Moers Moerser lernen ihr Amtsgericht kennen

Moers · Zum 100-Jährigen des Gebäudes an der Haagstraße gab es einen Tag der offenen Tür mit Führungen und Schau-Verhandlungen. NRW-Justizminister Thomas Kutschaty war eigens zur Feierstunde nach Moers gekommen.

 NRW-Justizminister Thomas Kutschat sprach ein Grußwort.

NRW-Justizminister Thomas Kutschat sprach ein Grußwort.

Foto: kt

Andreas Besecke war ein gefragter Mann gestern Vormittag. Besecke führte Besucher durch das ehemalige Hafthaus – immer 30, alle gespannt wie Flitzebogen. Seine Führungen fanden statt im Rahmen der Feier zum 100-Jährigen Bestehen des Moerser Amtsgerichts.

 Ein Besuch im Hafthaus ist spannend und beklemmend – beides in gleichem Maße. Wer durch die schwere Eisentüre wieder ins Freie tritt, ist froh, dass das kein längerer Aufenthalt war.

Ein Besuch im Hafthaus ist spannend und beklemmend – beides in gleichem Maße. Wer durch die schwere Eisentüre wieder ins Freie tritt, ist froh, dass das kein längerer Aufenthalt war.

Foto: Foto. Dieker

Angefangen hatte die 100-Jahr-Feier mit einer Feierstunde, zu der sich hoher Besuch angekündigt hatte: NRW-Justizminister Thomas Kutschaty war nach Moers gekommen, um auf die Geschichte des Gebäudes zurück zu blicken, aber auch, um Reiner Lindemann, Richter am Amtsgericht, in den Ruhestand zu verabschieden. Für Lindemann und die lustige, kluge und wohlwollende Laudatio, die Sandra Klusmann, Vorsitzende des Richterrates, auf ihn hielt, gab es dann auch den längsten Applaus. Gäste der Feierstunde waren auch Siggi Ehrmann, MdB, Landtagsabgeordneter Ibrahim Yetim, die Bürgermeister von Moers und Neukirchen-Vluyn Norbert Ballhaus und Harald Lenßen.

Andreas Besecke, seit 1993 in der Haftanstalt als Justizvollzugsbeamter tätig gewesen, hatte mit einem solchen Andrang bei seinen Rundgängen gerechnet: "Ich mache diese Führungen schon seit mehreren Jahren. Leider können aus sicherheitstechnischen Gründen immer nur 30 Personen mit." Diese 30 warteten schon gespannt, als Besecke die schwere Eisentür zum Schleusenbereich des Gefängnisses von 1914 öffnete. "Heute werde ich Sie durch meinen Knast führen." Erste Station, die Schleuse. Hier begann für die Sträflinge ihre Zeit hinter Gittern. Weiter ging es ins Innere des Hafthauses. Alte Lampen und Beschilderungen ließen erahnen, wie es hier einmal ausgesehen haben mag. Besecke beschrieb diese Bilder zu Ende, erklärte, wie die Aufnahme eines Häftlings ablief und mischte Anekdoten aus dem Alltag einer Haftanstalt hinzu. Bis 2005 wurde das Gefängnis als Abschiebehafthaus benutzt. Seitdem stehen die Räume leer. Immer wieder erklärte Besecke die Unterschiede zwischen der Moerser Haftanstalt und modernen Gefängnissen. "Man muss den Leuten zeigen, wie die Realität in so einer Haftanstalt ist und dass das nicht ist wie im Film."

Richtiges Gefängnisgefühl kam im Zellentrakt auf. Blaue Türen, nummeriert und mit schweren Eisenscharnieren, die nur acht Quadratmeter große Zellen verbergen. "Ich bin negativ überrascht, wie menschenunwürdig das bis vor 100 Jahren hier noch zuging", sagte Joseph Mevis. Auch Peter Mielke war über die Zustände erschrocken, die Führung selbst gefiel ihm gut: "Sehr lebendig und aus dem Leben heraus."

Neben den Führungen von Andreas Besecke gab es auch Infostände zu Justiz-Berufen oder eine nachgestellte Verhandlung.

(RP)
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