Historie in Moers Grafschafter Museumsverein legt neues Standardwerk zur oranischen Befestigungsanlage vor

Die Stadt Moers kann 2020 ein ganz besonderes Jubiläum feiern: Vor 400 Jahren wurde das große Befestigungswerk, mit dem ab 1601 Moritz von Oranien sofort nach seinem Regierungsantritt als Herr der Grafschaft Moers Schloss, Alt- und Neustadt Moers hat umgeben lassen, vollendet. Der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein in Moers legt jetzt rechtzeitig zum Jubiläum ein neues Standardwerk zu Bau und Schicksal der Moerser Festungsanlage vor.

Moers: Museumsverein legt neues Standardwerk zur oranischen Befestigungsanlage vor.
Foto: Stadt Moers

Die oranische Befestigungsanlage veränderte das äußere Erscheinungsbild der Stadt vollständig. Moers war seitdem eine frühneuzeitliche Festungsstadt. Die Festungswerke mit ihrem Wallsystem boten einerseits Schutz vor feindlichen Angriffen, aber auch vor dem jährlich auftretenden Hochwasser. Nach Niederlegung der mittelalterlichen Stadtmauern gewann die Stadt zwar mehr Siedlungsfläche, blieb aber wie alle Festungsstädte in ihrer Expansion eingeengt. Einer Belagerung musste die Festungsstadt Moers nie Stand halten. Der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein in Moers legt jetzt rechtzeitig zum Jubiläum ein neues Standardwerk zu Bau und Schicksal der Moerser Festungsanlage vor.

In sechs Beiträgen dokumentieren fünf Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachrichtungen unter der Herausgeberschaft der Stadthistorikerin Margret Wensky anschaulich die Geschichte dieses bedeutenden kulturellen Erbes der Stadt auf dem aktuellen Forschungsstand. Margret Wensky skizziert die politische Situation der Grafschaft im 16. Jahrhundert, die dazu führte, dass Moritz von Oranien in ihren Besitz kam. Heike Preuß behandelt den Bau der Befestigung 1601-1620 anhand der erhaltenen Bauakten und legt ein besonderes Augenmerk auf die daran beteiligten Unternehmer und Arbeiter. Welche Bedeutung Moritz von Oranien dem Moerser Festungsbau beimaß, zeigt sich darin, dass er den genialen Mathematiker und Festungsbauingenieur Simon Stevin nach Moers schickte, um zumindest den Beginn der Arbeiten zu begleiten. Wahrscheinlich stammt auch der große Bauplan der Festungsanlage, der sich heute im NRW-Landesarchiv in Duisburg befindet, von Stevin. Seinem Leben und Werk geht Hajo Hülsdunker nach.

Die Geschichte von Schloss und Stadt Moers als Festung hat Niederschlag gefunden in zahlreichen Plänen, Festungsatlanten, Städtebüchern und anderen Druckwerken. Die Festungspläne sind weitaus zahlreicher als Darstellungen von Moers als Stadt. Christine Knupp-Uhlenhaut und Margret Wensky bieten eine Zusammenstellung und Analyse der Moerser Festungspläne des 16. bis 18. Jahrhunderts. Ein spektakulärer Fund im Geheimen Staatsarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin bringt dabei neue wichtige Erkenntnisse zum Planungsbeginn um 1601 und dürfte ein Vorläufer des großen Bauplans der Festung sein, der diese als „work in progress“ zeigt. Während der französischen Besetzung der Stadt im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) ließ der Stadt- und Festungskommandant de Sariac einen präzisen Plan anfertigen – eine vorzügliche Bestandsaufnahme der Festungswerke kurz vor ihrer Schleifung, die 1763/64 auf Befehl des Preußenkönigs Friedrich II. vollzogen wurde.

Margret Wensky stellt anhand der im Stadtarchiv Moers überlieferten Schleifungsakten die Abbrucharbeiten und die damit verbundenen erheblichen Probleme für die Infrastruktur der Stadt dar. Wie Anfang des 17. Jahrhunderts der Bau der oranischen Befestigung, veränderte die Schleifung das Bild der Stadt gravierend. Der schließlich um 1800 erreichte Stand des äußeren wie inneren Erscheinungsbildes hatte fast unverändert bis zur Wende zum 20. Jahrhundert Bestand. Thorsten Kamp geht dem wechselvollen Schicksal der ehemaligen Festungsanlage seit dem frühen 20. Jahrhundert nach. Er stellt die zum Teil massiven Veränderungen des Stadtbildes und die stadtplanerischen Vorhaben vor, wie sie im Laufe des Jahrhunderts vollzogen wurden – oder Planung blieben, aber immer auch die ehemaligen Festungsanlagen betrafen. Der Beitrag ist zugleich ein Appell zum sorgsamen Umgang mit diesem bedeutenden flächigen Baudenkmal der Stadt. Rund 90, zum Teil bislang unveröffentlichte Pläne, Dokumente und Ansichten aus in- und ausländischen Archiven, Bibliotheken, Museen und Sammlungen ergänzen und illustrieren die Beiträge.

„Der Grafschafter Museums-und Geschichtsverein ist froh, ein derartiges Großprojekt zum 400 Jubiläumsjahr der das Stadtbild prägenden, oranischen Befestigungsanlage gestemmt zu haben. Das Werk wird wegen seiner lebendigen und abwechslungsreichen Darstellung nicht nur die Fachleute begeistern, sondern jeden Leser, der sich mit der Stadt Moers und ihrer Geschichte verbunden fühlt“, sagt Peter Boschheidgen, Vorsitzender des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins.

Das Werk ist ab sofort in der Barbara Buchhandlung, der Neukirchener Buchhandlung, bei Thalia sowie bei Moers Marketing GmbH und im Moerser Schloss (nach Wiedereröffnung) zu erwerben.

Margret Wensky (Hg.), 400 Jahre oranische Befestigung von Schloss und Stadt Moers 1620-2020 (Veröffentlichung des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins in Moers e.V.), Hardcover, 156 S., 91 Abb., 29,50 €, ISBN 978-3-948252-01-4

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