Moers Museum: Die Flucht vor dem Naziregime

Moers · Der Verein "Neue Geschichte im Alten Landratsamt" beleuchtet in seiner ersten Ausstellung ein dunkles Kapitel der Moerser Geschichte: die "Flucht vom Niederrhein 1933 bis 1945". Sie ist im Grafschafter Museum zu sehen.

 Diana Finkele, Leiterin des Grafschafter Museums, setzte die Fotografien, Dokumente und Zeugnisse in der Sonderausstellung in Szene. Die Ausstellung wird am Sonntag eröffnet.

Diana Finkele, Leiterin des Grafschafter Museums, setzte die Fotografien, Dokumente und Zeugnisse in der Sonderausstellung in Szene. Die Ausstellung wird am Sonntag eröffnet.

Foto: kdi

Die Flucht war für Verfolgte des Naziregimes zwischen 1933 und 1945 oftmals die einzige Überlebenschance. Hans-Helmut Eickschen, Bernhard Schmidt und elf weitere Mitstreiter im Verein "Neue Geschichte im Alten Landratsamt" spürten in ihren Archiven den Biografien dieser Menschen nach und beleuchten in der neuen Sonderausstellung im Grafschafter Museum auf sehr beeindruckende Weise persönliche Schicksale wie das von Günther Bähr, der mit seiner Familie an der Kirchstraße in Moers lebte und seine ganze Hoffnung auf eine Ausreise nach Palästina gesetzt hatte. Doch im April 1943 wurde er nach Auschwitz deportiert, zur Zwangsarbeit eingesetzt und später auf einen Todesmarsch geschickt. Der junge Mann, der in Moers die jüdische Volksschule und das Adolfinum besucht hatte, starb vier Tage vor seinem 23. Geburtstag.

Die erste Ausstellung des vor zwei Jahren gegründeten Vereins "Neue Geschichte im Alten Landratsamt" gibt ab Sonntag auch einen ersten Einblick auf einen Teil der zukünftigen Ausstellung im Alten Landratsamt, das ab 2019/2020 die wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts in der einstigen Grafenstadt erzählen wird. Da dort die Handwerker noch im Einsatz sind, ist die Ausstellung "Flucht vom Niederrhein" im benachbarten Grafschafter Museum im Schloss zu sehen. Die Ausstellung basiert auf Ergebnissen fast 30-jähriger Forschungs- und Sammeltätigkeit von Moerser Vereinen wie "Erinnern für die Zukunft" und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Beide gehören zum Trägerverein des geplanten Museums im Alten Landratsamt, das am Kastellplatz steht. "Viele Informationen haben sich auch über unsere Stolperstein-Aktionen weiter verdichtet", erzählt Bernhard Schmidt gestern. Doch auch in der Vorbereitung zur am Sonntag startenden Ausstellung habe man noch neue Dokumente entdeckt. "Wenn man erst anfängt zu kratzen, trifft man schnell auf neue Funde", sagte Hans-Helmut Eickschen bei einem Ausstellungsbesuch. "Wir hoffen, dass wir noch mehr Dokumente heben und die Geschichte aufarbeiten können."

Eine Recherche-Reise folgte zum Beispiel den Spuren der Familie Chaim bis nach Brüssel. Die Eltern hatten ihre Kinder vor dem Naziregime in Sicherheit gebracht. Die Chaim-Kinder sahen ihre Eltern aber nicht wieder. Sie wurden in Riga ermordet. Die Sonderausstellung erzählt aber nicht nur jüdische Schicksale. Denn auch Widerstandskämpfer wie Max Langusch, Gewerkschafter und Kommunist, und Zwangsarbeiter mussten vor dem Terror in Deutschland fliehen.

Moers: Museum: Die Flucht vor dem Naziregime
Foto: Dieker Klaus

Diana Finkele, Leiterin des Grafschafter Museums, setzte die Fotografien, Dokumente und Zeugnisse in Szene, in dem sie Bilder der Moerser Stadtlandschaft aus der Zeit auf transparenten Lamellenvorhängen aufbringen ließ. Sie sind durchscheinend, so dass die jeweils hintere Kulisse erkennbar wird. Dort finden sich die recherchierten Biografien, dazu Fotografien und auch die Möglichkeit, Moerser Geschichte im Originalton zu hören. Die Ausstellung wird am Sonntag, 26. November, 11.30 Uhr, eröffnet. Sie ist bis zum 11. März zu sehen. Es ist ein Rahmenprogramm geplant.

www.grafschafter-museum.de

(RP)
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