Moers Knacki, Künstler, Komiker

Moers · „Keulenspiegel“, wie sich der Aachener Heribert Zimmermann nennt, hat immer wieder durch spektakuläre Gerichtsprozesse Aufmerksamkeit erregt. Jetzt ging eine Verhandlung daneben: Der 61-Jährige ist in der JVA Moers.

„Richtergenesungswerk“ steht auf der Mütze, auf der Uniform ebenfalls. Nein, er mag die Justiz nicht, gibt „Keulenspiegel“ zu. „Aber ich bekämpfe sie mit Witz“.

Keulenspiegel ist ein Künstlername: Eigentlich heißt der Mann Heribert Zimmermann. Der 61-Jährige versteht sich als Sozialkünstler, Justiz-Provokateur, Guerilla-Marketingstratege. In den vergangenen Jahrzehnten hat der Mann aus Aachen immer wieder durch spektakuläre Gerichtsprozesse, die er bewusst provoziert hat, auf sich aufmerksam gemacht. Um auf Defizite in der deutschen Rechtsprechung aufmerksam zu machen. „Die Kunst besteht darin, ein Delikt zu begehen, aber nicht dafür bestraft zu werden“, erläutert der Neu-Moerser.

Neu-Moerser? Ja, denn wie bereits einmal in den 80er Jahren hat es kürzlich in Berlin mit einem Prozess nicht so gut geklappt, und Zimmermann ist im offenen Vollzug Kapellen gelandet. 15 Monate muss er absitzen wegen Betrugs: Er entwendete seiner damaligen Freundin die Kreditkarte – „aber nur, um die Frau wieder zu sehen, und zwar vor Gericht“, so „Keulenspiegels“ Erklärung.

Spektakulär war zum Beispiel der „Samenbank-Prozess“: Der Schriftzug „Samenbank NRW“ auf seinem Mercedes-Leichenwagen erzürnte Anfang der 90er Jahre die Nachbarn im Eifeler Örtchen Antweiler. Auch der Sarg auf Rädern, denn Zimmermann gelegentlich mit dem Fahrrad durch Aachen zieht, ist legendär. Oder die „Köpenickiade“: Um in den Knast zu kommen und dort seine Papiere abholen zu dürfen, beging er – uniformiert im Stile des Hauptmannes von Köpenick – Zechprellereien in teuren Restaurants.

Wenn er raus ist, möchte der in Aachen gemeldete Hartz-IV-Empfänger sein Guerilla-Marketing vorantreiben: Er propagiert zum Beispiel eine neue Form des Trampens: als Mitfahrer auf Bahnkarten für mehrere Personen. Zimmermann: „Ich habe noch viel vor.“

(RP)
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