Moers Innenminister: "Es ist so sicher wie nie zuvor"

Moers · "Sicher leben in Moers und NRW" war gestern Abend ein Forum im Saal der Alten Volksschule Moers überschrieben. Ralf Jäger, Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, stellte sich den Fragen der Gäste.

 "Ein Innenminister kann nie sagen: Ich hab genug Polizei": Ralf Jäger bei seinem Besuch in Moers gestern Abend.

"Ein Innenminister kann nie sagen: Ich hab genug Polizei": Ralf Jäger bei seinem Besuch in Moers gestern Abend.

Foto: Klaus Dieker

"Politik muss Zuversicht schaffen", lautete eine der Botschaften Ralf Jägers. Und dieser Aufgabe widmete er sich gestern Abend mit großer Überzeugungskraft. Im Saal der Alten Volksschule (SCI) stellte er dar, warum es aus seiner Sicht "so sicher wie nie zuvor" sei. Seit Jahren verzeichne die Kriminalstatistik sinkende Zahlen: Insgesamt 50 Prozent weniger Gewaltverbrechen, 20 Prozent weniger sexuelle Nötigungen und Vergewaltigungen, 30 Prozent weniger Handtaschenraube, 30 Prozent weniger Jugendkriminalität . . .

Jäger war auf Einladung des SPD-Landtagsabgeordneten Ibrahim Yetim in Moers. Yetim hat eine Reihe von "Foren" ins Leben gerufen. Im Dezember hieß das Thema "Salafismus", gestern Abend ging es um die Innere Sicherheit. Moderator war Jan Jessen, Politikchef der NRZ in Essen.

Dass viele Menschen sich trotz der beeindruckenden Kriminalstatistik unsicher fühlen, weiß Jäger natürlich. Dieses Gefühl müsse die Politik ernst nehmen. Viele Menschen wünschen sich mehr Polizeipräsenz, und diesem Wunsch komme die Landesregierung nach. Die Ausbildung bei der Polizei laufe auf Hochtouren. "Wir haben gegenüber 2010 fast 1000 Beamte mehr auf der Straße", sagte Jäger. "Und diese Zahl wird weiter wachsen." 100-prozentige Sicherheit gebe es nicht, sagte Jäger. "Aber wir sind nah dran." Und er betonte, dass die Politik nicht so tun dürfe, als könnte der Staat Anschläge wie den auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin vollständig verhindern. Gleichwohl: Viele schwere geplante Anschläge hätten die Behörden in den vergangenen Jahren tatsächlich rechtzeitig aufgedeckt und vereitelt.

Jäger gab zu, dass im Falle des Attentäters von Berlin, Anis Amri, viele Fehler gemacht worden seien. Dass dieser sich als Flüchtling unter 14 verschiedenen Namen in Deutschland bewegen konnte, sei auf eine Überlastung der Ausländerbehörden nach der großen Flüchtlingswelle vor zwei Jahren zurückzuführen gewesen. "Heute wäre so etwas nicht mehr möglich", versicherte Jäger, der selbst in der Kritik steht, weil Amri sich zeitweise in NRW aufgehalten hatte. Im "Fall Amri" sei zwar viel schiefgelaufen, sagte Jäger. "Aber wir sollten deshalb nicht alles infrage stellen, was erfolgreich läuft."

Jäger stellte auch klar: "Der Eindruck, dass Flüchtlinge Anschläge begehen, ist falsch." 80 Prozent der 550 als Gefährder eingestuften Menschen in Deutschland seien hier aufgewachsen und sozialisiert worden. "Wir müssen uns fragen: Was läuft in unserer Gesellschaft schief?" Die sich radikalisierenden Menschen fühlten sich ausgegrenzt, sie seien von Versagensängsten getrieben und für einfache Antworten auf komplizierte Fragen empfänglich. "Minderheiten ausgrenzen ist ein Nährboden für Extremismus", lautete Jägers Schlussfolgerung. Einer Forderung aus dem Publikum, "Hasspredigern" das Handwerk zu legen, widersprach der Innenminister. "Gesinnung können wir nicht verbieten." Im Rechtsstaat Deutschland dürfe zum Glück jeder seine Meinung äußern, und sei sie auch noch so dumm. Der Staat greife erst dann ein, wenn jemand seine Meinung "gewaltbereit auslebt". Jäger warb dafür, die Errungenschaften unserer offenen, demokratische Gesellschaft nicht aus Angst zu opfern. Denn genau das sei das Ziel der Terroristen. Genauso dürfe man sich das Feiern im Karneval "nicht vermiesen lassen". Es gebe keine Hinweise dafür, dass Karnevalszüge gefährdet seien. Er selbst werde feiern, obwohl er kein großer Karnevalist sei. "Aber meine Frau ist Kölnerin, da kann ich mich nicht immer entziehen."

Jäger trat auch dem Eindruck entgegen, es gebe "No Go Areas", in die sich selbst die Polizei nicht traue; Duisburg-Marxloh wird gerne als Beispiel genannt. "Es gibt keine rechtsfreien Räume in Deutschland", sagte Jäger entschieden. Durchaus gebe es aber Stadtviertel mit massiven Problemen, in denen die Polizei jeden Verstoß ahnden müsse. Er gehe auch ohne Personenschutz zu seinem "Lieblingstürken" in Marxloh.

(RP)
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