Moers Festival in Corona-Zeiten Moers Festival findet ohne Publikum statt

Erstmals in seiner Geschichte findet das Musikfest zu Pfingsten nur digital statt. Zwar spielen die Musiker in der Festivalhalle – aber ohne Zuschauer und mit den nötigen Schutzmaßnahmen. Bislang sagten nur wenige Musiker ab.

 Die Musiker spielen in der Festivalhalle, die Zuschauer müssen am PC Zuhause zuschauen.

Die Musiker spielen in der Festivalhalle, die Zuschauer müssen am PC Zuhause zuschauen.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Die 49. Ausgabe des Moers Festivals (29. Mai bis 1. Juni) wird nur aus der Festivalhalle gestreamt. Das hat es in der Geschichte des renommierten Musikfests für improvisierte und zeitgenössische noch nie gegeben. Geschuldet ist dieses ungewöhnliche Format der Corona-Pandemie. „Wir kämpfen gerade gegen ein Meerungeheuer, eine wilde See. Während viele Festivals sich einen ruhigen Hafen gesucht haben, schicken wir unseres auf die hohe See hinaus. Ob das Abenteuer erfolgreich sein wird, entscheidet Ihr“, erklärte Tim Isfort in einer gestreamten Pressekonferenz. Bereits in der letzten Woche hatte der Festivalchef angekündigt, das Moers Festival nicht absagen zu wollen.

 Tim Isfort ist seit 2017 künstlerischer Leiter des Moers Festivals. Er sagte die Pfingstveranstaltung nicht ab. Sein Plan B: ein digitales Festival.

Tim Isfort ist seit 2017 künstlerischer Leiter des Moers Festivals. Er sagte die Pfingstveranstaltung nicht ab. Sein Plan B: ein digitales Festival.

Foto: Helmut Berns/Helmut Berns / Agentur Berns

Sein Plan B, für den er offenbar die volle Unterstützung der Fördermittelgeber in Bund und Land sowie der Kunststiftung NRW erhalten hat, sieht wie folgt aus: In der Festivalhalle am Solimare werden zwei Bühnen aufgebaut, auf der die Musiker und Bands abwechselnd spielen werden – zum Schutz der Künstler unter notwendigen Corona-Bedingungen und wie bei einer Studioproduktion. Die Zuschauertribüne bleibt leer. Um trotzdem Konzertatmosphäre zu vermitteln, wird es Lichtinszenierungen geben. „Und wir sorgen für einen super Sound“, betonte der künstlerische Leiter. Auch Applaus wird zu hören sein. „Wir spielen ihn aus 48 Jahren Moers-Festival ein. Die Künstler werden den Beifall hören. Wer ein geiles Saxophon-Solo spielt, darf sich auch über den Applaus freuen.“ Mehr als Musiker, Festivalcrew, Moderatoren und Kameramann würden nicht in der 2000 Zuschauer fassenden Halle anwesend sein. „Der einzige Gast, der physisch in der Eventhalle sein wird, ist Miss Unimoers“, sagte Isfort.

Sie ziert das aktuelle Festivalplakat. Dahinter verbirgt sich Schauspieler Matthias Heße. Die von Isfort erdachte Figur spielt eine wichtige Rolle: „Sie wird unsere Kapitänin sein und durch das Festival gleiten.“ Geplant ist, dass sie das Moers Festival vier Tage lang in kleinen Episoden erzählt und selbst Dinge neu kreiert. Tim Isfort betonte, dass man niemanden gefährden wolle. Er habe großen Respekt vor allen Künstlern, die zur Risikogruppe gehörten und nicht nach Moers kommen wollten. Von den 60 Musikprojekten, die er und sein Team eingeladen hatten, haben bislang vier abgesagt. Dazu gehören John Zorn und seine musikalischen Begleiter, die den Pfingstmontag mit mehreren Projekten gestalten sollten.

Zorn hält laut Festivalchef nichts davon, seine Musik zu streamen. „Davon kann man nicht leben“, sagte der künstlerische Leiter und zeigte Verständnis für die Entscheidung des Künstlers aus den USA. Gleichzeitig möchte Isfort mit seinem Publikum an Pfingsten interaktiv in einen Dialog treten. „Wir können uns in Moers leider nur virtuell umarmen. Aber schickt uns Eure Videobotschaften. Wo immer ihr seid und was ihr gerade macht“, sagte er im Wissen, dass sein Vorhaben auch das Risiko des Scheiterns birgt. „Wenn das Leben schwierig wird, muss man improvisieren. Für Künstler ist das ganz normal. Die eingeladene Künstlerschaft hat sich sehr gefreut, dass wir das Festival stattfinden lassen. Wir wollten ein Signal setzen gegen die existenziellen Ängste in der Musikbranche.“

Zum Thema Einreisebeschränkungen äußerte sich Isfort nicht. Finanziell bedeutet das digitale Festival für die Veranstalter einen Einnahmenverlust im Ticketverkauf. „Wir können die Eintrittsgelder nicht kompensieren“, sagte Isfort. Jazzfans können ihre Karten bei voller Erstattung aller Gebühren an die Veranstalter zurückgeben. „Oder Ihr lasst es in unserem Topf und werdet Superzuschauer“, bat Isfort und sagte Danke für jedes Ticket, das nicht zurückerstattet werden wolle. Das gestreamte Festival ist fürs Publikum umsonst, die Festivalkosten sind hingegen geblieben.

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