außerhalb einer Kunstausstellung kennenlernen, man könnte ihn nur schwer mit den intensiven, manchmal bedrückenden Gemälden in Verbindung bringen, die seine Signatur tragen. Der Künstler mit dem dunkelblonden Haarschopf ist ein lebhafter, zu Scherzen aufgelegter Mann. "Manchmal ist mir fast, als hätte eine andere Person meine Bilder gemalt", sagt er. Wenn man sich die Bilder anschaut – und dazu gibt es nun bei der Ausstellung im Gewölbekeller des Klosters Kamp Gelegenheit –, der erlebt, dass sich der erste Eindruck nach mehrmaligem Betrachten wandelt. Was zunächst wie ein Mensch aussah, der tiefen Schmerz zu verspüren schien, wirkt nach und nach wie eine Szene völliger Versenkung. Sind es Waldbäume, die sich aus dem Hintergrund lösen oder eine raue Wand? Hohler überlässt es dem Betrachter. "Die Bilder gehören den Menschen", sagt er schlicht. Heutzutage gingen viele Menschen an die Kunst zu intellektuell heran. Wenn Menschen seine Bilder beklemmend finden, bedauert er das. Die Werke, die nun in Kamp-Lintfort zu sehen sind, stammen aus der jüngsten Zeit. "Frisch aus dem Ofen", sagt Hohler, der Selbstironie nicht scheut. Auf die Frage, wie er früher gemalt habe, realistisch oder abstrakt, sagt er entwaffnend: "Weniger gut!"

Die Bilder selber verbreiten jedoch eine ernste, konzentrierte Stimmung. Fast immer sind Menschen dargestellt, nur ein Bild aus der der Serie "Hütten" zeigt ein Gebäude. Im Gewölbekeller wirken die Darstellungen erstaunlich passend, beinahe so, als ginge man durch eine Krypta mit Heiligenfiguren.

Intuition, sagt der Künstler, sei der Schlüssel zu seinen Bildern. "Ich male nicht nach Ideen", sagt er. So modern die Gemälde und Skulpturen auch wirken, so schätzt Hohler das solide Handwerk. In den Kunstgewerbeschulen, die er besucht habe, etwa in seiner Geburtsstadt Basel, habe er ganz akademisch das Zeichnen gelernt. Doch irgendwann müsse man darüber hinaus gehen. Doch bis heute malt er nach Modellen, die Realität sei die Quelle.

Wie experimentierfreudig der Maler, der im Elsass lebt, sein kann, zeigt ein Video, dass Interessierte im Internet betrachten können. "Ich habe den Deckel eines Flügels entfernt und die Leinwand auf die Saiten gelegt." Dann, erzählt Hohler, habe er die Unterlage mit kräftigen Pinselstrichen versehen, was wiederum die Saiten zum Klingen gebracht habe. "Ein dreidimensionales Erlebnis. Und es kommt noch die vierte Dimension hinzu – die Zeit."

In den Gemälden überwiegen die Farben Rot, Weiß, Gelb und auch Gold. Haben bestimmte Farben für Hohler eine symbolische Bedeutung? Nein, sagt er. Auch hier sei alles eine Sache der Intuition.

Doch warum heißt die Ausstellung "L'angelus"? Hohler erinnert an das gleichnamige Gemälde von Millet: Bauer und Bäuerin lauschen fromm dem Abendgeläut auf dem Feld. Ein Bild, das in Frankreich in so vielen Stuben hängt wie in Deutschland Dürers betende Hände.

Die Vernissage ist heute, Samstag, 19. Januar, ab 18.30 Uhr im Gewölbekeller Kloster Kamp. Christophe Hohler ist anwesend.

(RP)
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