Kirche in Zeiten von Corona „Als Christen sind wir nicht allein“

Moers · Die Kirchen suchen neue Formen des Gemeindelebens, nachdem mit der Coronakrise Gottesdienste und klassische Formen nicht mehr erlaubt sind. Superintendent Wolfram Syben will das Miteinander stärken, zum Beispiel mit einem Gebet zum neuen abendlichen Glockenläuten.

 Superintendent Wolfram Syben.

Superintendent Wolfram Syben.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Wenn zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, bin ich mitten unter ihnen“, hat Jesus seinen Jüngern gesagt.

Wolfram Syben Wir leben in einer Situation, in der wir vieles, was wir gewohnt sind, nicht mehr wahrnehmen können. Auch Gottesdienste, die uns eine Herzensangelegenheit sind, können wir derzeit nicht in der gewohnten Form am selben Ort miteinander feiern. Auch wenn es uns sehr schwerfällt, tun wir es im Moment nicht, um Menschen vor der Ansteckung durch das Coronavirus zu schützen. So ist das Leben der Christinnen und Christen massiv eingeschränkt, in dessen Mittelpunkt Jesus Christus und die Gemeinschaft stehen.

Die Superintendenten der Kirchenkreise im Rheinland haben sich am Dienstag bei einer Videokonferenz mit Manfred Rekowski, dem Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, besprochen. Bei dieser ersten Videokonferenz der Evangelischen Kirche im Rheinland waren sie sich von Saarland über Köln bis Kleve einig, ...

Syben … die weitreichenden Einschränkungen der Ordnungsbehörden mitzutragen, auf der Ebene von Bund und Land genauso wie auf der Ebene von Kreis und Kommune. Es geht um den Schutz der Bevölkerung. Unser kirchlicher Auftrag heißt – um es mit einem Wort des Propheten Jeremia zu sagen – immer auch: „Suchet der Stadt Bestes“, (Jeremia, Kap. 29., Vers 11). Und das bedeutet ganz konkret, jetzt alles dafür zu tun, dass möglichst wenige Mitmenschen zu Schaden kommen. Von allen Teilnehmern war ein großes Bemühen zu spüren, der christlichen Botschaft, der guten Botschaft, Raum zu geben, den Menschen Ermutigung und Trost zu spenden.

Deshalb suchen Kirchenkreis und Kirchengemeinden neue Wege, wie sie lebendige Gemeinde sein können?

Syben Solidarisch und geschwisterlich, miteinander und für andere, mit gegenseitiger Hilfe, Seelsorge und auch mit Gottesdiensten. Unsere Pfarrerinnen und Pfarrer sind für die Menschen da. Sie sind über Telefon, Email und Chat erreichbar. Konkret haben wir auf der Internetseite des Kirchenkreises einen neuen Link „www.miteinander-abstand-halten.de“ gesetzt. Darüber könnten auch Gottesdienste angesehen werden. Wir wollen Gemeinschaft in jedweder Form ermöglichen, auch wenn wir uns zurzeit nicht „analog“ versammeln können.

Gibt es dann Gottesdienste in der Moerser Stadtkirche mit einer Pfarrerin oder einem Pfarrer und einem Organisten oder eine Organistin, die live über das Internet übertragen wird?

Syben Es gibt bereits eine ganze Reihe von geistlichen Angeboten für Andachten und Gottesdienste in den Kirchengemeinden unseres Kirchenkreises, zum Bespiel von den Kirchengemeinden Essenberg-Hochheide und Homberg gemeinsam, der Friedenskirchengemeinde in Rheinhausen. Evangelische Kirchengemeinden in der Kommune Rheinberg sind ebenfalls aktiv. Auch andere Kirchengemeinden organisieren Andachten und Gottesdienste über die sozialen Medien. Darüber hinaus weisen wir auf die reichhaltigen Angebote von Andachten und Gottesdiensten hin, die von den christlichen Kirchen im Radio, im Fernsehen und im Internet angeboten werden und wir laden herzlich zur Teilnahme ein!

Es gibt Menschen, die kein Internet haben, zum Beispiel ältere.

Syben Das berührt einen schmerzlichen Punkt, denn wir können in der jetzigen Lage nicht alle Gemeindeglieder gleichermaßen erreichen. Eine Möglichkeit besteht zum Beispiel darin, dass erwachsene Kinder mit ihren Eltern gemeinsam einen Gottesdienst anschauen und gemeinsam beten. Natürlich immer mit dem nötigen Abstand. Oder ihren Eltern und älteren Verwandten technische Hilfe zukommen lassen, damit diese auch Zugang zu den im Internet bereitgestellten Angeboten bekommen können. Auch werden in mehreren Gemeinden Andachten und Predigten in Papierform für die Gemeindeglieder ausgelegt oder verteilt oder es gibt Telefonketten, um miteinander im lebendigen Kontakt zu bleiben. Viele Gemeinden haben zudem bereits Nachbarschaftshilfen organisiert, zum Beispiel zum Einkaufen oder zum Besorgen von Rezepten. So wird christliche Nächstenliebe ganz konkret.

Am vergangenen Donnerstag wurde das Geläut der Kirchenglocken gestartet, zum Beispiel in der Repelener Dorfkirche.

Syben In Abstimmung mit den katholischen Dechanten habe ich die Gemeinden unseres Kirchenkreises zu einem Ökumenische Glockengeläut aufgerufen. In den linksrheinischen Gemeinden in Duisburg, in Moers, Kamp-Lintfort und Rheinberg läuten die Glocken täglich von 19.30 bis 19.45 Uhr. In Neukirchen-Vluyn läuten sie von 19.00 bis 19.05 Uhr. Das Geläut soll zum persönlichen Gebet und zum Vater Unser einladen. Es soll einladen, zu dieser Zeit Kerzen ins Fenster zu stellen. Menschen erleben so spürbar, hörbar und sichtbar das Verbundensein untereinander im Glauben. Sie merken: „Ich tue es nicht allein. Ich bin nicht allein. Wir sind miteinander. Wir sind als Christinnen und Christen nicht allein.“ In der Sorge und im Trost hilft das uns und den Städten jetzt sehr.

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