Landtagswahl in Moers, Neukirchen-Vluyn und Kamp-Lintfort Ibrahim Yetim packt‘s zum vierten Mal

Moers/Neukirchen-Vluyn/Kamp-Lintfort · CDU-Kandidatin Julia Zupancic unterliegt knapp. Der Wahlkreis könnte dennoch mit zwei Angeordneten im Landtag vertreten sein. Im Nachbar-Wahlkreis Wesel II holt René Schneider (SPD) das Landtagsmandat.

 So sehen Sieger aus: Ibrahim Yetim bei der Wahlparty der SPD in der Awo-Begegnungsstätte Neukirchen-Vluyn.

So sehen Sieger aus: Ibrahim Yetim bei der Wahlparty der SPD in der Awo-Begegnungsstätte Neukirchen-Vluyn.

Foto: Norbert Prümen

Er wollte es noch einmal wissen, in doppelter Hinsicht. Als einziger der 2017 zur Landtagswahl angetretenen Spitzenkandidaten im Wahlkreis Moers/Neukirchen-Vluyn (damals noch Moers/Neukirchen) hat sich Ibrahim Yetim zur Wiederwahl gestellt – trotz oder gerade wegen einer verlorenen Kommunalwahl 2020 im Rücken, bei der der 57-Jährige für die SPD ins Rennen um das Bürgermeisteramt in Moers ins Rennen ging. Diesmal hat er gewonnen, zum jetzt vierten Mal.

Seit 2010 sitzt der gelernte Bergmechaniker für die SPD im Düsseldorfer Landtag. 42,2 Prozent der Stimmen holte Yetim bei der Wahl vor fünf Jahren; seine Herausfordererinnen und Herausforderer landeten damals bei 34,6 Prozent (Ingo Brohl, CDU), 9,0 Prozent (Martin Borges, FDP) und 4,3 Prozent (Gudrun Tersteegen, Grüne).

 Zufrieden über gute Ergebnisse: Kandidat Tom Wagener (vorne) mit Mitgliedern der Grünen aus Moers und Neukirchen-Vluyn in der „Röhre“.

Zufrieden über gute Ergebnisse: Kandidat Tom Wagener (vorne) mit Mitgliedern der Grünen aus Moers und Neukirchen-Vluyn in der „Röhre“.

Foto: Norbert Prümen

„Sollte das Ergebnis, so wie es sich jetzt abzeichnet, bestand haben, steht es 4:0 für mich“, sagt Yetim am Sonntagabend, etwa zweieinhalb Stunden nach Schließen der Wahllokale. 116 von 123 Stimmbezirken sind da bereits ausgezählt; der Sozialdemokrat liegt mit rund vier Prozent der Stimmen vor der Kandidatin der CDU, Julia Zupancic.

 Wahlparty der CDU im Viva Eventpark: Für Kandidatin Julia Zupancic (Mitte) hat‘s zwar nicht gereicht. Aber das Landesergebnis stimmt froh.

Wahlparty der CDU im Viva Eventpark: Für Kandidatin Julia Zupancic (Mitte) hat‘s zwar nicht gereicht. Aber das Landesergebnis stimmt froh.

Foto: Norbert Prümen

Mit seinem persönlichen Ergebnis sei er zufrieden, sagt Yetim. „Obwohl es ein schwieriger, von Bundespolitik überschatteter Wahlkampf war. Wir sind mit den durchaus wichtigen landespolitischen Themen nicht durchgedrungen. Das ist auf der einen Seite verständlich, aber es ärgert mich auch.“

Was das historisch schlechte Abschneiden der SPD im Land angeht, sieht der Moerser auch die Bundespartei in der Verantwortung: „Das lässt sich nicht voneinander trennen“, sagt Yetim. Und: „Rückenwind sieht anders aus.“ Eine Regierungsbildung in Düsseldorf mit rot-grüner Beteiligung ist aus Sicht des Sozialdemokraten trotzdem möglich und nötig: „Es geht um die inhaltlichen Schnittmengen“, sagt er. „Ich sehe ehrlich gesagt nicht, wo CDU und Grüne bei den Themen Sicherheit, Flüchtlingspolitik oder Schule zusammenkommen wollen.“

