Uraufführung in Moers Schlosstheater spielt Praunheim-Stück

Moers · Das Publikum in Moers erwartet die Uraufführung einer blutig-schrägen „Operettenkomödie“. Das Schlosstheater bringt das Stück „Zwei Fleischfachverkäuferinnen“ des Kult-Autors Rosa von Praunheim auf die Bühne.

Emily Klinge, Roman Mucha und Matthias Heße in den Proben von „Zwei Fleischfachverkäuferinnen“.

Emily Klinge, Roman Mucha und Matthias Heße in den Proben von „Zwei Fleischfachverkäuferinnen“.

Foto: Viola Köster

Frau Müller hat Sonderwünsche: Im Fleischfachgeschäft von Karina und Zarah Chi Chi bestellt sie gerne mal Wolfstatzen und Räuberschinken. Ihre Bestellungen sind stets außergewöhnlich und gipfeln schließlich in dem Wunsch, selbst zu einer riesigen Wurst verarbeitet zu werden. Frau Müller ist zwar die einzige Kundin der Fleischfachverkäuferinnen. Den Wunsch können Karina und Zarah Chi Chi aber nicht erfüllen. Damit nimmt das Schicksal seinen Lauf. Frau Müller wird Veganerin und schlimmer noch – ihre Feindin, die den Alltag der beiden Frauen immerzu auf den Kopf stellt.

„Sie scheint alle Fäden in der Hand zu haben“, sagt Viola Köster, Dramaturgin am Schlosstheater. Das Moerser Theater bringt den absurd-schrägen Text von Kult-Autor Rosa von Praunheim, „Zwei Fleischfachverkäuferinnen“, am Freitag, 14. Oktober, im Schloss zur Uraufführung. „Wir sind die ersten, die das Stück fürs Theater realisieren“, betont die Dramaturgin und freut sich über die anarchische Vorlage, die voller Spielfreude und -wut sowie existenzieller Themen steckt. Für die Regie zeichnet Damian Popp verantwortlich, der mit dieser Inszenierung ein Heimspiel absolviert. Der Theatermacher ist am linken Niederrhein aufgewachsen und inszeniert erstmals in Moers.

„Rosa von Praunheim hat sich darüber gefreut, dass wir das Stück uraufführen wollen, und uns eine Nachricht geschickt“, erzählt Köster. Der Filmregisseur, der als ein wichtiger Vertreter des Neuen Deutschen Films und leidenschaftlicher Aktivist gilt, erhielt eine Einladung zur Uraufführung. Seine Antwort steht noch aus. Regisseur Damian Popp lernte den bald 80-Jährigen aber persönlich kennen. Zusammen mit seinem Musikerkollegen Jonas Schilling traf er von Praunheim im Vorfeld der Moerser Inszenierung zu einem persönlichen Gespräch.

Was Praunheims Stück für das Schlosstheater so reizvoll macht, sei das Pendeln zwischen Groteske und Varieté, das den Diskurs nicht in einem Thema sucht. Unter der Oberfläche rumoren dennoch existenzielle und tiefgründige Fragen wie zum Beispiel das Machtverhältnis zwischen Mensch und Tier, Mensch und Mensch sowie die Arbeits- und Konsumverhältnisse zwischen Schlachthof und Supermarkt. „Karina und Zarah Chi Chi führen eine Liebes-Hass-Beziehung und wollen doch nur zueinander. Es gibt in diesem blutig-witzigen Stück eine große Sehnsucht nach Nähe, Beziehung, Liebe und die Angst vor dem Tod“, erläutert Viola Köster. Gleichzeitig sei das Stück eine „groteske Operettenkomödie“. Jonas Schilling hat zu Praunheims Texten die Musik komponiert. Die Schauspieler Emily Klinge und Matthias Heße spielen und singen die Fleischfachverkäuferinnen. Robert Mucha schlüpft in die Rolle der mysteriösen Frau Müller, die die beiden Frauen zu den irrwitzigsten Aktionen antreibt – geradezu wie ein Mephistopheles: Zum Beispiel zu Banküberfällen, Südseereisen und dem Operettenspiel.

Bühnen- und Kostümbildnerin Tanja Mademer taucht die Schlossbühne in eine schrill-poppige und rosafarbene Welt. Regisseur Damian Popp inszeniert übrigens nicht nur in Moers ein Stück von Praunheim. 2023 geht es für ihn mit „Hitlers Ziege oder die Hämorrhoiden des Königs“ ans Theater Altenburg in Gera.

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