Moers Moers gedenkt der Pogrom-Opfer

Moers · In Erinnerung an die Reichpogromnacht lesen Adolfinum-Schüler in einer bewegenden Zeremonie die Namen der ermordeten Juden vor.

 Annette Sommer vom Vorstand des christlich-jüdischen Vereins gedenkt der Opfer der Pogromnacht.

Annette Sommer vom Vorstand des christlich-jüdischen Vereins gedenkt der Opfer der Pogromnacht.

Foto: Klaus Dieker

"Kristallnacht" - für Menschen, die diesen Ausdruck noch nie gehört haben, klingt er nach einer weißen Winternacht unter glitzernden Sternen. In Wirklichkeit stammt der verharmlosende Name von den Fensterscheiben, die 1938 in der Nacht vom 9. auf den 10. November zu Bruch gingen, als nationalsozialistische Horden in Deutschland und Österreich tausende jüdischer Gebetsstätten, Geschäfte und Wohnungen zerstörten.

Das auch unter der Bezeichnung "Novemberpogrom" in die Geschichte eingegangene Gewaltereignis leitete die wenig später von Hitler und seinem Regime systematisch betriebene Massenvernichtung der Juden in den Konzentrationslagern ein.

"Möge so etwas nie wieder in Deutschland geschehen", wünschten sich vor knapp 30 Jahren eine Reihe von geschichtlich interessierten Bürgern aus Moers und Umgebung und gründeten deswegen am 5. Mai 1987 eine "Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit", die seither immer wieder mit unterschiedlichen Aktionen dafür sorgt, dass die Gräuel der Judenverfolgung im Dritten Reich nicht in Vergessenheit geraten. So auch an diesem Montag.

Auf Einladung der Gesellschaft versammelten sich gestern Vormittag 80 Moerser vor dem jüdischen Mahnmal an der Dr.-Hermann-Bähr-Straße, um dort im Gedenken an die Pogrom-Nacht des 9. Novembers 1938 einen Kranz niederzulegen und gleichzeitig angesichts der augenblicklichen Flüchtlingssituation zu Menschlichkeit und Toleranz aufzurufen. "Wir sind darüber besorgt, was gerade in unserem Land geschieht, und denken, dass wir alle uns verpflichtet fühlen sollten, der Fremdenfeindlichkeit zu widersprechen", mahnte Annette Sommer vom Vorstand des christlich-jüdischen Vereins in ihrer Begrüßungsansprache, bevor sie das Mikrofon an Bürgermeister Christoph Fleischhauer weitergab.

Auch er sah diese Verpflichtung. "Wir wollen Menschenliebe zeigen und hilfsbereit sein", erklärte er. "Solidarität und Mitgefühl sind hier und heute die richtigen Berater, auch wenn das zurzeit mancherorts in Frage gestellt wird." Wie schon in den vergangenen Jahren wurde auch die diesjährige Gedenkstunde zur Erinnerung an das Novemberpogrom 1938 von Schülern des Moerser Gymnasiums Adolfinum und der örtlichen Pattberg-Realschule mitgestaltet. So schilderten einige Schüler in kurzen Beiträgen ihre auf einer Klassenfahrt gemachten Eindrücke von einer Begegnung mit der Zeitzeugin Eva Mozes Kor. Sie hatte damals in Auschwitz die menschenverachtenden medizinischen Zwillingsexperimente des Lagerarztes Josef Mengele überlebt und ihre Erlebnisse später in einem Buch veröffentlicht.

Andere Schüler verlasen die Namen der einst aus Moers verschleppten Juden. Daran anschließend sangen alle Anwesenden gemeinsam das von dem 1945 hingerichteten Theologen Dietrich Bonhoeffer geschriebene Lied "Von guten Mächten wunderbar geborgen". Mit dem Kaddisch-Totengebet, in hebräischer Sprache von Eliyahu Kobi (Jüdische Gemeinde Krefeld) vorgetragen, endete die Moerser Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus.

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