Serie Kamp-Lintforter Stadtviertel "Niersenbruch ist das bevorzugte Quartier"

Moers · Wie lebt es sich in den Ortsteilen der Hochschulstadt? Der Grafschafter besucht ab heute Menschen, die ihr Quartier fast wie die eigene Westentasche kennen. Albert Spitzner-Jahn ist im Niersenbruch aufgewachsen und wohnt dort mit seiner Familie in seinem Elternhaus.

 Albert Spitzner-Jahn ist im Niersenbruch aufgewachsen. Er würde den Kamp-Lintforter Stadtteil nicht gegen das Leben in der Großstadt eintauschen wollen. Ihm gefällt die Nähe zur Natur. Mit dem Rad erreicht er schnell die Innenstadt.

Albert Spitzner-Jahn ist im Niersenbruch aufgewachsen. Er würde den Kamp-Lintforter Stadtteil nicht gegen das Leben in der Großstadt eintauschen wollen. Ihm gefällt die Nähe zur Natur. Mit dem Rad erreicht er schnell die Innenstadt.

Foto: C. Reichwein

Albert Spitzner-Jahn würde den Niersenbruch nicht mehr gegen das Leben in der Großstadt eintauschen wollen: "Es ist ein ruhiges Wohngebiet, so naturnah gelegen, hinter uns kommt nur noch Saalhoff", betont der Kamp-Lintforter Stadtarchivar, der heute mit seiner Familie in seinem Elternhaus lebt. Er weiß es sehr zu schätzen, dass er vom Niersenbruch aus die Stadt schnell mit dem Fahrrad erreichen kann.

 Die Grundschule am Niersenberg. Nächste Folge: Hoerstgen. Die Grundschule am Niersenberg. Nächste Folge: Hoerstgen.

Die Grundschule am Niersenberg. Nächste Folge: Hoerstgen. Die Grundschule am Niersenberg. Nächste Folge: Hoerstgen.

Foto: Anja Katzke

"Wenn wir spazieren gehen wollen, brauchen wir nur links abzubiegen und sind schon gleich am Niersenberg", sagt er. Der Niersenbruch sei inzwischen bevorzugtes Wohngebiet in Kamp-Lintfort. Das werde besonders südlich der Fasanenstraße deutlich, wo seit 1993 viele Eigenheime gebaut worden seien. Albert Spitzner Jahn selbst lebt im älteren Bereich des 103 Hektar umfassenden Kamp-Lintforter Stadtteils. Seine Eltern hatten das Haus gebaut.

"Das Grundstück ist 1000 Quadratmeter groß. Die Familien hier waren früher noch Selbstversorger, bauten Obst und Gemüse im Garten an." In seiner Kindheit sei der Niersenbruch ein überschaubares Viertel gewesen, erinnert sich der 61-Jährige. "Es fuhren selten Autos. Jeder kannte jeden. Und der Niersenberg war unser Abenteuer-Spielplatz. Wir konnten uns frei bewegen." Auf der Straße, auf der die Familie wohnte, gab es noch einen Metzger, einen Bäcker, und im Hinterhof befand sich eine Schreinerei.

 Der Glockenturm von St. Paulus im neuen Wohnkomplex. Hier geht man im Niersenbruch einkaufen. Der Glockenturm von St. Paulus im neuen Wohnkomplex. Hier geht man im Niersenbruch einkaufen.

Der Glockenturm von St. Paulus im neuen Wohnkomplex. Hier geht man im Niersenbruch einkaufen. Der Glockenturm von St. Paulus im neuen Wohnkomplex. Hier geht man im Niersenbruch einkaufen.

Foto: Anja Katzke

Mit der "Rappelkiste" beherbergt das vordere Haus nun eine Kinderbetreuung. Überhaupt habe sich der Niersenbruch vor allem ab den 1970er Jahren rasant entwickelt. Im gleichen Zuge, wie die Bevölkerungszahl gestiegen sei (heute zählt der Niersenbruch 3185 Einwohner), habe jedoch die Zahl der Einzelhändler und Gewerbetreibenden abgenommen. "Früher gab es mehrere Lebensmittelhändler, eine Milchhandlung und Drogerien.

" Heute geht man zum Einkaufen zu Rewe an der Wiesenbruchstraße. "Es ist zwar klein, aber man bekommt alles, was man für den täglichen Bedarf benötigt." Nur der Verkehr in diesem Bereich sei schwierig, sagt Spitzner-Jahn. Der Lebensmittelmarkt gehört ebenso wie der kleine Kiosk an der Niersenbruchstraße zu den alteingesessenen Geschäften im Viertel. Beide entstanden um 1950 und 1955. Die Sparkassen-Filiale hingegen wird im Oktober schließen.

"Es ist die Umwandlung in eine Selbstbedienungsstelle mit Geldautomaten und Kontoauszugsdrucker vorgesehen. Für andere Geldgeschäfte müssen wir dann zur Hauptstelle in die Stadt fahren. Das ist für die älteren Bewohner schwierig", findet der 61-Jährige. Das Gebäude sei bereits ins städtische Eigentum übergegangen. Die Stadt habe noch nicht über die künftige Nutzung entschieden. Spitzner-Jahn hofft darauf, dass dort ein Café entsteht.

Denn so etwas würde im Ort fehlen. Die letzte Kneipe sei vor längerer Zeit geschlossen worden. Auch einen richtigen Mittelpunkt habe der Stadtteil nicht. "Wenn man von einer Mitte reden möchte, dann wäre sie im Bereich von Sparkassengebäude und Lebensmittelmarkt." Albert Spitzner-Jahn kennt das Viertel wie seine Westentasche. Nicht nur, weil er hier einen großen Teil seines Lebens verbracht hat (zum Studium ging er nach Köln).

Der Stadtarchivar hat sich für das im Frühjahr erschienene Buch "Der Niersenbruch - Aus der Geschichte eines Kamp-Lintforter Stadtteils" ausgiebig mit der Entwicklung seines Stadtquartiers befasst. Darin erinnert er auch an die Profanierung der katholischen St.-Paulus-Kirche in 2009. "Der Abriss der Kirche, die mit einer fehlenden Finanzierungsmöglichkeit für eine notwendige Dachsanierung begründet wurde, bewirkte unter den Gemeindebezirksmitgliedern lebhafte Diskussionen und engagierte Aktionen", schreibt er in seinem Buch, das nach der Veröffentlichung so schnell vergriffen war, dass eine zweite Auflage herauskam.

Dort, wo die Kirche stand, baute die Grafschaft Moers Siedlungs- und Wohnbau einen großen Komplex mit barrierefreien Wohnungen sowie einen Standort für die Caritas-Tagespflege. Nur der Glockenträger blieb erhalten. Auch aktuell wandelt sich der Niersenbruch einmal mehr: Das Gebäude der Hauptschule am Niersenberg wird zurzeit aufwendig umgebaut. Die Hauptschule ist zum Ende des Schuljahres ausgelaufen. Die Stadt will dort eine Kindertagesstätte einrichten, die noch dieses Jahr in Betrieb gehen wird.

"Als ich Kind war, befand sich dort die katholische Volksschule, die ich besuchte, bis ich auf das Gymnasium wechselte." Was Spitzner-Jahn an seinem Stadtviertel mag: die Menschen. "Es ist die soziale Mischung, die typisch für den Niersenbruch ist. Hier leben Jung und Alt. Und es sind alle Berufsgruppen vertreten."

(RP)
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