Haushaltsplanung in Moers Moerser sollen mehr Grundsteuern zahlen

Moers · Kämmerer Wolfgang Thoenes hat dem Stadtrat den Etatentwurf für das Jahr 2020 vorgelegt. Fünf Millionen Euro fehlen zum Erreichen des Haushaltsausgleichs. Das Loch soll durch eine Erhöhung der Grundsteuer B gestopft werden.

 Eine Erhöhung der Grundsteuer B würde alle treffen, direkt die Gebäudeeigentümer, indirekt aber auch Mieter von Immoblien.

Eine Erhöhung der Grundsteuer B würde alle treffen, direkt die Gebäudeeigentümer, indirekt aber auch Mieter von Immoblien.

Foto: Oliver Berg/dpa/Oliver Berg

2016, bei der Vorstellung des Haushalts für das Jahr 2017, hatte Stadtkämmerer und Erster Beigeordneter Wolfgang Thoenes bereits prognostiziert, dass es so kommt. Weil ja schon damals klar war, dass 2019 das Jahr sein würde, in dem die Finanzspritze aus dem Stärkungspakt Kommunalfinanzen – insgesamt 10,2 Millionen Euro – zum ersten Mal schrumpft. Bis 2021 verliert die Stadt Moers jedes Jahr rund 3,4 Millionen Euro. Gleichzeitig steigen die Ausgaben, auf die die Kommune an vielen Stellen keinen Einfluss hat. Die Quittung dafür liegt jetzt auf dem Tisch. Der Haushaltsplanentwurf für 2020, den Thoenes am Mittwoch dem Stadtrat vorgelegt hat, weist eine Lücke zum Erreichen des Haushaltsausgleichs von fünf Millionen Euro aus. Um das Finanzloch schließen zu können, schlägt die Verwaltung der Moerser Politik eine Erhöhung des Grundsteuer B-Hebesatzes von derzeit 740 auf 875 Prozent vor. Wir erklären die Hintergründe und mögliche Auswirkungen.

Ausgangslage: der Haushaltssanierungsplan Was die Finanzplanung betrifft, ist Moers gebunden. Laut Haushaltssanierungsplan, mit dem die Stadt den Vorgaben des Stärkungspakts nachkommt, muss der Etatentwurf der Verwaltung unterm Strich eine „schwarze Null“ ausweisen. Im Gegensatz zu den vergangenen vier Haushaltsjahren ist das für 2020 nicht gelungen. Das vorgegebene Ziel, den Etat ohne Hilfe vom Land bis spätestens 2021 auszubalancieren, wird – Stand heute – nicht erreicht.

Ein Teil des Problems: die Altschulden Auf Landes- und Bundesebene wird derzeit über einen Schuldenschnitt für Kommunen diskutiert. Ein solcher bezöge sich im Wesentlichen auf Liquiditätskredite. „Unser Dispo liegt derzeit bei rund 234 Millionen Euro“, sagt Thoenes. „Ein Schuldenerlasse hilft uns beim Ergebnishaushalt zwar nicht, ist aber selbstverständlich wünschenswert.“

Der aktuelle Status und die Probleme Wo genau stecken die Tücken im Haushalt 2020? Zum Beispiel in den Personalkosten. An dieser Stelle gibt es aufgrund feststehender Tarifabschlüsse im Bereich der Beschäftigten und einer gesetzlichen Steigerung bei den Beamten einen Mehrbedarf von 1,8 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. „Der Versorgungsaufwand explodiert in 2020  mit zusätzlichen 5,2 Millionen Euro geradezu“, sagt Thoenes. Maßgeblich verantwortlich dafür, sagt er, seien Personalzugänge im Beamtenbereich, zum Beispiel bei der Feuerwehr, aber auch die immer weiter steigende Lebenserwartung und das sehr geringe Zinsniveau. Bei den Betriebskosten der Kindertagesstätten werden in Moers im Haushaltsjahr 2020 rund 14,8 Millionen Euro, bei den Kosten der Tagespflege etwa 4,4 Millionen benötigt. Beide Positionen erhöhen sich im Vergleich zum Vorjahr um insgesamt 1,54 Millionen Euro. „Darüber hinaus drohen ab dem Haushaltsjahr 2021 weitere Belastungen durch die Reform des Kinderbildungsgesetzes“, sagt der Kämmerer. Unter anderem soll es laut Gesetzesentwurf ein zweites beitragsfreies Kita-Jahr geben. „Hier“, sagt Thoenes, „werden die Kommunen darauf achten müssen, dass sie am Ende nicht erneut die Zeche zahlen.“ Schwer einschätzbar, heißt es, sei auch die naturgemäß schwankende Entwicklung bei der Gewerbesteuer; die Verwaltung kalkuliert derzeit für 2020 mit 47,6 Millionen Euro.

