Moers Kulturaustausch am Küchentisch

Moers · In zwei Repelner Familien waren der Kenianer Graham Nyaberi und der Syrer Dilshad Al Hashmi zu Gast. Bei dem Studenten-Austausch geht es darum, den Alltag in Deutschland kennenzulernen.

 Dilshad Al Hashmi (links) verbrachte zwei Wochen bei Claudia Ihlo in Moers. Graham Nyaberi war in einer anderen Repelner Familie untergebracht.

Dilshad Al Hashmi (links) verbrachte zwei Wochen bei Claudia Ihlo in Moers. Graham Nyaberi war in einer anderen Repelner Familie untergebracht.

Foto: Dieker Klaus

Am Küchentisch von Claudia Ihlo ist das Wetter Gesprächsthema. Das fällt Graham Nyaberi nämlich als erstes ein, wenn er sein Heimatland Kenia mit Deutschland vergleicht: "Hier bleibt es länger hell", sagt der 27-Jährige, "in Nairobi wird es schon ab 19 Uhr dunkel." Neben ihm sitzt Dilshad Al Hashmi aus Syrien. Beide haben an einem Austausch teilgenommen, den der gemeinnützige Verein "Experiment" koordiniert hat. Die Organisation mit Sitz in Bonn vermittelt unter anderem ausländische Studierende, die an einer deutschen Hochschule eingeschrieben sind in Gastfamilien - dadurch sollen sie die Kultur und das Alltagsleben in ihrer neuen Umgebung besser kennenlernen.

Die Moerserin Claudia Ihlo nimmt seit elf Jahren Austauschschüler und Studenten in ihrem Haus in Repelen auf - drei von ihnen blieben ein Jahr, andere nur einige Wochen. So auch Dilshad Al Hashmi. 14 Tage wohnte er bei Claudia Ihlo.

Der 34-Jährige kommt aus Syrien und ist seit drei Jahren in Deutschland. Bald möchte er seinen Master in Psychologie beginnen. Einen Bachelorabschluss in Psychologie hat er in Syrien gemacht. Um sich für den Masterstudiengang einschreiben zu können, muss er mit einem Zertifikat gute Sprachkenntnisse nachweisen. Den Aufenthalt bei Claudia Ihlo nutzte der 34-Jährige so auch um sein Deutsch zu verbessern. "Vor allen Dingen, ging es mir aber darum, nette Leute kennenzulernen", erzählt er. Denn auch das ist ein Ziel des Studierenden-Austausch, den der Verein "Experiment" in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt organisiert.

Graham Nyaberi war in einer anderen Repelner Gastfamilie untergebracht. Er hat über den Verein in Kooperation mit dem Goethe-Institut an einem Austausch für junge Deutschlehrer aus Subsahara-Afrika teilgenommen. Der 27-Jährige unterrichtet an einer Privatschule in Nairobi und wollte durch den Familien-Aufenthalt möglichst viele Einblicke in die Kultur gewinnen. Dilshad Al Hashmi und er haben viel Zeit mit ihren Familien verbracht, sie gingen gemeinsam zum Sport oder spazieren. Für die Moerserin ist es wichtig, dass die Aktivitäten nicht den Charakter eines "außergewöhnlichen Bespaßungsprogramms" haben. "Darum geht es bei dem Austausch gar nicht", erzählt sie, "die jungen Menschen wollen die Gegend nicht als Tourist erkunden, sondern den normalen Alltag in einer Familie kennenlernen." Nur eine Regel hat Claudia Ihlo für ihre internationalen Gäste: Sie müssen einmal während ihres Aufenthalts ein Gericht aus ihrer Heimat kochen. Ein Muss das der Syrer allzu gern erfüllt hat: Für Claudia Ihlos Freunde und Familie machte er "Maklube", ein syrisches Reis- und Gemüsegericht mit Hähnchen. Die Zubereitung hat der 34-Jährige für seine "Gastmutter" notiert. Sie hat mittlerweile eine ganze Sammlung von internationalen Rezepten.

Nicht nur so haben ihre "Familienmitglieder auf Zeit" Spuren in ihrem Leben hinterlassen: "Sie schreiben mir Postkarten oder kommen mich noch besuchen", sagt Ihlo und fügt hinzu, "es ist schön, die Türen für Menschen zu öffnen, die sich für andere Kulturen interessieren", sagt sie. Aber auch für sie selbst sei es jedes Mal eine Bereicherung: "Man beginnt über sich selbst und seine Ansichten nachzudenken." Als Beispiel nennt sie das Schimpfen über den verspäteten Nahverkehr. Denn oft hat die Moerserin von ihren Austauschgästen gehört: "Warum stört euch das, ihr habt so eine gute Infrastruktur." Kaum hat Claudia Ihlo es ausgesprochen, bestätigen Graham Nyaberi und Dilshad Al Hashmi ihre Beobachtungen. Nach all den neuen Eindrücken heißt es nun für die beiden Abschied nehmen: Für Graham Nyaberi geht es zurück nach Nairobi, Dilshad Al Hashmi wird sich in Bochum auf seine Deutschprüfung vorbereiten.

(ubg)
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