Mobilitätswende Wo und wie in Moers jetzt neue Stromtankstellen entstehen
Moers · Ab 2035 dürfen in der EU keine neuen Autos mit Diesel- oder Benzinmotor mehr zugelassen werden. So baut die Enni die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Moers aus.
Die Entscheidung steht: Ab 2035 dürfen in der EU keine neuen Autos mit Diesel- oder Benzinmotor mehr zugelassen werden. Bis zum Jahr 2030 soll der Autoverkehr in Europa so 55 Prozent weniger CO₂ produzieren als im Jahr 1990. 30 Millionen Elektroautos sollen dann bereits in Europa unterwegs sein, die nach dem Willen der Politik mit Strom aus erneuerbaren Energien fahren sollen – eine entsprechende Infrastruktur vorausgesetzt. Diese jetzt für künftige Generationen aufzubauen, sei eine besondere Aufgabe und Herausforderung, sagt Enni-Vorstand Kai Gerhard Steinbrich.
Elektroautos im Kreis Wesel Fest steht: Der Bedarf wächst. Seit 2015 hat sich die Zahl der Elektroautos im Kreis Wesel vervielfacht: 627 Fahrzeuge mit Elektroantrieb gab es vor acht Jahren, 14.280 waren es zum Stichtag 31. Dezember 2022. In Moers stieg die Zahl laut Enni von 155 auf 3332 (2020: 1104, 2021: 2059), in Neukirchen-Vluyn von 33 auf 797 (2020: 257, 2021: 497), in Xanten von 22 auf 600 (2020: 195, 2021: 364), in Wesel von 113 auf 2065 (2020: 889, 2021: 1575), in Dinslaken von 76 auf 2252 (2020: 994, 2021: 1605). Die Zahlen beziehen sich auf Halter, die im Kreis Wesel wohnen.
Gesetzesinitiativen Beschleunigt wird die Mobilitätswende von verschiedenen Gesetzesinitiativen der Bundesregierung. Der Masterplan Ladeinfrastruktur II (Oktober 2022) sieht eine Senkung des verkehrsbedingten CO2-Ausstoßes bis 2030 um bis zu 48 Prozent gegenüber 1990 vor. Eine Million öffentliche Ladepunkte sollen bis dahin entstehen und über die Richtlinie Umweltbonus (Dezember 2022) 15 Millionen E-Pkw gefördert werden.
Ladeinfrastruktur in Moers – der Stand In der Grafenstadt gibt es aktuell 30 Enni-Ladepunkte im öffentlichen Raum: 28 AC- (Wechselstrom) und zwei DC-Ladestellen (Gleichstrom). „Die Wechselstromsäulen können in der Regel bis 22 Kilowatt (kW) laden“, sagt Steinbrich. „Eine Auto braucht in der Regel 22 Kilowattstunden (kWh) auf 100 Kilometern. Das heißt: An einer AC-Ladestelle kann man in einer Stunde Strom für circa 100 Kilometer nachladen.“ Im halböffentlichen Raum, also auf privaten, aber öffentlich zugänglichen Parkplätzen, kommt Moers derzeit auf 50 Ladepunkte (38 AC, 12 DC). Im privaten und gewerblichen Bereich gibt es 387 Ladestellen (alle AC).
Das kommt Für Moers geht die Enni derzeit von einem Gesamtbedarf von rund 16.864 Ladepunkten für E-Fahrzeuge im Jahr 2035 aus – 90 Prozent davon in privaten Haushalten. Das ist das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie mit Experten des Unternehmens Tanke. Für dieses Jahr plant die Enni – vorbehaltlich eines entsprechendesn Ratsbeschlusses – die Installation von 40 Ladestationen im Stadtgebiet: 30 im öffentlichen Raum, zehn im halböffentlichen. 15 Standorte für AC-Ladesäulen im öffentlichen Raum – verteilt über das gesamte Stadtgebiet, von Norden nach Süden – sind bereits mit der Stadt besprochen und geprüft: Marktplatz Repelen, Reinhold-Büttner-Straße 35/Theodor-Heuss-Straße, Parkplatz Sportzentrum Rheinkamp, Im Felde/Danziger Straße, Waldenburger Straße/Isergebirgsstraße 11, Parkplatz Johann-Esser-Platz, Parkplatz Barbarastraße, P2 Parkplatz Nordring Moerser Benden, Parkplatz Friedrich-Ebert-Platz, Parkplatz Schulsporthalle Kirschenallee, Hankewitzstraße, Parkplatz Schlosspark, Parkplatz Elenastraße/Essenberger Straße, Parkplatz Kirmes/Flohmarkt Schwafheim, Bapaume-Platz in Kapellen. „Die genannten 15 Standorte, für deren Bau die Stadt nach Ratsbeschluss noch einen offiziellen Auftrag erteilen muss, sind nicht einfach aus der Luft gegriffen“, sagt Steinbrich. „Jeder einzelne leitet sich aus dem Bedarf ab, der sich aus der Studie ergibt.“ Für den privaten Bereich prognostiziert Enni für Moers – vor dem Hintergrund stark steigender Zulassungszahlen von zwischen 60 und 100 Prozent pro Jahr – einen Zuwachs von mindestens 200 Wallboxen.
Ladeleistung Für all das braucht es – natürlich – ein starkes und stabiles Netz. „In den nächsten Monaten werden wir uns deshalb den Ladebedarf in den einzelnen Ortsnetzen anschauen“, sagt Steinbrich. Heißt: Dort, wo in der Prognose künftig viel geladen wird, wird geprüft, ob das Stromnetzt angepasst werden muss, um eine Überlastung zu vermeiden. Zum Beispiel könnten dickere Kabel verlegt, größere Transformatoren angeschafft oder intelligent Ladesysteme (Smart Grid) installiert werden.
Betreibermodell Beim Betrieb funktioniert das System dann wie folgt: Die Stadt Moers erlässt nach Ratsbeschluss eine Satzung und beaufragt ihre Tochter, die Enni Stadt & Service, mit der Beschaffung der Ladestationen, die die Enni Energie & Umwelt aufbaut, pachtet und betreibt.
Nein zu wasserstoffbetriebenen Autos Auf mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge will Enni in Moers hingegen vorerst verzichten. Das Problem: Wasserstoff fresse mehr Energie, als er liefern kann, sagt Steinbrich. Wo immer sie möglich ist, lohne sich deshalb eher die direkte Nutzung von Strom. „In anderen Bereichen dürfte Wasserstoff hingegen eine Schlüsselrolle für den Klimaschutz einnehmen“, sagt der Enni-Vorstand. In der Stahlproduktion oder der chemischen Industrie zum Beispiel, wo die Nutzung von grünem Direktstrom ökonomisch unsinnig oder technisch unmöglich sei.