Serie Für die Zukunft Nicht einfach alles in die Tonne hauen

Moers · Die „Tuwas-Genossenschaft“ zeigt mit ihren Projekten der Wegwerfgesellschaft die rote Karte. Upcycling ist angesagt. Und im Sozialkaufhaus warten gebrauchte Möbel und Elektrogeräte auf ihr zweites Leben.

 Besuch im Nähzimmer im Dorf Neukirchen (v.l.): Jaudat Sido, Ghadeh Al Laham, Gisela Alsdorf, Rainer Tyrakowski-Freese und Volksbank-Chef Guido Lohmann.

Besuch im Nähzimmer im Dorf Neukirchen (v.l.): Jaudat Sido, Ghadeh Al Laham, Gisela Alsdorf, Rainer Tyrakowski-Freese und Volksbank-Chef Guido Lohmann.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Wenn es um die Zweitverwendung von Gegenständen oder Kleidung geht, ist die Tuwas-Genossenschaft Asberg eine angesagte Adresse. In mehrfacher Hinsicht. Das Sozialkaufhaus bietet einen reichen Fundus an gebrauchten Dingen wie Möbel, Haushaltsgegenständen und Elektrogeräten, die auf ein zweites Leben warten. „Es muss nicht alles weggeworfen werden“, sagt dazu Geschäftsführer Rainer Tyrakowski-Freese. Das Sozialkaufhaus ist geöffnet für jedermann.

Angefangen vom Kinderzimmer bis zur Sofaecke, die Zweitverwendung von Dingen aller Art hat an der Kronprinzenstraße ein überzeugendes Profil. „Man muss nicht alles in die Tonne hauen“, sagt Tyrakowski-Freese, der auf Unterschiede aufmerksam macht. Zur Zweitverwendung kommt der Bereich des Upcyclings. Aus Alt mach Neu, so das Prinzip. „Vom Downcycling reden wir, wenn beispielsweise aus dem T-Shirt Putzlappen gemacht werden.“

Die Tuwas-Mannschaft bietet in ihrem Bereich Dienstleistungen wie die professionelle Haushaltsauflösung an. Gut erhaltene Dinge werden im Sozialkaufhaus einem zweitem Leben zugeführt. Ob gebraucht oder noch in Originalverpackung. „Das kann auch gut erhaltene Kleidung sein“, so Tyrakowski-Freese. Besonders Kleidung oder hochwertige Stoffe sind heiß begehrt. „Wir erleben aktuell einen Run auf die Kleidung 1970er Jahre. Bei uns werden Kunden fündig.“

Die 1970er Jahre waren geprägt von Mustern und Formen, die aktuell wieder die Kleiderschränke füllen und mit Gardinenstoffen die Wohnzimmer schmücken. Manches Kleidungsstück wird schnitttechnisch geändert oder liefert den Stoff für ein neues Teil. „Vintage“ ist der Trend. Noch vor wenigen Jahren gaben die 1950er Jahre den Trend vor. Wem der angesagte Nierentisch spontan in den Sinn kommt, liegt richtig. Er erlebt gerade bei den jungen Möbeldesignern ein Revival. Der Wert eines originalen Möbelstücks ist wesentlich höher.

Selber machen ist der Trend, wie er im Nähzimmer im Dorf Neukirchen an der Hochstraße gelebt wird. „Wir haben dort ein offenes Angebot, das jeder nutzen kann, der beispielsweise zu Hause keine Nähmaschine hat oder professionelle Hilfe beim Schneidern braucht“, erläutert Tyrakowski-Freese das Angebot.

Unter dem eigenen Mode-Lable „HudHud Couture und Vintage“ setzt das Team auf Nachhaltigkeit in der Schneiderei. Gearbeitet werden dort Taschen oder aber exklusive Einzelteile aus gespendeten Stoffe, die wegen ihres Alters, der hochwertigen Qualität und des Designs so besonders sind. „Diese Stoffe gibt es im Handel nicht mehr. Sie sind begehrt“, so der Geschäftsführer. Die Macher hinter dem Werkstattangebot sind zugewanderte Profis im Schneiderhandwerk und haben nach ihrer Flucht mit diesem Projekt eine neue Perspektive für ihr Leben bekommen. Gegenüber vom Nähzimmer hat zu festen Zeiten das Repair-Café geöffnet. Die Mannschaft kümmert sich um defekte Haushaltsgeräte.

„Es ist nicht nur die Reparatur, sondern die Chance, die handwerklichen Fähigkeiten von Ehrenamtlern nach der Erwerbstätigkeit zu nutzen und soziale Kontakte zu pflegen“, sagt Tyrakowski-Freese. Das Team vom Repair-Café ist hoch geschätzt, ähnlich wie die Akteure der Fahrradwerkstatt, die Räder reparieren, gebrauchte verkaufen oder sich an neue Projekte rund ums Rad machen. Auf dem „Markt der Möglichkeiten“ in Neukirchen ist die Fahrradwerkstatt zu bestimmten Terminen zu finden.

Die Zielrichtung der Tuwas-Genossenschaft wird sehr deutlich: weg von der Wegwerfgesellschaft, hin zur kreativen Zweitverwendung. Billige „fast fashion“ bekommt die rote Karte. Rund 200 Repair-Cafés gibt es bereits bundesweit. „Gerade mit der internationalen Idee von Repair-Cafés gelingt es, das Bewusstsein zu schärfen und die eigene Position in unserer Wegwerfgesellschaft zu überdenken. Recyling ist ein Weg. Upcycling die überzeugendere Art in der Frage der Nachhaltigkeit“, sagt Tyrakowski-Freese.

Moers: Upcycling - nicht einfach alles in die Tonne hauen
Foto: grafik

Das Sozialkaufhaus in Asberg, an der Kronprinzenstraße 55, hat geöffnet montags bis freitags, 10 bis 18 Uhr, samstags 10 bis 13 Uhr. Das Repair-Café, Neukirchen, Hochstraße 1M, ist öffnet am ersten Freitag im Monat, 10 bis 15 Uhr, den vorherigen Donnerstag von 17 bis 19 Uhr. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.tuwas-genossenschaft.de

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