Musik in Moers Moers Festival: Der Stream läuft

Moers · Das Moers Festival beendet den kulturellen Stillstand im Land. In einem interaktiven Livestream schickt es bis einschließlich Montag mehr als 200 Musiker live aus der Festivalhalle in die Wohnzimmer der Jazz-Fans.

 Das Ruhrgebietsorchester „The Dorf“ schickte ein großes Ta Ta Ta Taaa in die Welt.

Das Ruhrgebietsorchester „The Dorf“ schickte ein großes Ta Ta Ta Taaa in die Welt.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

 Das Moers Festival hat zusammen mit dem Ruhrgebietsorchester „The Dorf“ am Freitag ein großes „Ta-Ta-Ta-Taaa“ in die Welt hinaus gestreamt – so als wollte es ganz laut ausrufen: Wir sind da! Trotz Corona-Krise. Es war der Auftakt für ein neues und anderes Moers Festival, ausschließlich digital übertragen und ohne Publikum in der Konzerthalle. Die Tribüne, auf der sonst bis zu 2000 Fans die improvisierte Musik feiern, blieb leer. Nur ein traurig dreinblickendes Rehkitz hatte sich als Platzhalter dorthin verirrt.

 Das Publikum muss wegen der Corona-Pandemie draußen bleiben.

Das Publikum muss wegen der Corona-Pandemie draußen bleiben.

Foto: Anja Katzke

Aber Ludwig van Beethoven war dabei: Nicht nur das 30-köpfige „Dorf“ zelebrierte unter der Leitung von Jan Klare am Freitag zum Beethoven-Jahr die berühmtesten vier Töne der Musikgeschichte. Auch das Auner-Quartett aus Österreich und Wolfgang Mitterer feierten in ihren Live-Beiträgen den Komponisten. Jeder auf seine Weise, mal improvisiert, mal dekonstruiert. Der Applaus kommt aus der Konserve, zusammen gemixt auch 48 Festivaljahren. Je mehr Likes und Herzchen die Zuschauer am heimischen PC digital zurück in die Festivalhalle am Solimare schicken, desto größer wird er – und spornt die Musiker an. Die Resonanz auf das gestreamte Festival ist am Freitag positiv, die Möglichkeit zur Interaktion wird gut wahrgenommen.

 Die Tribüne ist leer.

Die Tribüne ist leer.

Foto: Anja Katzke

Fans schicken Grüße aus ihrer Küche, andere ziehen ihren Hut vor dem Mut der Festivalmacher, die einmal mehr in der langjährigen Festivalgeschichte das Experiment wagen würden. „Das Festival-Feeling kommt gut rüber“, schreibt eine Zuhörerin in den sozialen Medien. Andere loben euphorisch, dass Tim Isfort und sein Team „dran geblieben sind und uns das allen ermöglicht“. Die Likes gehen bis zum späten Abend in die Hunderte.

 Die Eventhalle hat sich in ein Fernsehstudio verwandelt.

Die Eventhalle hat sich in ein Fernsehstudio verwandelt.

Foto: Anja Katzke

Die Eventhalle am Solimare hat sich ein Fernsehstudio verwandelt. Kameraleute ziehen im Dunkeln zwischen Kabelkilometern und technischen Einrichtungen ihre Bahnen durch die Halle, in der wegen der Pandemie zahlreiche Schutzvorkehrungen getroffen wurden. Die Laufrichtung ist vorgegeben, das Tragen von Mund-Nasen-Masken und das Einhalten von Abstandsregeln sind Pflicht. Die Moderatoren tragen Gesichtsvisiere. Bläser und Sänger treten hinter Plexiglaswänden auf. Einige Stühle sind auf Abstand aufgestellt – für die anwesenden Journalisten.

 Trompeter Dennis Renken spielt vom Balkon des Alten Landratsamtes für die Moerser. Ein Saxofonist begleitet ihn.

Trompeter Dennis Renken spielt vom Balkon des Alten Landratsamtes für die Moerser. Ein Saxofonist begleitet ihn.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Nach Wochen des kulturellen Stillstands sind auch die eingeladenen Künstler froh, wieder auftreten zu können und Konzertatmophäre zu erleben: „Heute ist unser erstes Konzert seit Corona“, betonte Saxofonisten Luise Volkmann, die mit „Eté Large“ nach Moers gekommen war, und dankte dem Moers Festival für die Initiative. Und Pianist Cilly Gonzales fragte in den Live-Stream hinein: „Was habt Ihr am meisten vermisst. Ich habe genau das hier vermisst.“ Bis Montag müssen die Festivalmacher beweisen, dass ihr Konzept vier Tage lang trägt.

Am Samstag startet der Live-Stream ab 14.25 Uhr mit einer „Discussion. Thema ist die Gleichstellung von Musikerinnen. Wolfgang Puschnig, Gründungsmitglied des Vienna Art Orchestra, gibt anschließend in der Festivalhalle ein „Aerosolo“. Es spielt außerdem Silke Eberhard mit ihrem Projekt „51%“. Askari, Jeffery, Klare und Krämer treffen sich zum musikalischen Austausch, und Wolfgang Mitterer präsentiert sein Stück „Reluctant games“.

Ein wenig analog bleibt die Moerser Musikwelt aber doch: Der Verein Kulturprojekte Niederrhein schickte am Freitag einen Musikgruß ans Moers Festival und ließ Trompeter John Dennis Renken vom Balkon des Alten Landratsamts spielen. Auch das Moers Festival schickt seine Solisten in Stadt und Park. Das Pianomobil ist unterwegs, ein Objekt Sonore steht am Samstag auf dem Moerser Altmarkt und spielt immer zur vollen Stunde.

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