Moers Kleist, die Zweite: Amphitryon

Das Schlosstheater hat eine Spielzeit lang das Bedürfnis des Menschen nach Sicherheit ausgelotet. In der letzten Inszenierung vor der Sommerpause spitzt es die Thematik noch weiter emotional auf ein Grundbedürfnis zu: die Sicherheit der eigenen Identität. Heinrich von Kleist liefert dem Moerser Theater dazu die Vorlage: Amphitryon. Die Premiere ist am Donnerstag, 23. April, 19.30 Uhr, im Schloss. Für die Inszenierung gewann das Theater Matthias Schönfeldt, der sich bisher vor allem als Opernregisseur einen Namen gemacht hat. Er wird unterstützt von Bühnenbildnerin Birgit Angele, mit der ihn eine langjährige Arbeitsfreundschaft verbindet.

Kleist, der Amphitryon nach der gleichnamigen Komödie von Molière entwickelt hatte, legt aus Sicht des Schlosstheaters den Fokus auf einen Identitätsdiebstahl. Der siegreiche Feldherr kehrt zu seiner Frau Alkmene zurück. Sie behauptet, mit ihm noch vor wenigen Stunden eine Nacht verbracht zu haben. Tatsächlich war es Göttervater Jupiter, der Alkmene nachstellte. "Für Kleist war sie der Ausgangspunkt. Sie wurde in der Liebesnacht getäuscht", betont Schönfeld, der erstmals in Moers inszeniert. "Wir folgen Heinrich von Kleist, gehen aber in seinem Sinne weiter und zwängen das Stück nicht in einen Komödienschluss." Und was bleibt, wenn das Theater den Pfad der komödiantischen Aufklärung verlässt? "Eine Konsequenz kann vor dem Hintergrund der Verwirrungen auch Wahnsinn sein", sagt der Regisseur. Um die Verunsicherung auch bei den Zuschauern zu verstärken, haben die Schauspieler Doppelrollen übernommen.

Frank Wickermann spielt Amphitryon und Jupiter, Matthias Heße ist Diener Sosias und Merkur. "Es ist besonders für Matthias Heße eine Herausforderung, denn beide Figuren sind häufig zusammen auf der Bühne", erklärt Schönfeldt. Das Angebot, in Moers Amphitryon zu inszenieren, sei eine Ehre gewesen, sagt der Regisseur. Nicht nur, weil es ihm die Möglichkeit bietet, Schauspiel pur zu inszenieren, sondern auch, weil er Heinrich von Kleist sehr innig kenne. "Ich habe ihn als junger Student gelesen, viele Inszenierungen gesehen." Amphitryon sei ein schwieriges Stück, weil es sich lesend schnell erschließt, auf der Bühne aber schwierig zu realisieren sei. "Viele übertragen es ins Heute, dabei gehen oftmals aber wesentliche philosophische Gedanken verloren", sagt Schönfeldt. "Das Stück hat uns auch zum Menschen Kleist geführt." Bei ihm gehe es nicht nur um das Ich, sondern darum, sich selbst zu finden in der Begegnung mit einem anderen.

(aka)
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