Sozialwohnungen entstehen in dem alten Amtsgebäude Rathaus Utfort: Mieter ziehen bald ein

Moers · Ende Februar werden 17 öffentlich geförderte Wohnungen bezugsfertig sein. Eine davon liegt im historischen, holzgetäfelten Ratssaal.

 In der Eingangshalle laufen die letzten Arbeiten.

In der Eingangshalle laufen die letzten Arbeiten.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Das Utforter Rathaus ist Geschichte und Gegenwart unter einem Dach. Fassade, Flure, Eingangshalle, mit ihren Säulen und Gewölben – das atmet den altehrwürdigen Geist der „Hegestätte echten Bürgersinns und deutscher Art“, wie es in den Reden zur Eröffnung im April 1912 hieß. „Hier ist nichts verändert worden“, sagt Michael Stracke, Projektleiter der Immobiliengruppe Zumwinkel. „Das Haus steht insgesamt unter Denkmalschutz.“ Aber in Abstimmung mit den Denkmalschützern ist in den einstigen Amtsstuben attraktiver, zeitgemäßer Wohnraum entstanden, mit offenen Küchen und schicken Badezimmern. Das gesamte Gebäude ist jetzt zudem „barrierefrei“. Alle Etagen sind mit einem neu gebauten Aufzug zu erreichen. Ende Februar werden die öffentlich geförderten zwei- bis Vierzimmer-Wohnungen (Kaltmiete: 5,25 Euro/Quadratmeter) bezugsfertig sein, sagt Stracke. Die Vermarktung läuft, das Interesse sei groß.

 Der alte Ratssaal im Jahr 2008. Auch er ist zu einer Wohnung umgebaut worden.

Der alte Ratssaal im Jahr 2008. Auch er ist zu einer Wohnung umgebaut worden.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Das Gebäude war Rathaus der Gemeinde Repelen-Baerl, dann Rheinkamp, später Sitz des Bergamts. Vorübergehend wurde es noch einmal von der Stadt Moers genutzt, als die ihr neues Rathaus baute. Seit 2011 stand der Bau an der Rheinberger Straße aber leer. Interessierte Investoren kamen und gingen, bis die Zumwinkel-Gruppe das Rathaus vor drei Jahren kaufte und vor dem Verfall rettete. Die marode Bausubstanz hätte mit jedem Jahr des Leerstands weiter gelitten. Im noch nicht gestrichenen Hausflur zeichnen sich noch die Wasserflecken ab, die durch ein undichtes Dach entstanden waren. Am schlimmsten sei es aber im Keller gewesen, sagt Stracke. „Dort war alles komplett nass.“ Im sanierten Kellergeschoss sind Handwerker mit letzten Arbeiten für eine große Arztpraxis beschäftigt. Zwei Allgemeinmediziner aus dem Stadtteil werden dort bald ihre Patienten behandeln.

Am schönsten offenbart sich die Melange aus Alt und Neu zwei Etagen höher, im ehemaligen Sitzungssaal, vor dem auch künftig eine Steintafel an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs erinnern wird. Im Saal ist jetzt die mit 97 Quadratmetern größte Wohnung. Zwei ihrer vier Zimmer, sowie ein WC, liegen auf einer Empore, die in den sechs Meter hohen Raum eingezogen wurde. Die historische Balkendecke des Saals, die Wandverkleidung aus dunklem Eichenholz, die schweren alten Holztüren sind erhalten geblieben. Zur Wohnung gehört auch das schmeideeiserne Balkönchen über dem Rathausportal. „Dort hat der Bürgermeister früher Reden gehalten“, sagt Michael Stracke. Und Kaiser Wilhelm II. soll dort im Ersten Weltkrieg Soldaten an die Westfront verabschiedet haben. Heute könnte der Kaiser den Autos zuwinken, die auf der Rheinberger Straße hin und her sausen. So ändern sich die Zeiten.

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