Telemedizin So kommt der Arzt ins Wohnzimmer

Moers · Der Moerser Kinderarzt Thomas Geerkens bietet in Corona-Zeiten eine Videosprechstunde an. Das Interesse an der Telemedizin ist in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Das Land NRW stellt Förderung zur Verfügung.

 Thomas Geerkens am Schreibtisch bei einer seiner Videosprechstunden.  Über den Bildschirm kommuniziert der Moerser Kinderarzt mit seinen jungen Patienten und deren Eltern.

Thomas Geerkens am Schreibtisch bei einer seiner Videosprechstunden.  Über den Bildschirm kommuniziert der Moerser Kinderarzt mit seinen jungen Patienten und deren Eltern.

Foto: Praxis Geerkens

Die Digitalisierung erfährt in Zeiten von Corona einen deutlichen Schub: In bisher nie gekannter Weise nutzen wir derzeit digitale Technik in nahezu allen Lebensbereichen. Auch im medizinischen Bereich werden Video-Sprechstunden verstärkt in Anspruch genommen.

Die Kinderarzt-Praxis von Thomas Geerkens an der Xantener Straße in Moers bietet seit gut zwei Wochen diesen Service an. „Vor Corona haben wir rund 150 Patienten am Tag gesehen. Wegen der Pandemie überlegen viele Eltern, ob sie mit ihren Kindern die Praxis aufsuchen wollen. Das Patientenaufkommen hat sich locker halbiert“, berichtet der Kinder- und Jugendmediziner. „Auf der einen Seite sollen wir unnötige Vorstellungen vermeiden und Patientenkontakte auf das Nötigste reduzieren. Auf der anderen Seite wollen wir mit unserem Team auch allen Patienten den notwendigen Zeitraum geben.“

Telemedizin sei hier die Lösung, betont Geerkens. Sie ermögliche trotz Sicherheitsabstand eine persönliche und empathische Gesprächsatmosphäre. „Die Videosprechstunde eignet sich gut für Beratungsgespräche mit Eltern. Bei einfachen Problemen wollen viele einfach nur eine Bestätigung. Außerdem kann ich mir einen Eindruck vom gesundheitlichen Zustand des Kindes machen.“ So kann der Kinderarzt entscheiden, ob eine zusätzliche Untersuchung in der Praxis nötig ist. „Ausgiebige Untersuchungen wie Lungen abhören oder den Bauch untersuchen sind per Videochat natürlich nicht möglich.“

Für die Videosprechstunde dürfen nur Dienste zertifizierte Anbieter genutzt werden, um den Datenschutz zu gewährleisten. Auch darf die Videosprechstunde nicht aufgezeichnet werden – weder vom Arzt noch vom Patient. Um eine Videosprechstunde in Anspruch nehmen zu können, müssen Eltern zunächst in der Praxis anrufen und Bedarf anmelden. Per E-Mail wird dann der Termin samt einem Link zugeschickt. Dieser Link kann fünf Minuten vor Beginn der Sprechstunde abgerufen werden.

„Durch das Klicken auf den Link betreten die Patienten ein virtuelles Wartezimmer“, erklärt Geerkens. „Ich sehe an meinem Bildschirm, wer im Wartezimmer ist und kann die Sprechstunde starten.“ 15 Minuten dauert die Sprechstunde. Der Vorteil für die Familien: Ein geringerer Zeitaufwand. Geerkens: „Allein die Zeit bei der An- und Abreise, sowie der Aufenthalt im Wartezimmer muss man mal zusammenrechnen. Die Zeit kann man im besten Fall sparen. Zudem gibt es ängstliche Kinder, die in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können. Kurzum: Es verringert Stress für Kind und Eltern.“

Für den Arzt bleibt der Zeit- und Verwaltungsaufwand jedoch der gleiche. „Dadurch, dass wir aktuell weniger Patienten vor Ort haben, habe ich die zeitliche Kapazität diesen Service nach der Sprechstunde in der Praxis anzubieten.“  Als eine Alternative um den (Fach-)Ärztemangel aufzufangen, sieht Geerke die Telemedizin daher nicht. „Dazu ist der Zeitaufwand zu hoch. Außerdem kann nicht alles per Videochat geklärt werden. Ein Arzt muss seinen Patienten auch direkt vor sich sehen.“

Das Land Nordrhein-Westfalen stellt in diesem Jahr erneut zwei Millionen Euro für die Förderung der Telemedizin in der ambulanten Versorgung zur Verfügung. „Ich freue mich über die positive Resonanz auf das Förderprogramm“, sagt Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. „Gerade im aktuellen Fall des Corona-Virus erleben wir hautnah, wie sinnvoll der Einsatz von telemedizinischen Lösungen das Versorgungsgeschehen ergänzen kann.“

Christoph Schneider, stellvertretender Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein bestätigt den Trend: „Die Möglichkeit zur Erbringung von Videosprechstunden wird aktuell seitens der niedergelassenen Ärzte im ganzen Rheinland extrem nachgefragt. In den letzten Wochen haben uns etwa 10.000 Ärzte aus Nordrhein entsprechend kontaktiert.  Der klare Trend zur verstärkten Nutzung digitaler Strukturen wird sich sicher auch innerhalb der ambulanten Moerser Praxislandschaft wiederspiegeln.“

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