Herztag in Moers Todesursache Nummer 1 im Kreis Wesel

Moers · Auf dem 16. Moerser Herztag am St.-Josef-Krankenhaus referiert Chefarzt Stefan Schickel über das Vorhofflimmern. Warum Herz-Kreislauferkrankungen nach wie vor Todesursache Nummer 1 im Kreis Wesel sind.  

Das menschliche Herz ist etwa faustgroß. 
  Foto: St-Josef-   Krankenhaus

Das menschliche Herz ist etwa faustgroß. Foto: St-Josef- Krankenhaus

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Das Herz ist zuverlässig wie ein Uhrwerk – gewissenhaft versieht es ein Leben lang seinen Dienst und schlägt so über zwei Milliarden Mal in einem Menschenleben. „Dennoch kann es durch Herzrhythmusstörungen, den sogenannten Arrhythmien aus dem Takt geraten“, erklärt Stefan Schickel, Chefarzt der Klinik für Kardiologie am St.-Josef-Krankenhaus in Moers. Eine der häufigsten Arrhythmien sei das Vorhofflimmern – mehr als 1,8 Millionen Menschen in Deutschland würden darunter leiden – teilweise noch unentdeckt. „Das kann ernste Folgen haben“, erklärt der Kardiologe. „Zum Beispiel einen Schlaganfall oder die Entwicklung einer Herzschwäche“, sagt er und fügt hinzu: „Mit zunehmendem Lebensalter steigt das Risiko für Vorhofflimmern.“

Stefan Schickel (Klinik für Kardiologie).

Stefan Schickel (Klinik für Kardiologie).

Foto: St Josef Krankenhaus

Die Symptome können Herzklopfen, Herzstolpern, aber auch neu aufgetretene Leistungsschwäche, Luftnot, Brustschmerzen, Schwindel und Bewusstlosigkeit sein. Aber auch Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Herzklappenfehler sowie verstärkter Alkoholkonsum und eine Überfunktion der Schilddrüse könnten eine Rolle spielen, so der Chefarzt. Kardiologen könnten das Vorhofflimmern sowie auch andere Herzrhythmusstörungen sicher im EKG und Langzeit-EKG nachweisen. Patient und Patientinnen haben die Möglichkeit, Herzrhythmusstörungen mit einer Selbst-Pusmessung oder mit Unterstützung einer Smart-Watch festzustellen. „Vor der Behandlung klären wir die Ursachen und kardialen Grunderkrankungen des Vorhofflimmerns mittels Ultraschall des Herzens, EKG, Ergometrie und in manchen Fällen mit einer Herzkatheteruntersuchung ab“, berichtet Schickel. Neben einer medikamentösen Behandlung stünden auch eine elektrische Kardioversion („Elektroschock“) oder auch eine Verödungstherapie mittels speziellem Herzkatheter zur Verfügung.

„Für jeden Patienten kann heute anhand von moderner Risikokalkulation eine optimale Therapiestrategie bestimmt werden“, betont der Chefarzt, „wichtig ist für die meisten Patienten die Einleitung einer medikamentösen Blutverdünnung zur Verhinderung von Schlaganfällen.“

Am Mittwoch, 19. Oktober, referiert Schickel über Vorhofflimmern und andere Arrhythmien und stellt moderne Diagnosen vor. Im Anschluss an den Vortrag besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Eine Anmeldung zu diesem kostenlosen Vortrag ist nicht erforderlich. Es gelten die allgemein gültigen Hygienevorschriften. Besucher werden gebeten, eine FFP2-Maske zu tragen.

Im Jahr 2020 sind im Kreis Wesel laut den aktuellen Daten des Statistischen Landesamts NRW 1870 Menschen an Herz-Kreislauferkrankungen gestorben, dies entspricht 30,6 Prozent aller Todesfälle. „Damit waren die Herz-Kreislauferkrankungen, wie schon seit Jahrzehnten, die Todesursache Nummer eins im Kreis“, so Michael Lobscheid von der Krankenkasse IKK classic. „Zweithäufigste Todesursache waren Krebserkrankungen, gefolgt von Krankheiten des Atmungssystems.“ Die häufigste Herz-Kreislauferkrankung sei dabei die koronare Herzkrankheit, bei der es durch Verengung der Kranzgefäße zu einer mangelnden Durchblutung des Herzens kommt. Im schlimmsten Fall führe sie zum Herzinfarkt, heißt es in einer Pressemitteilung. Auf dem zweiten Platz folge die Herzschwäche, die oft eine Folge anderer Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck, Herzklappenerkrankungen oder Herzrhythmusstörungen ist. „Ein großer Teil dieser Erkrankungen lässt sich dabei auf das persönliche Verhalten zurückführen, wenig Bewegung, Rauchen, zu hoher Alkoholkonsum und Übergewicht sind hierbei die wichtigsten Faktoren“, so Michael Lobscheid.

Im Gegensatz zur landläufigen Meinung setze die Kälte im Winter dabei Betroffenen mehr zu als sommerliche Hitze. So habe eine US-Studie aus dem Jahr 2013 egeben, dass im Winter die Zahl der Todesfälle um 26,0 bis 36,0 Prozent steigt. Die Wissenschaftler machen hierfür hauptsächlich die Belastung durch die Temperaturunterschiede zwischen den beheizten Wohnungen und den kalten Außentemperaturen sowie schlecht Ernährung und zu wenig Bewegung verantwortlich.

Prinzipiell sei Bewegung auch im Winter gut für das Herz. Aber: Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen sollten bei Kälte bei körperlichen Aktivitäten im Freien vorsichtig sein, warnen die Experten. Denn häufig seien bei ihnen die Herzkranzgefäße verengt, und dann ist die Kombination von Kältestress und körperlicher Belastung zu viel. Denn um die Muskeln bei Belastung mit genügend Sauerstoff zu versorgen, brauche der Herzmuskel selbst mehr Sauerstoff. Normalerweise nehme deshalb die Durchblutung des Herzens bei Anstrengungen zu. Doch wenn Herzarterien verengt seien, könne das Blut nicht fließen. Der Herzmuskel leide dann unter dem Sauerstoffmangel – und das verursache Schmerzen oder schnüre den Brustkorb zusammen. Im schlimmsten Fall könnten sich bei dem erhöhten Druck Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen lösen und Blutgerinnsel bilden. Diese verstopften das Gefäß und es komme zum Herzinfarkt.

„Menschen mit einem erhöhten Herz-Kreislaufrisiko sollten daher im anstehenden Winter darauf achten, sich keinen zu großen Temperaturschwankungen und körperlichen Anstrengungen auszusetzen. Risikopatienten sollten vor der kalten Jahreszeit zudem einen Belastungstest machen und sich gegen Grippe und Corona impfen lassen, um jede Schwächung des Immunsystems zu vermeiden“, rät Michael Lobscheid.

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