Die Probleme und die Ursachen Die finanziellen Schwierigkeiten, mit denen die Stadt jetzt kämpft, sind aus Sicht des Kämmerers nur in geringem Maß hausgemacht. So seien gerade einmal 11,7 von 302,6 Millionen Euro der Gesamtaufwendungen freiwillige Leistungen, betont Thoenes. Alle sonstigen Ausgaben würden in der Regel durch Bundes- oder Landesgesetze vorgegeben. „Die Kommunen“, sagt er, „bleiben auf den Kosten sitzen.“ Für Moers bedeutet das pro Jahr konkret: 300.000 Euro Krankenhausumlage, 1,9 Millionen aus dem Unterhaltsvorschussgesetz, 1,1 Millionen für Tagespflege und Kitas, 3 bis 4 Millionen Kosten aus dem Flüchtlingsaufnahmegesetz, 200.000 Euro aus dem Angehörigen-Entlastungsgesetz.

Investitionen Trotzdem umfasst der Finanzhaushalt des Jahres 2020 ein Investitionsvolumen von insgesamt 26,9 Millionen Euro. Den größten Batzen will die Stadt in die Bereiche Infrastruktur und Bildung stecken: 5,3 Millionen in Straßen und Brücken, 8,5 Millionen in Schulen, 4,1 Millionen in sonstige städtische Gebäude. 9,4 Millionen Euro der Investitionen sollen über Kredite finanziert werden. Weil Schulden an anderer Stelle getilgt werden, gebe es aber keine Nettoneuverschuldung, sagt der Kämmerer.

Ertrag und Aufwand Den Gesamtaufwendungen von 302,6 Millionen Euro stehen unterm Strich Erträge von 297,6 Millionen gegenüber. Dabei liegt der Gemeindeanteil bei der Einkommenssteuer bei 54,3 Millionen Euro, bei der Umsatzsteuer bei 9,7 Millionen.

Daraus folgt: die Grundsteuererhöhung Bleibt die Frage, wie und wo sich die fehlenden fünf Millionen Euro generieren lassen. Einig sind sich Bürgermeister und Kämmerer darüber, dass „ein kleinteiliges Streichen im freiwilligen Bereich“ nichts bringt, zumal von Letzterem „auch die Liebenswürdigkeit der Stadt abhängt“. Geht es nach dem Vorschlag der Verwaltung, würden die Moerser Bürger 4,5 Millionen Euro über die Erhöhung der Grundsteuer B leisten. Heißt beispielsweise: Wer jetzt pro Jahr 400 Euro zahlt, muss künftig  mit rund 80 Euro mehr rechnen. „Die Grundsteuer trifft alle: Grundstückseigentümer, Mieter, Unternehmen – deshalb ist sie im Vergleich zur Gewerbesteuer die gerechtere Steuer“, sagt Bürgermeister Christoph Fleischhauer. Bei einer Erhöhung der Gewerbesteuer bestehe die Gefahr, dass Unternehmen abgeschreckt werden. Ob die Grundsteuererhöhung kommt, entscheidet am Ende die Politik. CDU-Fraktionschef Ingo Brohl betonte in einer Stellungnahme, die CDU wolle den Haushalt 2020 ohne Steuererhöhungen aufstellen. Und auch SPD-Fraktionschef Atilla Cikoglu sagt: „Keiner in dieser Stadt will die Grundsteuer B erhöhen.“

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