Parteiloser Kandidat Torsten Gerlach „Die Moerser sind bereit für einen parteilosen Bürgermeister“

Moers · Als erster von mittlerweile sieben Bewerbern hat der Hauptkommissar der Bundespolizei vor einem Jahr seine Bereitschaft zur Bürgermeisterkandidatur öffentlich gemacht. Er tritt ohne Parteiunterstützung an.

 Torsten Gerlach, der Hauptkommissar der Bundespolizei, der in der Grafenstadt geboren und aufgewachsen ist, 2004 am Grafschafter Gymnasium Abitur machte und heute gemeinsam mit seiner Ehefrau in Kapellen lebt, will im September Verwaltungschef im Moerser Rathaus werden.

Torsten Gerlach, der Hauptkommissar der Bundespolizei, der in der Grafenstadt geboren und aufgewachsen ist, 2004 am Grafschafter Gymnasium Abitur machte und heute gemeinsam mit seiner Ehefrau in Kapellen lebt, will im September Verwaltungschef im Moerser Rathaus werden.

Foto: ja/Arnulf Stoffel (ast)

Herr Gerlach, Sie waren der erste, der vor ziemlich genau einem Jahr seine Bereitschaft zur Bürgermeisterkandidatur in Moers öffentlich gemacht hat. Mittlerweile haben sieben Menschen ihren Hut in den Ring geworfen, weitere Kandidaturen sind nicht ausgeschlossen.Wie finden Sie das?

Torsten Gerlach Die Moerser Wähler habe mit den derzeitigen Bewerbern ein breites Angebot an unterschiedlichen Charakteren in dieser wichtigen Personalwahl um das Amt des Bürgermeisters. Wir beweisen damit, dass es in unserer Stadt genug Menschen gibt, die bereit sind, für die Gemeinschaft Verantwortung zu übernehmen. Diese Bereitschaft scheint in der heutigen Zeit nicht mehr in allen Kommunen an der Tagesordnung zu sein. Bedauerlicherweise wird man das nicht zuletzt auf Anfeindungen, Aggressionen und Drohungen gegenüber verschiedenen kommunalen Würdenträgern zurückführen müssen.

In der vergangenen Woche stieß überraschend Markus Helmich zur Bewerberrunde. Der Marketingberater und ehrenamtliche Geschäftsführer des Presseclubs Niederrhein will – wie Sie – als parteiloser Kandidat antreten. Gut oder schlecht?

Gerlach Ich kenne Herrn Helmich persönlich nicht. Grundsätzlich finde ich es aber gut und richtig, dass sich Kandidaten, idealerweise mit Verwaltungserfahrung, zur Wahl stellen, ohne einer Partei anzugehören. Ich selbst möchte der Bürgermeister sein, der innerhalb der Verwaltung, mit dem Verwaltungsvorstand, die Vorlagen entwickelt, die als neutrale Vorschläge in den Stadtrat eingebracht werden können. Konsens statt Konfrontation ist dabei das Ziel.

Das heißt konkret?

Gerlach Ich habe sehr oft das Gefühl, man gönnt in Moers dem politischen Gegner keinen Zentimeter. Im  Miteinander macht das meiner Meinung nach viel kaputt, auf jeden Fall führt es an vielen Stellen zu Stagnation, wenn es um Entscheidungen geht. Aus meiner Sicht ist es nötig und geboten, bei demokratischen Diskussionen in der Sache hart zu argumentieren, aber bei eher emotionalen Themen gleichermaßen rhetorisch abzurüsten. Ein Bürgermeister, der als Verwaltungsspitze eigentlich neutral agiert, trotzdem aber als Bürgermeister einer bestimmten Partei gesehen wird, steigert das Konfliktpotenzial. Das Problem ist dabei eher das Annehmen der Überparteilichkeit durch die Fraktionen.

Einen parteilosen Bürgermeisterkandidaten gab es in Moers, jedenfalls soweit ich mich erinnern kann, bislang noch nie. Die Frage ist: Ist Moers bereit dafür? Was meinen Sie? Und wie ist das rechtlich-organisatorischer Sicht?

Gerlach Ich bin überzeugt davon, dass es an der Zeit ist, den Moersern parteilose Bewerber anzubieten. Was das Rechtliche betrifft: Als Einzelbewerber muss man zur Wahl vorgeschlagen zu werden. In meinem Fall hat das meine Frau getan. Dieser Vorschlag wurde mittlerweile überprüft und bestätigt. Damit ist es mir nun möglich, die vom Kommunalwahlgesetz geforderten 270 Unterstützungsunterschriften zu sammeln. Diese einzelnen Schritte und deren Überprüfung brauchen Zeit. Für das Rathaus ist es in dieser Form das erste Mal, dass sich jemand als Einzelbewerber zur Wahl stellt. Diese Besonderheit merke ich auch an anderen Stellen. Beispielsweise ist es mir derzeit nicht möglich, auf Grundlage der aktuellen Sondernutzungssatzung der Stadt Moers, Wahlplakate zu beantragen. In der einschlägigen Vorschrift sind nur Parteien und Wählergemeinschaften aufgeführt. Auf Nachfrage hat Bürgermeister Fleischhauer durch das Justitiariat der Stadt Moers feststellen lassen, dass das eine Ungleichbehandlung und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit bedeuten würde. Ein solcher ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, deshalb greift die landesgesetzliche Vorschrift aus dem Straßen- und Wegegesetzt NRW. Dadurch kann auch ich, bis zur Anpassung der Sondernutzungssatzung, bis zu drei Monate vor dem Wahltag, sogenannte Wahlsichtwerbung beantragen.

