Ärger um Baustelle Bauarbeiter zerstören Mauersegler-Nest

Bei Arbeiten am Grillparzerweg fielen die Jungtiere auf die Straße. Der Kreis hat ein weiteres Nest gefunden und stoppte die Arbeiten zwischenzeitlich.

 Drei junge, flugunfähige Mauersegler, die Claudia Kessler von der Straße rettete und in einem Katzenkorb unterbrachte.

Drei junge, flugunfähige Mauersegler, die Claudia Kessler von der Straße rettete und in einem Katzenkorb unterbrachte.

Foto: Claudia Lotz

Als Claudia Kessler am Montagnachmittag von der Arbeit kam, fand sie einen herzzerreißenden Anblick vor: Unter einem Baugerüst an einem Mehrfamilienhaus am Grillparzerweg, in dem sie wohnt, lagen mehrere hilflose Jungvögel auf der Straße – offensichtlich aus ihrem Nest gefallen. Verantwortlich dafür waren wohl Bauarbeiter, die das Nest bei Abrissarbeiten am Wohnhaus – versehentlich oder nicht – herunterrissen. Das Nest fanden Kessler und ihre Nachbarin kurz darauf im Müllcontainer. Die Bauarbeiten wurden vom Kreis Wesel zwischenzeitlich gestoppt.

 Das Mehrfamilienhaus am Grillparzerweg.

Das Mehrfamilienhaus am Grillparzerweg.

Foto: Claudia Lotz

„Ich habe die kleinen Vögel da liegen sehen und wusste nicht, was ich machen sollte“, sagt Claudia Kessler im Gespräch mit unserer Redaktion. Sieben Tiere habe sie gefunden, eins davon war schon tot. Ihre Tierärztin habe ihr am Telefon gesagt, sie könne nichts tun und solle die Vögel dort liegen lassen. „Aber das kam nicht infrage. Ich habe selber Haustiere, ich konnte die da nicht liegen lassen.“ Sie kontaktierte Tierschutzverbände, rief sogar die Polizei – die allerdings auch nichts machen konnte. „Wir haben die Vögel dann vorsichtig in einen Katzenkorb gehoben, etwas Gras gepflückt und den Korb bei meiner Nachbarin auf das Fenstersims gestellt.“ Die Hoffnung, dass die Mutter ihre Jungen dort findet, erfüllte sich jedoch nicht. Kessler brachte die Vögel – vermutlich handelt es sich um artengeschützte Mauersegler – schließlich in die Homberger Tierklinik. Dort wird jetzt nach jemandem gesucht, der die Tiere aufzieht.

Auf die Bauarbeiter ist die Anwohnerin sauer: „Die hatten Glück, dass die schon Feierabend hatten, als ich gekommen bin.“ Hätten sie vorsätzlich gehandelt, drohe ihnen eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro, wie Claudia Lotz vom Bundesverband Tierschutz sagt. Ihre Mitarbeiterin Anette Liesegang war am Dienstagmorgen vor Ort, um zu verhindern, dass weitere Nester mit Mauerseglern zerstört werden. „Die Bauarbeiter vor Ort konnten kein Deutsch. Aber ich habe mit dem Vorarbeiter gesprochen. Ihm tut die Sache unglaublich leid“, sagt sie. Wie sich herausstellt, liegen die Nester hinter Platten, die bei den Arbeiten abgerissen werden sollten und waren daher schwer zu sehen.

Das bestätigt auch Hendrik Brieger, Bauleiter der Hausverwaltung, der Grafschaft Moers: „Wir sind bei solchen Arbeiten sehr vorsichtig. Wir haben sogar Brutkästen für die Vögel installiert, damit sie sich nicht an der Fassade einnisten.“ Dass Bauarbeiter das Nest mit Absicht zerstört haben, dementiert er: „Dass mutwillig jemand ein Nest abgerissen hat, würde ich abstreiten. Wir machen nicht Tabula rasa, reißen da nichts runter.“

Der Kreis Wesel legte die Baustelle am Dienstag zwischenzeitlich auf Eis, weil ein Biologe mindestens ein weiteres Nest fand. Am Nachmittag wurden die Mauersegler in die Obhut des Kreises übergeben. Unter Beachtung des Vogelschutzes laufen die Arbeiten nun weiter.

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