Theater in Moers Junges StM rollt den NSU-Prozess auf

Moers · Mit acht jungen Schauspielern inszeniert der Moerser Theaterpädagoge Holger Runge das Stück „Auch Deutsche unter den Opfern“ von Tugsal Mogul. Premiere ist am Samstag auf der Studiobühne des Schlosstheaters.

 Maral Sediighi, Helge Gebel und Simon Lemmer  sind Teil des Ensembles, das  auf der Studiobühne den NSU-Prozess theatral verhandelt.

Maral Sediighi, Helge Gebel und Simon Lemmer  sind Teil des Ensembles, das  auf der Studiobühne den NSU-Prozess theatral verhandelt.

Foto: Maddalena Brunzel

Nach 438 Prozesstagen wurde Beate Zschäpe am 11. Juli als Mittäterin der Morde und Sprengstoffanschläge des NSU, wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und wegen schwerer Brandstiftung zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Junge StM rollt den Prozess in einer Inszenierung noch einmal auf: Holger Runge bringt am Samstag, 27. Oktober, 19.30 Uhr, mit acht jungen Schauspielern im Alter von 20 bis 23 Jahren das Stück „Auch Deutsche unter den Opfern“ von Tugsal Mogul auf die Studiobühne. Der Autor, Schauspieler und Arzt hat mit dem Stück eine komprimierte Recherchearbeit über den NSU und den Prozess entwickelt. „Darin versucht er, das Unerklärliche auf den Punkt zu bringen“, betont Theaterpädagoge Holger Runge, der für die Regie verantwortlich zeichnet. „Es ist ein reizvolles Stück“, sagt er. Zwei Schulen hatte er für eine gemeinsame Inszenierung angefragt. „Beiden war das Thema aber zu politisch.“

Also stellte sich Runge ein Ensemble aus jungen Schauspielern zusammen, die dem StM verbunden sind. „Es hätte doch jeden treffen können, auch mich oder meine Familie“, erklärt Schauspieler Ali Turp, warum ihm die Inszenierung wichtig ist. „Man muss sich das mal vorstellen: Da gibt es einen kriminellen Hintergrund in unserem Land, der sich über so viele Jahre halten konnte“, betont seine Kollegin Lea Krell, die sich seit Probenstart intensiv mit dem NSU-Komplex befasst hat. „Vorher kannte wir den Namen Beate Zschäpe, aber das war es auch schon.“ Beide Mitglieder des Jungen StM verstehen ihr Engagement auch als Aufklärungsarbeit. „Das Thema NSU und Rechtsextremismus geht jeden an“, sagt Turp und bedauert, dass viele lieber ihre Augen davor verschließen würden. „Es gibt zu wenig Reflexion, auch in der jüngeren Generation.“ In der Inszenierung des Jungen StM wird das Studio zum Verhandlungssaal.

Auf dem Boden erkennt man Körperumrisse. Das Publikum sitzt mittendrin in diesem Gerichtssaal. „Und hat keine Chance, sich dem zu entziehen“, sagt Ali Turp. In der Inszenierung werde den Tätern keine Bühne geboten, sondern den Stimmen der Opfer, Angehörigen und Ermittler. „Tugsal Moguls Stück ist eine Mischung aus Dokumentation und Zuspitzung. Er versucht, dem Unfassbaren des Geschehens auf die Spur zu kommen und pendelt zwischen Farce und Requiem“, erläutert Holger Runge. „Sein Sarkasmus ist einfach nötig, um das Geschehene, das sich über eine so lange Zeit abgespielt hat, greifbar zu machen: die Ermordeten, die V-Leute, die Ermittlungspannen.“ Das Rechercheprojekt zum NSU sei auch eine Kritik am deutschen Rechtssystem, das viel zu lasch gehandelt habe. Das Junge StM bringt Moguls Stück mit einem leicht geänderten Ende auf die Bühne. „Da es 2015 erschienen ist, hat es noch ein fiktives Prozessende. Das haben wir geändert“, erläutert der Theaterpädagoge des Schlosstheaters. Zum Ensemble gehören neben Lea Krell und Ali Turp außerdem Farahs Emami, Helge Gebel, Klaas Herchert, Simon Lemmer, Valentin Linse und Maral Raz Sedighi. Die Premiere ist am Samstag, 27. Oktober, um 19.30 Uhr. Zur Vorstellung am Samstag, 4. November, 18 Uhr, wird Autor Tugsal Mogul erwartet. „Es gibt im Anschluss eine Debatte“, berichtet Holger Runge. Weitere öffentliche Vorstellungen sind am 9. und 16. November.

Der Eintritt kostet sieben Euro, ermäßigt 3,50 Euro. Karten gibt es unter 02841 8834 110.

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