Moers Loveparade-Opfer melden sich

Moers · Seit September 2009 gibt es in Moers als erste Anlaufstelle eine Institutsambulanz für Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen. Jetzt suchen dort auch junge Leute Hilfe, die die Duisburger Katastrophe miterlebt haben.

Loveparade-Tragödie: Duisburger trauern
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Loveparade-Tragödie: Duisburger trauern

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Das 17-jährige Mädchen war beim Unglück während der Loveparade dabei. Nun hat sie Schlafstörungen, hat nachts Alpträume. Das Trauma muss aufgearbeitet werden. Die junge Frau hat Hilfe bei der Institutsambulanz für Kinder und Jugendliche in Moers gesucht. Uns es werden voraussichtlich noch wesentlich mehr Loveparade-Geschädigte auf Psychiater Jörn Henning Djachi-Meichsner und Team zukommen. "Wir stellen uns auf Mehrarbeit ein", sagt der Arzt. Die häufigsten Krankheiten und Störungen, die in den Praxisräumen an der Asberger Straße 2 behandelt werden, sind Angst- und Essstörungen, Verhaltensauffälligkeiten, ADS/ADHS, Depressionen und auch Psychosen.

Außenstelle von Bedburg-Hau

Die Institutsambulanz ist sozusagen eine Außenstelle der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Rheinischen Kliniken Bedburg-Hau, so deren Leiterin Dr. Ursula Kirsch. Kinder und Jugendliche sowie teilweise Heranwachsende bis 21 aus Moers und Umgebung, die nicht stationär behandelt werden müssen, können (mit oder ohne Eltern) zur Therapie in die Ambulanz kommen und brauchen nicht nach Bedburg-Hau zu fahren. "Wir bieten systemische Einzel- und Familientherapie, Verhaltenstherapie sowie medikamentöse Einstellung an", berichtet Djachi-Meichsner. Zum Team des 39-jährigen Arztes gehören eine Diplom-Psychologin, eine Diplom-Pädagogin sowie eine Ergotherapeutin.

20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland werden als verhaltensauffällig oder psychisch krank diagnostiziert — Tendenz steigend, sagt Ursula Kirsch, die auch Stellvertretende Ärztliche Direktorin der Bedburg-Hauer Landesklinik ist. Hyperaktivität, Verhaltensauffälligkeiten — die Ursprungsgründe sind mannigfaltig und nicht so einfach zu erklären. Was sicherlich feststeht, ist, dass psychische Störungen bei Kindern von sozialen Bindungen abhängig sind. Oft treten Probleme auf, wenn sie von der Grund- zur weiterführenden Schule wechseln.

"Sie scheitern an dieser Schnittstelle, vermissen die soziale Bindung der Grundschule", erläutern die Ärzte. "Kinder müssen heute mehr Anpassungsleistungen erbringen." In den hellen Ambulanzräumen wird viel mit Gesprächen gearbeitet, aber auch mit Spielen: Bei Geduld- und Strategiespielen erkennen die Therapeuten sehr schnell, ob und wie lange sich ein junger Patient konzentrieren kann. Der Kontakt zur Ambulanz, die im September 2009 ihren Betrieb aufnahm, kommt vorrangig über niedergelassene Ärzte, Schulen und Ämter zustande.

"Wir haben regen Zulauf", sagt Djachi-Meichsner. Da die Räume an der Asberger Straße 2 zum einen nicht mehr ausreichen und der Hausbesitzer, das St.-Josef-Krankenhaus, einen Abriss und Neubau plant, wird die Institutsambulanz bis Ende 2010 umziehen, möglicherweise in die Nähe des Bethanien-Krankenhauses. Es sei mittelfristig in Moers eine Tagesklinik mit zwölf Plätzen geplant, so Kirsch.

(RP)
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