Theater in Moers Theater von Angesicht zu Angesicht

Schlosstheater-Premiere in Zeiten von Corona erstmals wieder im Moerser Theater: Lena Entezami präsentiert „Die Glasglocke“ von Sylvia Plath auf der Studio-Bühne des STM. Deren szenische Einrichtung hatte Dramaturgin Larissa Bischoff übernommen.

 StM-Schauspielerin Lena Entezami, die am Pfingswochenende auch auf dem Moers Festival aktiv war, spielt in dem Ein-Personen-Stück.

StM-Schauspielerin Lena Entezami, die am Pfingswochenende auch auf dem Moers Festival aktiv war, spielt in dem Ein-Personen-Stück.

Foto: Kristina Zalesskaya

Endlich wieder „analoges“ Theater. Keine digitale Lesung, kein Video-Stream. Die neue Schauspielproduktion des Moerser Schlosstheaters (STM) findet nämlich erstmals (wenn man den am 8. Mai stattgefundenen Wolfgang-Borchert-Performance-Marathon mit Matthias Heße einmal vernachlässigt) wieder vor Publikum statt – und fühlt sich fast schon wie früher an, vor Ausbruch der Corona-Pandemie.

Die Inszenierung ist ein erster Aufschlag in Richtung Theaternormalität. Während sich das Bühnengeschehen wie gewohnt darstellt, dürfen im Zuschauerraum „maximal zwei Personen aus einem gemeinsamen Haushalt“ (so die städtische Auflage) als Gegenüber sitzen. Doch auch der mit Markierungen beklebte Bühnenboden erweckt zuweilen Corona-Assoziationen. Inhaltlich hat das Stück dagegen mit Covid-19 rein gar nichts zu tun, allenfalls mit der Gefühlswelt in Text und Corona-Zeiten gleichermaßen, wie unter einer Glasglocke eingeschlossen zu leben.

In der vergangenen Woche hatte „Die Glasglocke“ von Sylvia Plath, so das betreffende Stück, Premiere auf der Studio-Bühne des STM. Deren szenische Einrichtung hatte Dramaturgin Larissa Bischoff übernommen, im Spiel zu sehen und zu hören ist Schauspielerin Lena Entezami. „Die Glasglocke“ ist der erste und zugleich letzte Roman der 1932 in Bosten geborenen und 1963 durch Freitod in London verstorbenen amerikanischen Autorin. Erschienen ist der autobiografisch gefärbte Roman unter dem Originaltitel „The Bell Jar“ 1963. Einen Monat später nahm sich Plath das Leben.

Als Spielvorlage der STM-Inszenierung diente Bischoff und Entezami die 2005 erschiene deutsche Neuübersetzung in der Suhrkamp-Ausgabe von 2013. Der Inhalt des Romans wird seitens des Verlages wie folgt beschrieben: „Die 19-jährige Esther gewinnt eine vierwöchige Hospitanz bei einem Modemagazin in New York, garniert mit Partyeinladungen und Werbegeschenken. Doch Esther, bisher strebsame Studentin, kann sich weder in den Arbeitsalltag einfinden noch die Verlockungen der Stadt genießen. Ihre Verzweiflung nimmt zu, als sie in die heimische Enge zurückkehrt, wo sie weitere Rückschläge einstecken muss. Ihre zunehmenden Depressionen führen sie schließlich nach einem Suizidversuch in die Psychiatrie.“

Doch die STM-Aufführung mit ihren vier Vorstellungen pro Spieltag ist mehr als nur die Wiedergabe eines Kultbuches. Sie stellt den Textstellen des Romans Auszüge der Tagebücher von Plath gegenüber und verwebt auf diese Weise den Lebensabschnitt der 19-jährigen Romanfigur Esther Greenwood mit den biografischen Lebensstationen der 30-jährigen Autorin Sylvia Plath. Eine Badewanne und ein Sessel, die besagten Markierungen auf dem Boden und eine Wandtafel über das Leben der Plath sowie ein wenig Technik (Licht, Mikrofon mit Loop-Station) reichen aus, um ein kluges Regiekonzept (Bischoff) zusammen mit einer einfühlsam-variantenreich vorgetragenen Sprech- und Spielweise (Entezami) umzusetzen, das eine bestimmte Stimmungslage von Frauen eindrucks- und spannungsvolle 35 Minuten lang auf der Bühne wiederzugeben imstande ist.

Info Die nächsten Spieltage sind am 5. Juni, 7. Juni, 10. Juni und 12. Juni um 16, 17, 18 und 19 Uhr.

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