Meinung Dunkelheit in neuem Licht

Der Enni-Vorstand soll eine Empfehlung in Richtung „Licht an“ ausgesprochen haben – was für die Politik die Frage aufwirft, ob sich die Nachtabschaltung in Moers überhaupt noch rechtfertigen lässt.

  Die Nachtabschaltung von Straßenlaternen beschäftigt die Politik in Moers.

Die Nachtabschaltung von Straßenlaternen beschäftigt die Politik in Moers.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Liebe Mitmoerser, was das in der Vergangenheit heiß und emotional diskutierte Thema „Nachtabschaltung“ angeht, ist der Enni offenbar ein Licht aufgegangen. Dem Verwaltungsrat, in dem Mitglieder der Politik sitzen, hat der Vorstand der Stadt & Service in dieser Woche jedenfalls einen Sachstandsbericht zum Thema vorgelegt. Das Ergebnis: Von 150.000 Euro Ersparnis im Jahr 2015 bleiben 2020 aller Voraussicht nach nur noch 50.000 „Gewinn“ übrig. Auch, wenn die Enni nur berichtet und nicht entscheidet, soll der Vorstand eine Empfehlung in Richtung „Licht an“ ausgesprochen haben – was bei der Politik die berechtigte Frage aufwirft, ob sich „Licht aus“ in Moers überhaupt noch rechtfertigen lässt.

Zur Erinnerung: Seit 2015 werden die meisten der rund 8000 Straßenlaternen im Moerser Stadtgebiet nachts – außer an Samstagen und Sonntagen – zwischen 1 und 3.30 Uhr ausgeschaltet. Allein Fußgängerüberwege und Gefahrenstellen werden weiter beleuchtet. Die Maßnahme war damals als Beitrag zur Sanierung des städtischen Haushalts vorgesehen. Befürworter war das ehemalige Ampelbündnis (SPD, FDP, Grüne). Und tatsächlich sanken die Stromkosten auch kurzfristig um 25 Prozent. Dass es dabei angesichts der notwendige Umrüstungen durch EU-Verordnungen auf moderne LED-Technik nicht bleiben würde, war allerdings auch schon damals absehbar.

Inzwischen hat Enni einen Großteil der Laternen auf energiesparende LED umgerüstet. Folge: Der Einspareffekt durch die Nachtabschaltung schmilzt nach und nach ab. 2014 betrug die Stromkostenersparnis 100.600 Euro, 2015 und 2016 waren es gut 66.000 Euro und 2017 insgesamt 61.400 Euro. Gleichzeit klafft im aktuellen Haushalt für 2020 ein fieses Fünf-Millionen-Euro-Loch.

Für die Politik, die sich bereits im Wahlkampf für die Kommunalwahl 2020 befindet, heißt das jetzt: Farbe bekennen. Wer für 50.000 Euro das Licht nachts wieder anknipsen will, muss klipp und klar sagen, wo der Betrag an anderer Stelle eingespart werden kann. Die Entscheidung, ob die Nachtabschaltung rückgängig gemacht wird, fällt der Stadtrat mit der Verabschiedung des Haushalts 2020. Alle großen Fraktionen haben angekündigt, konsequent sparen zu wollen, um den Moersern die von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B zu ersparen. Auf der anderen Seite machen 50.000 Euro aber auch 1,5 Punkte bei der Grundsteuer aus.

Die Politik muss also jetzt das tun, was eigentlich aber eine Selbstverständlichkeit ist: Herausfinden, was den Bürgern wichtig ist und entsprechend handeln. Fest steht: Bei der Einführung hat die Nachtabschaltung zu heftigen Protesten geführt. Eine Zunahme nächtlicher Kriminalität konnte die Polizei zwar nicht feststellen. Was aber bis heute bleibt, ist das mulmige Gefühl und die Erfahrung der Menschen, die nachts in Moers raus müssen: Zeitungsboten, Taxifahrer, Tankstellenkassierer, eigentlich jeder irgendwann einmal. Dass LED den ökologischen Fußabdruck gewaltig verkleinern, kommt noch hinzu. Das damals gute Pro-Nachtabschaltung-Argument „Umweltschutz“ zieht heute also deutlich weniger.

julia.hagenacker@rheinische-post.de

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