Moers Moerser Retter brauchen Hilfe

Moers · 700 Mal benötigten die Einsatzkräfte 2017 Unterstützung aus Duisburg. Die Lage ist weiterhin prekär.

Moers: Moerser Retter brauchen Hilfe
Foto: dpa

Die prekäre Situation bei den Moerser Rettungskräften beschäftigt die Bürger in der Grafenstadt. Seit bekannt wurde, dass die steigenden Einsatzzahlen den Rettungsdienst an seine Kapazitätsgrenzen bringen, meldeten sich gleich mehrfach besorgte Leser bei der RP. Im Mittelpunkt der Sorge stehen hierbei vor allem die sogenannten "First Responder"-Einsätze. In diesem Fall rückt die Moerser Feuerwehr als Ersatz für Rettungswagen aus und leitet die Erstmaßnahmen ein. So soll die Zeit bis zum Eintreffen der herbeigerufenen Kollegen aus den Nachbarwachen überbrückt werden. 217 Mal war dies im vergangenen Jahr der Fall.

In einer Mail an unsere Redaktion wird dieser Umstand nur als Spitze des Eisberges dargestellt. "Leider ist es noch viel schlimmer", heißt es da. "Es wurde nicht erwähnt, dass in 2017 alleine die Berufsfeuerwehr Duisburg uns über 700 Mal aushelfen musste." Der Schreiber will anonym bleiben, scheint aber aus dem Umfeld der Moerser Rettungskräfte zu stammen. Weder beim Kreis Wesel noch bei der Feuerwehr kann jemand die Zahl offiziell bestätigen. Aus gut informierten Kreisen verlautet allerdings, dass die genannte Zahl durchaus glaubwürdig ist.

Zudem weist der Mail-Autor auf die Probleme beim Notärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116117 hin. Dieser würde schlichtweg nicht funktionieren. Der Rettungsdienst sei "deshalb mit blutenden Pickeln, Sodbrennen oder eingewachsenen Fußnägeln beschäftigt." Ein Umstand, der dem Moerser Feuerwehrchef Christoph Rudolph sehr bekannt vorkommt. "Viele Menschen kommen beim Bereitschaftsdienst nicht durch und melden sich dann bei uns", sagt er. "Wir fahren zu viele Einsätze und verlagern die Probleme dann weiter in die Krankenhäuser." Dort landen die Patienten dann beispielsweise bei Dr. Rainer Körte. Der Leiter der Zentralen Notaufnahme im St. Josef Krankenhaus hat immer wieder mit derartigen Fällen zu tun. "Patienten kommen manchmal gehend aus dem Rettungswagen, da denkt man schon kurz...", sagt er und verstummt. Häufig sei es Unwissenheit, die 116117 schlichtweg zu unbekannt. Bei manchen spiele wohl auch die Hoffnung auf eine umfassende Diagnose eine Rolle. Natürlich, da wollen sich beide nicht falsch verstanden wissen, sei jede subjektive Notlage zunächst einmal wichtig. "Wir haben da volles Verständnis", sagt Rudolph. "Unnötige" Einsätze seien aber natürlich ein Teil des Problems.

In einem weiteren anonymen Brief an unsere Redaktion beklagt eine Bürgerin längere Wartezeiten bei Rettungseinsätzen im "Moerser Osten". Auch befürchtet sie eine mangelhafte Brandschutzversorgung für den Zeitraum der "First Responder"-Einsätze: "Jeder Mensch kann gleichzeitig doch nur einen Auftrag erfüllen." In diesem Punkt gilt Rudolph leichte Entwarnung. "Bei First Responder-Einsätzen geht nur das Löschfahrzeug raus, die anderen beiden Fahrzeuge stehen weiterhin zur Verfügung. Bei Brandeinsätzen werden zudem auch immer die Freiwilligen Feuerwehren alarmiert. Allerdings gibt er zu: "Die Wahrscheinlichkeit, dass es etwas länger dauert, steigt natürlich durch derartige Einsätze." Durch die Aushilfe der Nachbarwachen dauere es dann eben auch einmal länger. "Natürlich geht das alles zu Lasten der Qualität, aber wir haben da leider keine Wahl", sagt Rudolph.

Den Einsatzkräften sind aktuell die Hände gebunden. Improvisation und Heilserwartung sind die Schlüsselwörter. Solange, bis der neue Rettungsdienstbedarfsplan in Kraft tritt. "Alle blicken jetzt auf die Überarbeitung des Bedarfsplans, das muss man abwarten", sagt Frank Brändel, Fachdienstleiter im Bereich Sicherheit und Ordnung beim Kreis Wesel. "Ein Gutachter wurde beauftragt, der alle Daten vorliegen hat und die Situation nun beleuchtet." Wann das finale Gutachten vorliegt, ist weiterhin unklar. Bis dahin ist der Moerser Rettungsdienst auf kreative Lösungen angewiesen.

(mlat)
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