Und was könnte auf diesen Plakaten stehen? Wofür steht der Kandidat Gerlach inhaltlich?

  Für diverse Themen: Sicherheit und Ordnung, bezahlbarer Wohnraum, wirtschaftliche Stärke der Stadt, Unterstützung junger Menschen und Familien, Förderung der Stadtteile, Förderung des Ehrenamts. Als unabhängiger Kandidat möchte ich die Anregungen und Sorgen der Moerser ungefiltert zum Thema zu machen. Das fängt, um nur ein Beispiel zu nennen, bei der öffentlichen Sicherheit und Ordnung an. Zahlreiche Menschen beschweren sich über die Nachtabschaltung und dass ihre Bedenken darüber heruntergespielt werden. Natürlich war es notwendig zu sparen. Das darf aber nicht am subjektiven Sicherheitsgefühl der Menschen ansetzen. Auch der Bereich Hombergerstraße zwischen Kreisverkehr und Bahnhof wird sehr intensiv diskutiert. Die Dichte an Wettbüros, Personengruppen und eine tödliche Messerstecherei im Herzen unserer Stadt, verunsichern die Bürger verständlicherweise immer mehr. Es wird daher Zeit die Schwerpunkte im Rathaus neu zu ordnen. Einer dieser Schwerpunkt muss die Stärkung der Ordnungsbehörde sein. Wir brauchen gemeinsame Schwerpunkteinsätze bestehend aus Polizei und Ordnungskräften, die sich mit diesen Problemen beschäftigen. Ich selbst bin Führungskraft der Bundespolizei und mir ist daher bewusst, dass auch die Polizei NRW personelle Engpässe hat. Aber es geht um die Sicherheit in unserer Stadt und da müssen alle an einem Strang ziehen.

Ein weiteres Thema, das die Wahlen der Zukunft, ganz gleich auf welcher Ebene, in jedem Fall beeinflussen wird, ist der Klima- und Umweltschutz. Ihre Meinung dazu?

Gerlach Die Fridays for Future“- Demos haben uns gezeigt, dass dieses Problem die gesamte Gesellschaft betrifft. Es geht um unsere Zukunft. Da sollte es dann nicht das emotionale Leitthema sein, dass es eine jüngere Generation war, die uns daran erinnert hat. Wie oft habe ich bei vergangenen Wahlen gehört: „Wir müssen den jungen Menschen mehr zuhören“. An manchen Stellen sollten wir nicht nur zuhören, sondern uns auch etwas sagen lassen. Natürlich müssen wir jedes weitere Handeln der Verwaltung am Maßstab eines nachhaltigen Klima- und Umweltschutzes ausrichten. Erste Maßnahmen hat die Verwaltung bereits in einem Maßnahmenkatalog vorgestellt.

Zu diesem Maßnahmenpaket gehört unter anderem auch eine zukunftsorientierte Mobilität.
Verwaltung und Politik wollen Fuß-, Rad- und ÖPNV-Verkehr stärken ...

Gerlach Das ist richtig und wichtig. Es macht aber zum Beispiel auch keinen Sinn, Teile der Innenstadt für den Individualverkehr sperren zu wollen, wenn wir nicht einen ausgesprochen effektiven und zuverlässigen, idealerweise klimaneutralen ÖPNV haben. Das ist der zweite Schritt vor dem ersten und gefährdet die wirtschaftliche Stärke unserer Stadt in einer jetzt schon viel zu desolaten Haushaltslage.

Was wäre die Konsequenz daraus?

Gerlach Moers’ wirtschaftliche Stärke und deren Ausbau zu einem florierenden Gewerbestandort muss einer der parteiübergreifenden Schwerpunkte in den kommenden Jahren sein. Nur so generieren wir durch Gewerbesteuern die Einnahmen, die wir für zahlreiche soziale Bereiche, wie die Förderung und Unterstützung junger Familien, älterer Menschen und den sozialen Wohnungsbau, so dringend brauchen. Belassen wir es bei den derzeitigen politischen Schwerpunkten wie insbesondere Kunst und Kultur, wird die Haupteinnahmequelle des Haushaltes weiterhin das Portemonnaie der Bürger bleiben.

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