Für die CDU-Kandidatin Julia Zupancic endet der Wahlabend mit einem Achtungserfolg. So nah wie bei dieser Landtagswahl waren die Christdemokraten der SPD im Wahlkreis noch nie auf den Fersen. „Am Ende hat es nicht ganz gereicht, aber das ist völlig okay – mit diesem Ergebnis kann ich leben“, sagt Zupancic und klingt tatsächlich zufrieden. Möglicherweise habe die CDU diesmal Stimmen an die AfD verloren, fügt sie hinzu. Deren Kandidat Renatus Rieger war 2017 nicht zur Wahl zugelassen. „Aus unserer Sicht war es unterm Strich ein guter Wahlkampf“, resümiert Zupancic. „Mein Anspruch war es, sagen zu können: ,Wir haben alles gegeben!‘ Und das haben wir!“

Was wohl auch für die Grünen in Moers und Neukirchen-Vluyn gilt. Die treffen sich am Wahlabend in der Moerser Szenekneipe die Röhre. Die Stimmung ist ausgelassen, nicht nur mit Blick auf das überragende Ergebnis der Partei auf Landesebene. Auch im Wahlkreis Wesel IV kann die Partei gegenüber 2017 deutlich zulegen, sie holt in beiden Städten rund dreimal so viele Stimmen wie vor fünf Jahren. Tom Wagener, Kandidat der Grünen, hatte also allen Grund, vor Freude zu strahlen. „Ich bin ,ehrlich gesagt, sehr zufrieden“, sagte er. „Die Arbeit hat sich gelohnt.“

Wagener selbst kam im Wahlkreis auf rund 15 Prozent der Stimmen. Zusammen mit den anderen Grünen verfolgte er mit Spannung die Hochrechnungen der TV-Sender. Denn Wagener konnte sich berechtigte Hoffnungen machen, über die Landesliste in den Landtag einziehen. „Es sieht gar nicht so schlecht aus. Ich stehe auf Platz 40 der Liste. Ohne Überhangmandate wird es wohl knapp. Aber wenn es Überhangmandate gibt, könnte es klappen“, sagte er gegen 20 Uhr. Gewissheit erwarte er erst für den späten Sonntagabend.

Vom historisch besten Ergebnis 2017 runter auf um die fünf Prozent: Für den 27 Jahre alten Constantin Borges ist das Wahlergebnis seiner Partei, der FDP, eine herbe Enttäuschung – auch mit Blick auf das eigene Abschneiden. Auf die Frage: „Woran hat’s gelegen?“, kann der Bankkaufmann und Masterstudent aus Moers am Sonntagabend nur mit Spekulationen antworten. „Die besseren Ergebnisse bei der Briefwahl sprechen dafür, dass vor allem die letzten Tage für die Entscheidung der Wähler ausschlaggebend gewesen sein könnten“, sagt er. Die Äußerungen von Schulministerin Yvonne Gebauer zum Thema Hartz IV und Bafög, die Sache im Bundesverteidigungsausschuss, als FDP-Politiker die Sitzung aus Protest gegen Bundeskanzler Olaf Scholz verließen – all das habe am Ende womöglich zum schlechten Abschneiden der Liberalen aus im Wahlkreis beigetragen. Sollte es die FDP im Land über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen und im Landtag bleiben, sieht Borges seine Partei auf der „anderen Seite der Macht“. „Wir müssen uns neu sortieren“, sagt er. „Und ich glaube, Oppositionsarbeit würde uns guttun.“

Nebenan, im Wahlkreis Wesel II gibt es derweil Freibier – bei der SPD-Wahlparty im Jugendzentrum „Ka-Liber“ in Kamp-Lintfort. „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“, zeigt sich René Schneider (SPD) nach seiner Wiederwahl erleichtert. Der SPD-Politiker aus Kamp-Lintfort zieht voraussichtlich zum dritten Mal in den Landtag ein. „Als um 18 Uhr die ersten Hochrechnungen vorlagen, war ich jedoch tief enttäuscht“, betont er. So habe ich mir das Landtagsergebnis für die SPD nicht vorgestellt und es an den Wahlkampfständen im Gespräch mit den Bürgern so auch nicht erlebt. Klar, die bundespolitische Lage hat in den Landtagswahlkampf hinein gespielt. Landespolitische Themen haben im Wahlkampf so gut wie keine Rolle gespielt.“

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