Kunst in Moers Künstler interpretiert Räume neu
Im Museum für zeitgenössische Kunst Moers steht die erste Einzelausstellung an: eine Retrospektive mit Werken des jungen Künstlers Thomas Prochnow aus Berlin.
Säge und anderes Handwerkszeug liegen auf dem Boden verstreut. Im Eingangsbereich des neuen Museums für zeitgenössische Kunst Moers (MZKM) an der Niederstraße 22 sind orangefarbene schmale Latten abgelegt. Thomas Prochnows Rauminstallation ist noch mitten im Entstehungsprozess. Mit der Arbeit des Berliner Künstlers öffnet der „Verein zur Förderung von zeitgenössischer Kunst und Kultur am Niederrhein” am Sonntag, 20. Oktober, ab 14 die erste Einzelausstellung im neuen Museum, einem ehemaligen Ladenlokal. Mit Thomas Prochnow ist ein Künstler eingeladen, der solche Räume zu erkunden und neu zu interpretieren weiß. Und ist damit für die erste Ausstellung im Museum die perfekte Wahl. „Ich habe Thomas Prochnow vor einigen Jahren auf der Kunstmesse C.A.R. auf Zollverein in Essen kennengelernt“, berichtet der Künstler Becker Schmitz, der zusammen mit Kunsthistorikerin Linda Inconi-Jansen das Museumsprojekt vorantreibt. „Dort habe ich gesehen, wie Prochnow eine Wand bearbeitet hat. Es hat mich fasziniert, wie er sich mit Räumen auseinandersetzt und einen ganz anderen Blick auf sie hat.“ Nun bestand die Gelegenheit, ihn nach Moers einzuladen und herauszufordern, die 170 Quadratmeter große Ausstellungsfläche des Museums für zeitgenössische Kunst neu zu gestalten und zu interpretieren.
Thomas Prochnow sucht für gewöhnlich die Räume mehrfach auf, um sich inspirieren zu lassen. Für Moers ließ er sich auf das Wagnis ein, im Vorfeld nur einen Lageplan und ein paar Fotos zu sehen. „Er war schon erleichtert, als er unsere Museumsräume zum ersten Mal betrat“, erzählt Becker Schmitz. Der Raum ist zwar schwierig, aber trotz eines Gefälles gut zu gestalten. Ankerpunkt für Prochnows Rauminstallation waren bereits vorhandene Bohrlöcher. „Damit hat der Ort die Punkte gesetzt, an denen ich anfange“, erklärt der Künstler. So entstand ein fragiles Konstrukt aus orangefarbenen Latten, das die Räumlichkeit verändert – nicht nur durch das Material, sondern auch durch die Verbindung von Licht und farblichen Schatten auf der weißen Wand.
Thomas Prochnow hat Freie Kunst in Dresden studiert und arbeitet vor allem ortsspezifisch und temporär. Bekanntheit erlangte der Künstler, der 1978 in Gera geboren wurde und vor seinem Studium als Graffitikünstler aktiv war, durch seine Einzelausstellung „Der zweite öffentliche Raum“ auf der Zeche Zollverein im Jahr 2015. Seine Ausstellung im Museum für zeitgenössische Kunst in Moers trägt den Titel „Prosystem.3“ und ist eine Retrospektive – wenngleich aus dem mitgebrachten Material eine neue Rauminstallation entsteht. „Es handelt sich um Material, das ich wieder verwende. Es war einmal Bestandteil einer Installation aus dem Jahr 2009“, berichtet Thomas Prochnow. Drei Themenbereiche sind dem Künstler wichtig: der Raum/die Installation, die Fotografie sowie Materialarbeiten/Bildobjekte. Wie er letztere mit dem neu geschaffenen Raum im Museum für zeitgenössische Kunst an der Niederstraße 22 in Verbindung bringt, das möchte er im künstlerischen Austausch mit Becker Schmitz und Linda Inconi-Jansen noch entwickelt. Seine Bildobjekte bestehen aus Alltagsgegenständen, denen er durch die Bearbeitung eine komplett neue Bedeutung, vielleicht sogar eine ganz andere Geschichte gibt. Der alte Besenstil wirkt plötzlich wie ein Tag aus der Graffitiszene. Holzstäbe presst er übereinander in ein strenges Din-Format. Das MZKM wurde Anfang Oktober eröffnet. An der Niederstraße 22 soll ein lebendiger Ort für zeitgenössische Kunst entstehen – mit dem Ziel, die regionale und überregionale Kunst zu fördern. Auf einer Fläche von 170 Quadratmetern bekommen aufstrebende Künstler die Gelegenheit, ihre Kunst zu zeigen. Mit jeder Ausstellung ist auch ein Ankauf geplant, um so eine Sammlung für zeitgenössische Kunst aufzubauen. Weitere Infos unter www.mzkm.de