Moers Moerser Jugendamt nahm Mädchen aus Heim

Moers · Im Berufungsverfahren gegen die angeklagte Pflegemutter Mathilde T. am Landgericht Krefeld hat die heutige Heimleiterin der Kinderheimat in Neukirchen jetzt erklärt, wie die Mädchen überhaupt zu einer Pflegemutter gekommen sind. Aus dem Heim kamen die Schwestern Aziza und Dunja L. als kleine Mädchen in den Haushalt von Mathilde T. in Tönisvorst-Vorst. Was sie dort von 1998 bis 2002 erdulden mussten, brachten sie als Volljährige zur Anklage. Ihre Pflegemutter wurde 2012 in erster Instanz zu dreieinhalb Jahren Freiheitsstraße verurteilt, dagegen legte sie Berufung ein.

Die Befragung vor Gericht ergab, dass die Kinderheimat an der Entscheidung nicht beteiligt war, sondern diese das Jugendamt der Stadt Moers getroffen hat. Nachdem sich die Stadt im Ermittlungsverfahren wenig kooperativ gezeigt hatte, die zuständige Mitarbeiterin vor Gericht mit Anwältin erschienen war und die Aussage verweigerte, mauert die Stadt weiter. Richterin Kraft-Efinger verlas einen Brief eines Verantwortlichen des Fachbereichs vom 14. Oktober, der die konkret gestellten Fragen nur allgemein beantwortete. Die Entscheidung über eine Pflegekindstelle treffe der Abteilungsleiter, die Auswahl der Pflegemutter und die Kontrolle der Unterbringung lägen beim Pflegekinderdienst. Er betonte auch, dass das Jugendamt außerhalb konkreter Verdachtsmomente nicht aktiv werden könne. Der Gesetzgeber sehe eine praktische Kontrolle nicht vor.

Die Heimleiterin aus Neukirchen-Vluyn, die damals Leiterin einer anderen Gruppe war, schilderte die Mädchen als fröhliche und aufgeweckte Kinder. Sie hätten im Heim und Schule schnell Freundschaften geschlossen. In einem Protokoll von 1997 hielt die Stadt Moers fest, dass die leibliche Mutter physisch und psychisch nicht in der Lage sei, sich um die Mädchen zu kümmern. Aziza und Dunja seien sich selbst überlassen gewesen. Zu den Erzieherinnen in der Delphin-Gruppe, wo sie untergebracht waren, hätten sie ein Vertrauen gefasst. Nach den Akten der Kinderheimat gab es 1998 kein weiteres Gesprächsprotokoll, dafür sei die Vermittlung in die Pflegefamilie in relativ kurzer Zeit erfolgt. Die Entscheidung sei vom Jugendamt vorgegeben worden. Der Prozess wird fortgesetzt.

(RP)
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