Diskussionen in Moers Politiker streiten um „sicheren Hafen“ Moers

Moers · Das „Bündnis“ will in der Debatte um die Seenotrettung von Flüchtlingen ein Zeichen setzen. CDU, FDP und Stadtverwaltung sind skeptisch.

 Anfang Februar organisierte die Vereinigung „Seebrücke“ einen Lichtermarsch durch Moers. Auch sie setzt sich dafür ein, dass Moers ein „sicherer Hafen“ wird.

Anfang Februar organisierte die Vereinigung „Seebrücke“ einen Lichtermarsch durch Moers. Auch sie setzt sich dafür ein, dass Moers ein „sicherer Hafen“ wird.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Soll sich Moers zum „Sicheren Hafen“ für Flüchtlinge erklären? Im Sozialausschuss sind in der Diskussion darüber zwischen den Fraktionen die Fetzen geflogen, weitere Wortgefechte sind im Hauptausschuss sowie im Rat zu erwarten. Auf der einen Seite steht die Bündnis-Mehrheit, die möchte, dass Moers dem Beispiel anderer Städte folgt und gegenüber der Bundesregierung ausdrücklich erklärt, in Not geratene Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Auf der anderen Seite stehen CDU und FDP, die von Populismus und Unehrlichkeit reden. „Diese menschliche Tragödie muss auf europäischer Ebene gelöst werden“, betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende Ingo Brohl gegenüber unserer Zeitung. Und Dino Maas, FDP, warf dem Bündnis vor, etwas beschließen zu wollen, was sich angesichts der Haushaltslage der Stadt gar nicht umsetzen lasse.

Die Initiative „Sicherer Hafen“ gründete sich vor dem Hintergrund des Flüchtlingssterbens im Mittelmeer. Nach Angaben des Uno-Flüchtlingswerks UNHCR sind im Jahr 2018 mindestens 2275 Menschen bei dem Versuch ertrunken, über das Meer nach Europa zu gelangen. Allein im ersten Monat dieses Jahres soll es annähernd 200 Tote gegeben haben. An dem Tag, als der Moerser Sozialausschuss über das Thema debattierte, beschloss die EU, die Seenotrettung vor Libyen auszusetzen. „Wir wollen den Willen dokumentieren, dass Europa nicht zur Festung wird“, sagte Gudrun Tersteegen (Grüne). Der Antrag sei als Appell zu verstehen. Dass tatsächlich mehr Flüchtlinge nach Moers kommen, damit sei „nicht unbedingt zu rechnen“.

Was aber wenn doch? Die Stadtverwaltung, die sich „tief betroffen und erschüttert über die Folgen der weiterhin ungelösten Seenotrettung auf europäischer Ebene“ zeigt, macht darauf aufmerksam, dass die Aufnahme von Flüchtlingen Geld kostet. Und sie gibt zu bedenken, dass Moers auf Kosten sitzen bleibt, weil Land und Bund sie nicht komplett erstatten. Zudem habe die Stadt mehr anerkannte Asylbewerber aufgenommen, als sie nach dem Verteilungsschlüssel müsste; die Quote liege bei 166 Prozent.

Ingo Brohl zitierte in diesem Zusammenhang den Alt-Bundespräsidenten Joachim Gauck: „Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“ Weitere „freiwillige Ausgaben“ für Flüchtlinge lehne die CDU ab, zumal der Bund keine Anstalten mache, mehr Geld zu gewähren, im Gegenteil: „Finanzminister Scholz will die Mittel ab 2022 kürzen.“ Dino Maas ging noch weiter. „Das Bündnis verleugnet gegenüber den Bürgern, dass das so gar nicht geht“, sagte er. Die Haushaltssicherungskommune Moers müsse angeben, wie sie eventuelle neue „freiwillige Leistungen“ finanzieren will, andernfalls müsse die Kommunalaufsicht den Beschluss beanstanden, sagte Maas. „Eigentlich müsste dies schon der Bürgermeister tun.“ Die Stadt hat den Städte- und Gemeindebund um Rat gebeten, ob der Beschluss wie vom Bündnis beantragt erfolgen kann. Die Antwort wird spätestens zur Ratssitzung am 10. April erwartet.

 Lichtermarsch Seebrücke, ca. 200 Teilnehmer, vorne am Boot Zahra Osman und Aya Maslin aus Koban, Syrien, die beide mit dem Schlauchboot über das Mittelmeer geflohen sind

Lichtermarsch Seebrücke, ca. 200 Teilnehmer, vorne am Boot Zahra Osman und Aya Maslin aus Koban, Syrien, die beide mit dem Schlauchboot über das Mittelmeer geflohen sind

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Gudrun Tersteegen hält die Argumentation mit den Finanzen der Stadt für sehr unglücklich. „Was kostet ein Menschenleben?“, fragte sie polemisch. Und Anja Reutlinger (SPD) zeigte sich zuversichtlich: „Das Land verkraftet das, und Moers verkraftet das auch.“ Es gebe eine moralische Verpflichtung gegenüber den Flüchtlingen in Not. „Man kann das nicht einfach ablehnen.“

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