Moers Junge Flüchtlinge starten ins Berufsleben

Moers · Der Betreuungsverein der Diakonie im Kirchenkreis Moers hat sieben unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die eine Ausbildung absolvieren.

   Amadou Cham und Kevin Poferl bei der Ausbildung.

  Amadou Cham und Kevin Poferl bei der Ausbildung.

Foto: Diakonie Moers

Der Weg vom Motorenöl bis zum Speiseöl war lang: In der Werkstatt seines Vaters in Gambia schraubte Amadou an Autos, Motorrädern und Schiffsmotoren. An diesem Vormittag in Neukirchen-Vluyn zieht der junge Mann zusammen mit seinem Azubi-Kollegen frisch gerollten Croissant-Teig durch das Laugenbecken. Die feuchten Rohlinge wälzt er in einer Lage Sonnenblumenkerne. „Mir gefällt es hier“, sagt der 20-jährige. Jetzt begann für den jungen Mann, der ohne seine Eltern aus dem westafrikanischen Land nach Deutschland flüchtete, das zweite Jahr seiner Ausbildung zum Bäcker. Für Amadou bedeutet die Arbeit in der Bio-Bäckerei eine Chance. „Wenn die Abschlussprüfung einigermaßen ausfällt, kann er gerne bei uns bleiben“, sagt Bäckerei-Chef Andreas Schomaker.

Kirstin Germer vom Betreuungsverein der Diakonie im Kirchenkreis Moers freut sich über die Perspektive ihres Schützlings. Zusammen mit einer Kollegin vertritt sie als Vormund die Rechte von 35 unbegleiteten Flüchtlingen, die als Jugendliche alleine nach Moers gekommen sind. Die Jungen und Mädchen sind zwischen acht und 20 Jahren alt. „Nach dem Recht mancher Länder wird der rechtliche Status der Volljährigkeit erst mit 21 Jahren erreicht, sodass manche der Jugendlichen unter unserer Vormundschaft bereits über 18 sind“, sagt Germer.

Sieben von ihnen befinden sich derzeit in einer Berufsausbildung. Fünf hatten jüngst ihren ersten Tag als Azubis. Zwei junge Leute starteten eine Ausbildung als Tiefbaufacharbeiter, zwei begannen eine Lehre zum Verkäufer, ein angehender zahnmedizinischer Fachangestellter nahm seine Ausbildung auf und neben Amadou machte sich noch ein weiterer junger Geflüchteter auf den Weg zum Bäckergesellen. Bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz unterstützte das Vormundschaftsteam nach Kräften. Die Vormünder nahmen zum Beispiel Kontakt mit Arbeitgebern auf, begleiteten zusätzlich zu den pädagogischen Betreuern, die den Jugendlichen vom Jugendamt zugeteilt sind, das Erstellen der Bewerbungen.

Für die jungen Geflüchteten ist der Ausbildungsplatz von existenzieller Bedeutung. „Viele von ihnen besitzen nur den Status der Duldung“, erläutert Germer. Doch wer eine Ausbildung erfolgreich absolviert und im Anschluss binnen einer Frist von sechs Monaten eine Anstellung findet, erhält das Recht, dauerhaft in der neuen Heimat zu bleiben. „Für die jungen Leute schafft das einen zusätzlichen großen Druck. Denn die Flucht und das Leben im neuen Land ohne die Familie bedeuten schon eine immense Belastung“, weiß Vormund Germer.

Auch für Amadou gestaltete sich der Weg in die Ausbildung herausfordernd: In den ersten Wochen seiner Ausbildung machte er sich in der Nacht von einer Gemeinschaftsunterkunft aus auf den Weg zur Arbeit. Das Zusammenleben auf engem Raum vertrug sind nicht gut mit den Arbeitszeiten des angehenden Bäckers.

Der Umzug in eine kleine Wohnung mit zwei weiteren Geflüchteten brachte nur wenig Erleichterung. „Jetzt habe ich ein Zimmer an der Baerler Straße gefunden“, freut sich Amadou. Von dort startet er nun am sehr frühen Morgen per Fahrrad zum Ausbildungsplatz.

Dass sich der Aufwand für den angehenden Bäcker lohnt, davon ist Schomaker überzeugt. „Hier bei uns können Azubis noch richtiges Handwerk erlernen, anders als in einer Großbäckerei. Diese Fähigkeit ist weltweit bei kleineren Betrieben gefragt. Da stehen die Türen weit offen.“

(RP)
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