Moers Mit "mu-Tiger" für mehr Zivilcourage

Moers · Opfer von Gewaltverbrechen erfahren oft keine Unterstützung von Augenzeugen. Durch Praxistraining sollen Bürger lernen, sich in unangenehmen und gefährlichen Situationen richtig zu verhalten um den Betroffenen zu schützen.

"Ich habe geschrien und niemand hat mir geholfen." Horst Groß hört als Leiter der Kriminalprävention der Kreispolizei oft diesen Satz, wenn Opfer zu ihm kommen, die auf offener Straße bestohlen wurden. "Gleichzeitig gibt es Personen, die Zivilcourage zeigen und eingreifen", berichtet der Polizist aus zahlreichen Gesprächen mit Opfern, die beraubt oder körperlich angegriffen wurden.

Die Polizei will die Anzahl derer, die Zivilcourage zeigen, erhöhen. Das ist Ziel des Projektes "muTiger", das gestern von Landrat Ansgar Müller zusammen mit Vertretern der Kreispolizei und der Stiftung "muTiger" der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. "Die Menschen sollen in unangenehmen und gefährlichen Situationen nicht wegsehen", sagt der Landrat. Doch was sollen sie machen? "Niemand sollte sich selbst in Gefahr bringen", unterstreicht Horst Groß. "Aber Hilfe ist möglich, auch ohne sich selbst in Gefahr zu bringen." Das lernen die, die an einem vierstündigen "muTiger"-Kurs teilnehmen.

Über 1000 waren das seit Mai 2012 bereits im Ruhgebiet. Im April schwappte das Angebot in den Kreis Wesel, das jetzt ausgebaut werden soll. Den Start legte das Gymnasium in Voerde hin. Es bot in einer Projektwoche zur Gewaltprävention, die kurz vor den Osterferien für Schüler der siebten und achten Klassen veranstaltet wurde, "muTiger"-Kurse an. "Das ist bei den Schülern sehr gut angekommen", sagt Johannes Bachteler, Stiftungsvorsitzender. "Das gilt vor allem für die praktischen Übungen." Diese praktischen Übungen, die die Stiftung vor zwei Jahren zusammen mit der Polizei in Gelsenkirchen und Recklinghausen ausarbeitete, vermitteln zurzeit zehn Trainer und 35 Kursleiter im Ruhrgebiet. "Es ist keine Selbstverteidigung, denn körperliche Auseinandersetzung ist zu vermeiden", erläutert Dirk Faßbender, Prokurist der Stiftung, das Anliegen. "Wichtig ist, gemeinsam einzuschreiten und selbstbewusst aufzutreten. Es gilt, das Opfer in den Blick zu nehmen, nicht den Täter. Außerdem ist die Polizei einzuschalten."

Dabei ist das gemeinsame Einschreiten oftmals schwierig. "Je größer die Gruppe ist, desto mehr verlässt sich jeder auf den anderen", sagt Horst Groß. "Dann sind klare Verantwortlichkeiten zuzuordnen, nach dem Motto: ,Du mit dem roten Pullover rufst die Polizei an.'" Auch das Opfer in den Blick zu nehmen und nicht den Täter, fällt den meisten schwer. "Instinktiv schauen fast alle zuerst auf den Täter", sagt Dirk Bachteler. "In den praktischen Übungen lernen sie, dieses Verhalten zu ändern. So sind die Kurse ein Baustein zu den Themen Zivilcourage und Gewaltprävention."

Voraussichtlich im Juni will die Kreisverwaltung einen "muTiger"-Kurs für ihre Mitarbeiter anbieten. Dazu will Ansgar Müller mit den Volkshochschulen im Kreis sprechen, das "muTiger"-Programm anzubieten. Auch kann er sich Kooperationen zwischen Schulen und der Stiftung vorstellen, um an Projekttagen beteiligt zu sein.

(RP)
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