Nach Corona-Pause Neustart für die Gastronomie in der Grafschaft

Moers · Mehr Platz im Freien, keine Gebühren, Hilfe bei Fragen: In Moers hat die Stadt bei einem Treffen mit Wirten aus 50 Betrieben unbürokratische Hilfe versprochen. Viele Lokale öffnen im Laufe der Woche.

 Stuhl-Protestaktion: Am 24. April hatten 40 Moerser Gastronomiebetreiber leere Stühle auf dem Altmarkt gestellt, um so – wie in vielen anderen deutschen Städten auch – auf die schwierige Situation in der Gastronomie aufmerksam zu machen.

Stuhl-Protestaktion: Am 24. April hatten 40 Moerser Gastronomiebetreiber leere Stühle auf dem Altmarkt gestellt, um so – wie in vielen anderen deutschen Städten auch – auf die schwierige Situation in der Gastronomie aufmerksam zu machen.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Für Stipe Madzar ist es der erste Tag vom Neuanfang. Vier Wochen lang musste der Unternehmer, der unter anderem das Café Extrablatt am Altmarkt und das „Grafschafter Wirtshaus“ im Alten Landratsamt am Kastellplatz betreibt, die Türen seiner Lokale für Gäste geschlossen halten. Seit Montag darf er sie wieder öffnen - unter strengen Auflagen. Madzar hat lange überlegt, ob er das machen will. „Die Gesundheit der Gäste und Mitarbeiter ist das Allerwichtigste“, sagt er. „Mir war von vorn herein klar: Wir werden erst wieder öffnen, wenn wir das gewährleisten können.“ Mittlerweile steht der Plan. Kaffeetrinken im Extrablatt oder Mittagessen im Wirtshaus ist jetzt wieder möglich. Aber alles läuft anders, als gewohnt.

Das Wichtigste ist: Wer rein will, muss sich an Regeln halten. Das heißt, zunächst draußen an einem Counter Name und Telefonnummer in eine Liste eintragen, damit mögliche Infektionsketten später zurückverfolgt werden können; danach Hände desinfizieren und sich an der Tür von einem Mitarbeiter abholen lassen. Im Einbahnstraßenverfahren geht es dann durch die untere Etage. Der Sitzbereich „oben“ bleibt vorerst noch zu. Die Sitzplätze werden den Gästen von den Kellnern zugewiesen, den Lieblingstisch aussuchen ist nicht möglich. Denn: Es muss nachverfolgbar sein, wer wo gesessen hat. „Die meisten haben dafür Verständnis“, sagt Madzar. „Es gibt aber auch Gäste die sich beschweren. Möglich, dass wir die nicht wiedersehen. Durch den Essenlieferservice, den wir wohl bis zum Ende des Jahres anbieten, werden wir möglicherweise neue Kunden hinzugewinne – aber wir werden sicher auch welche verlieren.“

370 Sitzpläze innen und 140 draußen stehen im Extrablatt normalerweise zur Verfügung. Im Moment, sagt Madzar, bringen wir 70 Prozent weniger Gäste unter, denn die Infekationsschutzmaßnahmen kosten Platz. Zwischen den Rückenlehnen der Stühle müssen anderthalb Meter liegen, die SKM GmbH aus Moers hat dem Gastronomen unentgeltlich durchsichtige Schutzwände zur Verfügung gestellt. Die Gäste sitzen meist paarweise an ihren Tischen – ein bisschen wie im Zugabteil.

Stipe Madzar wirkt trotzdem zuversichtlich. Das hat auch etwas mit einem Treffen mit der Verwaltung am Morgen im Rathaus zu tun. Rund 60 Moerser Gastronomen aus 50 Betrieben sind der spontanen Einladung von Bürgermeister Christoph Fleischhauer und auf Initiative des Initiativkreises Moers Ende vergangener Woche gefolgt. Ihre Hoffnung: Hilfe bei den vielen Fragen zur Wiedereröffnung der Gaststätten zu bekommen. Für Madzar kam die Runde zum richtigen Zweitpunkt: „Wir wollen uns gemeinsam stark machen und gegenseitig unterstützen“, sagt er. „Sicher ist es manchmal schwer, ein Branche, die so unterschieldich ist, unter einen Hut zu bekommen, aber – und das ist mein Apell an die, die sich scheuen, jetzt zu öffen: Wir brauchen jeden einzelnen.“

