Erinnern in Moers Neun neue Stolpersteine für Nazi-Opfer
Moers · Am Montag erinnern Moerser an Menschen, die ermordet wurden, weil sie krank waren.
Am Montag werden neun Stolpersteine an sechs Stellen von dem Künstler Gunter Demnig auf Moerser Stadtgebiet verlegt. Sie sollen an die Menschen erinnern, die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur wurden. Die kleinen Messingquadrate, auf denen die Lebens- und Todesdaten der Opfer zu lesen sind, werden am letzten gemeldeten Wohnort in das Pflaster des Bürgersteigs eingelassen. Die Vereine „Erinnern für die Zukunft“ und die „Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“ sind bei der Aktion federführend. Verschiedene Moerser Schulen werden die Verlegung mit eigenen Beiträgen begleiten. Posaunist Jil Torkler gestaltet den musikalischen Rahmen.
„Über intensive Recherche haben wir weitere Euthanasie-Opfer aus Moers gefunden. Eine lange Liste“, sagt Rita Vangerow-Hauffe, die die Aktion beider Vereine koordiniert. Sie ist im Vorstand von „Erinnern für die Zukunft“. Die erste Verlegung für Familie Kaufmann findet um neun Uhr im Beisein von Bürgermeister Christoph Fleischhauer statt. Das Haus Repelener Straße 2 lag in der Höhe vom ehemaligen Möbelhaus Kleier, heute Reha Escher. Alten Moersern wird die nahe gelegene Traditionsgaststätte „Steinschen“ in Erinnerung kommen. „Genau genommen hätte der Stolperstein auf der Fahrbahn verlegt werden müssen“, sagt Heidi Nüchter-Blömeke. Nun finden drei Stolpersteine in der Höhe der Durchfahrt ihren Platz.
Von Mathilde Kaufmann ist bekannt, dass sie in Moers eine angesehene Schneidermeisterin war, die in ihrem Betrieb Lehrlinge und Gesellinnen ausbildete. 1928 wurde sie in den Vorstand der Moerser Damenschneiderinnen-Innung gewählt. Ähnlich beruflich engagiert ihr Bruder Ernst, der in der Fleischer-Innung zum Vorstand gehörte. Da er nach 1933 sich über die politische Verhältnissen kritisch äußerte, kam er in Schutzhaft. Zusammen mit seinem Bruder Ernst floh er 1939 in die Niederlande, wo die Brüder nacheinander in den 1940er Jahren auf ungeklärte Weise starben. Ein Hinweis, der auch auf ihren Stolpersteinen steht. Mathilde Kaufmann wurde 1942 deportiert, zunächst nach Theresienstadt, dann nach Auschwitz, wo sie ermordet wurde.
Am Nordring 9 werden für Emil und Ella Moses Stolpersteine verlegt. Sie wurden 1941 nach Riga verschleppt und ermordet. Verena Dawidowski, Helmut Schön, Magdalena Hirtz und Friedrich Dreier wurden Opfer sogenannter Krankenmorde, organisiert über das Berliner Amt Tiergartenstraße 4 (Aktion T4). Die Opfer lebten in Meerbeck und Hochstraß. „Es ist erstaunlich, dass wir dort eine Häufung von T4-Opfern haben“, so Bernhard Schmidt. Die T4-Opfer wurden zunächst in die Heil- und Pflegeanstalt Bedburg-Hau verlegt.
Erhalten ist ein Brief vom Vater Schöns an die Anstaltsdirektion in Uchtspringe (Sachsen-Anhalt) mit der Bitte, Einzelheiten zum Tode von Helmut zu erfahren. 1944 verstarb er dort an Tuberkulose und Schizophrenie, so die Antwort. Die Teilnahme an der Beerdigung war den Eltern nicht erlaubt. Sie baten um die Rücksendung der Kleidung ihres Sohnes „da der Jüngste sie dringend braucht. Es ist ja jetzt im Krieg alles so knapp.“ Die Stolperstein-Aktion dauert etwa bis etwa zwölf Uhr.