Justiz in Moers Taxibetreiber vor Gericht: „Wie beim Vietnamesen“

Moers · Am Landgericht wurde das Verfahren gegen Vater und Sohn eröffnet. Die Anklage: Steuerhinterziehung von 1,4 Millionen Euro.

 Zwei Taxibetreiber aus Moers stehen vor Gericht.

Zwei Taxibetreiber aus Moers stehen vor Gericht.

Foto: David Young/dpa/David Young

Er habe nach dem Abitur eigentlich Betriebswirtschaftslehre studieren und ein unabhängiges Leben führen wollen, im Rückblick aber habe sich alles sehr ungünstig ergeben. So erklärte sich einer der zwei angeklagten Taxi -und Mietwagenunternehmer, deren Strafverhandlung am Dienstagvormittag vor dem Klever Landgericht eröffnet wurde. Der Vorwurf gegen Vater und Sohn lautet: Im Zeitraum zwischen Januar 2011 und Oktober 2016 sollen sie 1,4 Millionen Euro Steuern hinterzogen und 350.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten haben. Die Moerser sollen ihre Mitarbeiter mehr Arbeitsstunden haben leisten lassen, als sie in ihren Büchern erfassten und den Behörden mitteilten. Damit aus den Laufleistungen der Fahrzeuge nicht ersichtlich war, dass diese mehr Kilometer gelaufen sind, sollen die Tachostände durch Zurückdrehen manipuliert worden sein.

„Es ist Schmu gelaufen“, gestand der 28-jährige Sohn dem vorsitzenden Richter. Sein Vater, in Polen geboren, und seit einem Baustellenunglück vor vierzig Jahren halbseitig gelähmt, führt seit 2000 ein Taxiunternehmen in Moers. „Mein gesundheitlicher Zustand bleibt solange ich lebe“, sagte der 58-Jährige. Ursprünglich habe er, nachdem er 1988 nach Deutschland emigrierte, als Steuerfachangestellter gearbeitet. Nach der Geburt seines Sohnes aber sei er auf der Suche nach einer flexiblen Beschäftigung gewesen. So fand der Moerser den Weg in die Taxi-Selbstständigkeit. Sein Sohn habe schon zu Schulzeiten immer wieder in dem Betrieb ausgeholfen und sei nach seinem Schulabschluss vollends eingestiegen.

Zwei verschiedene Unternehmen führte das Vater-Sohn-Gespann, nach außen aber sollen diese kaum unterscheidbar gewesen sein, legte die mit dem Fall betraute Vertreterin des Finanzamts Kamp-Lintfort dar, die als Zeugin in Erscheinung trat. Die Prüfung ihrer Behörde habe ergeben, dass die Unternehmer im Tatzeitraum keine oder mangelhafte Umsatz-, Einkommens- und Gewerbesteuererklärungen eingereicht haben. Die Schichtzettel der Angestellten seien zudem bei einem Wasserschaden im Keller des Betriebs verlorengegangen. „Beide laufen wieder in der Spur. Der Sohn muss eine Familie ernähren, mit der Behinderung möchte ich auch nicht, dass der Vater ins Gefängnis geht“, sagte der Rechtsanwalt. Im Gegenzug würden die Angeklagten ein umfassendes Geständnis abgeben. Zudem müsse strafmildernd angeführt werden, dass die Beschuldigten bereits knapp über 100.000 Euro Steuernachzahlungen getätigt hätten. In Anbetracht der hohen Abgabenlast sei es heutzutage schwierig, ein Taxibetrieb rentabel zu führen. „Das ist wie beim Vietnamesen. Bei manchen Preisen muss man einfach sagen: Normal geht das nicht“, legte der Verteidiger dar. Dem Taxigewerbe ist nach dem Aus des eigenen Unternehmens zumindest der Junior treu geblieben: Er ist aktuell bei einem Moerser Taxiunternehmen als Verkehrsleiter angestellt. Als Gesellschafterin agiere dort seine sich im Mutterschutz befindliche Frau, über die Höhe ihres Verdienstes wisse er nicht Bescheid. „Ich habe keinen Überblick über die Buchhaltung“, sagte er. Das Urteil soll Ende des Monats fallen.

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