Das sieht auch Initiativkreis-Geschäftsführer und Hotlier Elmar Welling so. „Dass so viele Gastronomen an dem Treffen mit der Verwaltung teilgenommen haben, zeigt, dass der Leidendruck, aber auch das Interesse, nach vorne zu schauen und gemeinsam anzupacken, groß ist. Ich gehe davon aus, dass der größte Teil der Moerser Lokale bis zum Ende der Woche wieder öffnet.“

Fest steht: Um die Zahl der Plätze im Freien zu erhöhen, können in Moers ab sofort auch formlose Anträge auf die Erweiterung der Flächen gestellt werden. Dieses Thema und ein Erlass aller Sondernutzungsgebühren für die Außenbereiche für das Jahr 2020 will die Verwaltung der Politik am 19. Mai im Hauptausschuss zur Abstimmung vorlegen. Für den Einzelhandel sollen diese Regelungen ebenso gelten, damit Händler ihre Ware auch vor ihren Geschäften präsentieren können. „In Vorbesprechungen hat es bereits ein klares Votum gegeben“, sagt Fleischhauer.

Das Dubrovnik in Moers öffnet denn auch am Dienstag seine Türen. Boris Cerovic wollte zunächst die Gesprächsrunde im Rathaus abwarten. „Ich muss unserer Stadtverwaltung ein großes Lob aussprechen“, sagt er. „Viele Fragen konnten bereits beantwortet werden, zum Beispiel zum Thema Sondernutzungsflächen.“ Am Nachmittag habe er noch einen Termin mit Sidan Aydin vom Fachdienst Ordnung. Geklärt werden müsse unter anderem, ob die Gäste auf dem Weg vom Eingang bis zum Tisch eine Maske tragen müssen, da im Gang die Abstände nicht einhaltbar seien. „Wir freuen uns, am Dienstag wieder Gäste empfangen zu können – wenn auch in abgespeckter Form“, sagt Cerovic. Im Innenraum sollen acht Tische für Restaurantbesucher bereitstehen, im Außenbereich wurde auf zwölf ausgeweitet.

Auch Corinna Wenders vom Diebels live will am Dienstag erstmals nach dem Lockdown wieder Gäste empfangen. Sie hofft, dass sich das Wetter bald bessert, damit die Außenbereiche genutzt werden können. Diese will sie dank der Erlaubnis der Stadt ausweiten. „Dass die Gebühren hierfür wegfallen ist schon eine große Erleichterung“, so die Gastronomin. „Um die Abstandsregelung einzuhalten, fallen im Innenbereich sieben Tische weg.“ Da Veranstaltungen und Partys weiterhin nicht stattfinden dürfen und auch auf den Thekenbetrieb verzichtet werden müsse, sei weiterhin mit hohen Umsatzeinbußen zu rechnen. „Ich schätze, dass wir 40 Prozent von dem einnehmen, was sonst üblich wäre. Aber es ist besser als nichts, wir freuen uns, wieder öffnen zu dürfen.“

„Wir testen erstmal“, sagt auch Monka Venohr, Chefin im Hotel & Restaurant Landhaus Vluyner Stuben in Neukirchen-Vluyn. Am Montag um 17 Uhr ist dort der Restaurant-Betrieb wieder angelaufen. Die große Freude wollte bei Venohr aber nicht so recht einstellen. Zu groß seien die Verluste nach der langen Schließung „Muttertag, Kommunionsfeiern, Kinfirmationen alles wurde abgesagt.“ Ob das Restaurant wie „vor Corona“ am Samstag und Sonntag ganztags Speisen anbietet, stehe noch nicht fest. Vor allem die Lunch-Büffetts seien am Wochenende beliebt gewesen. „Aber Büffetts dürfen wir zurzeit nicht machen.“ Wer essen kommen will, sollte sich telefonisch anmelden, sagte Venohr. Fürs Restaurant hätten dies bislang nur wenige getan. Größer sei die Nachfrage nach Hotelzimmern. Deshalb nehmen die Vluyner Stuben nun auch den Betrieb für Geschäftsreisende wieder auf. „Aber ohne Frühstücksbüffet“, sagte Venohr. „Es gibt Frühstückspakete oder gar kein Frühstück.“

Info Formlose Anträge für die Nutzung von öffentlichen Flächen für Gastronomie und Handel können in Moers möglichst mit Foto oder Kartenauszug per E-Mail an die Stadt Moers –
sondernutzung@moers.de – geschickt werden.

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