Naturschutz in Moers Kahlschnitt tut den Weiden gut

Moers · Mitglieder des Nabu Moers/Neukirchen-Vluyn pflegen den Wappenbaum des Kreises Wesel. In Schwafheim haben sie rund 50 Weiden geschnitten. Vögel, Steinkäuze, Mäuse und andere Tiere profitieren davon.

 Von der Natur und den Menschen geformte Skulpturen: Franz Reuter betrachtet die mächtigen Stämme alter Weiden.

Von der Natur und den Menschen geformte Skulpturen: Franz Reuter betrachtet die mächtigen Stämme alter Weiden.

Foto: Josef Pogorzalek

Den Wetterbericht hatte Franz Reuter am Donnerstagmorgen genau im Blick. „Um halb zehn sollte der Regen aufhören.“ Und genauso ist es gekommen. Für die Kopfweiden-Gruppe des Nabu Moers/Neukirchen-Vluyn heißt das: Ran an die Motorsäge. Die surrt jetzt im hintersten Schafheim, wo entlang eines aufgeweichten Ackers an die 50 Kopfweiden stehen. „Alle sechs bis sieben Jahre müssen wir sie bis auf den Kopf abschneiden“, sagt Reuter, der die Gruppe leitet. Sonst werden die Äste zu dick und zu schwer. „Irgendwann bricht dann der Stamm auseinander.“ Im Dezember haben die Männer hier mit dem Weidenschnitt begonnen. „Heute wollen wir fertig werden.“ Also auf geht’s!

Insgesamt 1600 Kopfweiden gibt es allein in Moers und Neukirchen-Vluyn, sagt Reuter. „Die Landwirte haben sie früher meist an Gräben angepflanzt.“ Weil Weiden viel Wasser brauchen, halfen sie bei der Entwässerung der Felder. „Die Weide war schon immer Kulturbaum“, erklärt Reuter. „Die Bauern nutzten die Blätter als Viehfutter, die dünneren Äste als Einstreu für den Stall, die dickeren zum Heizen.“ Und heute? Ausladende Weiden stünden großen Feldmaschinen oft im Weg. Mancher Landwirt hätte die Bäume wohl längst gefällt, wenn der Nabu sie nicht regelmäßig kappen würde. 150 bis 200 nimmt die Gruppe um Reuter sich alljährlich zwischen November und Februar vor. „Wir führen Listen, da steht, welche Bäume wieder dran sind“, sagt Reuter. „Die Genehmigung holen wir uns von den Landwirten. Wir schließen einen Vertrag mit ihnen: Wir schneiden die Weiden kostenlos, wenn sie die Bäume für die nächsten zehn Jahre erhalten.“ Der Kreis Wesel, dessen Wappen eine in Silber (oder Weiß) gehaltene Weide auf grünem Grund zeigt, zahlt dem Nabu einen Obolus für die Baumpflege. „Davon decken wir unsere Auslagen für Arbeitskleidung, Motorsägen, Sprit. Die Arbeit machen wir ehrenamtlich.“

 Kopfweidenschnitt in Schwafheim. Der Nabu kann auf insgesamt 20 Helfer zählen – weitere sind willkommen.

Kopfweidenschnitt in Schwafheim. Der Nabu kann auf insgesamt 20 Helfer zählen – weitere sind willkommen.

Foto: Josef Pogorzalek
 Die dickeren Äste werden als Brennholz angeboten.

Die dickeren Äste werden als Brennholz angeboten.

Foto: Josef Pogorzalek

„Wir“, das sind an diesem Morgen zehn Männer. „Alle sind über 60“, sagt Reuter. „Wir suchen immer Leute, die bei uns mitmachen wollen.“ Mit dem Nachwuchs hapert es beim Nabu genauso wie bei vielen anderen Vereinen. Die gut gelaunte Weiden-Truppe leistet ganze Arbeit. Die abgeschnittenen dickeren Äste der Weiden werden „gemetert“ – in etwa ein Meter lange Stücke geschnitten – und gestapelt. „Am Samstag kommen wir mit einem Trecker und Anhänger und holen sie ab.“ Das Holz bietet der Nabu als Kaminholz an. „Es ist keine Buche, aber es brennt.“ Das abgeschnittene „Zopfholz“ – kleinere, dünnere Äste – wird zwischen den Weidenstämmen zu Totholzhecken (sogenannten Benjeshecken) aufgeschichtet, die im Laufe der Jahre verrotten. Mäuse, Igel, Vögel und anderes Kleingetier findet darin Unterschlupf. Auch in den den höhlenartigen Vertiefungen des kahlen, knorrigen Weidenkopfs nisten Vögel. Und der Steinkauz nutzt sie als Quartier, von dem er zur Mäusejagd über die Wiesen startet. „75 Prozent aller Steinkäuze in Deutschland leben am Niederrhein“, sagt Reuter. „Kopfweiden sind ökologisch sehr wertvoll. Insgesamt bieten sie Lebensraum für über 100 Arten.“

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