Moers Junges StM spielt ein Stück über Krieg

Moers · Die Kapelle an der Rheinberger Straße ist Spielort für ein ungewöhnliches Stück, das das Junge StM zeigt. Ein Kriegsstück hat Autor Wolfram Lotz sein Hörspiel "Die lächerliche Finsternis" genannt und greift damit Kriegsschauplätze in einer globalisierten Welt auf.

 Drei der vier Schauspieler. Sie sind treue Mitglieder des Jungen StM. Das Stück feierte in der Kapelle Premiere.

Drei der vier Schauspieler. Sie sind treue Mitglieder des Jungen StM. Das Stück feierte in der Kapelle Premiere.

Foto: Maddalena Brunzel.

Zum Schluss sitzt das Publikum in der Kapelle an der Rheinberger Straße völlig im Dunkeln. Und es soll einige Augenblicke dauern, bis das Licht wieder angeht. Geblieben sind auf der Bühne nach einem turbulenten Theaterabend in einer eher winterlich kalten Kapelle Reste: zwei Melonenhälften. Kerne und Fruchtfleisch haben sich verteilt. Unmotiviert liegt ein glitzernder Strumpf auf dem Boden. Das Publikum findet die Sprache wieder und freut sich mit den Schauspielern Farahs Emami, Helge Gebel, Robert Hüttinger und Noel Telizin über eine gelungene Aufführung.

"Seit den Sommerferien standen intensive Proben an", sagte Regisseur Holger Runge über das Hörspiel "Die lächerliche Finsternis". Die bereits bühnenerfahrenen Darsteller haben in der Tat ihre Schlacht geschlagen. Als Jugendstück lässt sich Lotz' Hörspiel nicht bezeichnen, es verlangt vom Publikum das blitzschnelle Umswitchen auf die verschiedenen Handlungsstränge, Personen und Orte. Worum geht es? Ultimo ist eigentlich Fischer, der sich vor einem Hamburger Gericht als somalischen Pirat verantworten muss. In seinem Rückblick auf die Geschehnisse berichtet er, dass er ein Diplomstudium der Piraterie an der Hochschule von Mogadischu absolviert hat, nachdem heimische Fischgründe von reichen Nationen leergefischt sind. Themen wie Kolonialismus und Neokolonialismus drängen sich auf. Weltverändernde Ereignisse, für die Taliban, Nato und Blauhelme sorgen, kommen zur Sprache. Alles ist im Fluss, Länder, Kontinente verschwinden in ihren Grenzen. Der Hindukusch verwandelt sich vom Gebirge in einen Fluss. Afghanistan wird zum Dschungelgebiet, dunkel und uneinnehmbar. Ein selbstgeschaffenes Krisengebiet entsteht, in der die Gleichzeitigkeit der Weltereignisse ihren Lauf nimmt. Das Stück ist nicht verortet, sondern spielt im Schlund der Globalisierung, wie Noel Telizin später in einer seiner Rollen sagen wird. Parallel dazu sucht der deutsche Hauptfeldwebel Pellner (Helge Gebel) mit dem Gefreiten Stefan Dorsch (Farahs Emami) an einem afghanischen Fluss einen durchgeknallten Offizier, der in einer Art Lagerkoller zwei Kameraden getötet hat. Hörens- und sehenswert die Dialoge zwischen dem Lippenbär und Panja, dem Figurenspiel mit Glitzersocke. Der Zuschauer erlebt junge Schauspieler von besonderer Qualität und Spielfreude in gleich mehreren Rollen. Dass das Publikum am Ende in der Kapelle im Dunklen und somit am Ende der Welt sitzt, dürfte auch an die Aufforderung gekoppelt sein, das eigene Ich neu kennenzulernen. "Bei der Flut von Nachrichten und neuen Kriegsereignissen geht es uns doch auch so, dass wir nichts mehr sortiert bekommen. Da kommen dann die Talkshows und Sondersendungen ins Spiel, damit wir das Fremde und die entfernten Kriege verstehen, an denen wir sogar teilnehmen", sagte Runge nach der Aufführung. Leichtfertigkeit in der Urteilsbildung, im Umgang mit der Welt, den Menschen, ihren Kulturen und die Grausamkeit von Kriegen prangert Lotz an. Er schrieb 2013 das Stück, das mittlerweile mehrfach aufgeführt und zum besten deutschen Theaterstück der vergangenen Spielzeit gewählt wurde.

Weitere Aufführungstermine sind Dienstag, 21., und Mittwoch, 29. November, jeweils 19.30 Uhr, und Sonntag, 10. Dezember, 18 Uhr. Eintrittskarten kosten 7 Euro, ermäßigt 3,50 Euro. Infos und Reservierung unter 02841 88 34 110.

(sabi)
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