Holocaust-Gedenktag in Moers Gemeinsam feiern gegen das Vergessen

MOERS · Schüler der Anne-Frank- und der Hermann- Runge-Gesamtschule haben den Gottesdienst zum Holocaust-Gedenktag in der Stadtkirche mitgestaltet.

 Gottesdienst zum Holocaust-Gedenktag in der Stadtkirche.

Gottesdienst zum Holocaust-Gedenktag in der Stadtkirche.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen. Ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen. Ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen. Ich war ja nicht in der Gewerkschafter. Als sie mich abholten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

Pfarrer Wolfgang Döring stellte zwei Personen in den Mittelpunkt seiner Ansprache, die er am Sonntag im Gottesdienst zum Holocaust-Gedenktag hielt. Zum einen zitierte er in der Stadtkirche Martin Niemöller (1892 bis1984), der zunächst Nationalsozialist gewesen war, um ab 1937 in den Widerstand gegen die Nationalsozialisten zu gehen und im Konzentrationslager im oberbayerischen Dachau inhaftiert zu werden. Zum anderen berichtete er von einem Moerser Schüler, der nach seinem Abitur sein Freiwilligenjahr in der Gedenkstätte Mittelbau-Dora im Harz absolviere, um dort von einer Gruppe zu hören, Schreckliches passiere immer und alles sei nicht so schlimm gewesen.

Niemand dürfe den Holocaust, den unfassbaren NS-Schrecken, relativieren, sagte Döring. Der Satz „In meiner Welt ist alles in Ordnung”, gelte nicht. Man habe dagegen vorzugehen, wenn – ohne Kopf – zum Holocaust-Gedenktag menschenverachtende Propaganda gegen Juden oder Muslime ins Internet gestellt werde. Man habe dann Null Toleranz zu zeigen. Man habe mutig zu sein, obwohl das nicht leicht sei. Friede sei kein fester Zustand, sondern man habe ihn immer wieder neu zu schaffen.

Personen hatten auch die Schüler und Lehrer der Anne-Frank- und der Hermann-Runge-Gesamtschule in den Mittelpunkt gestellt, die die ökumenische Gedenkveranstaltung mit gestalteten und sie unter das Motto „Gemeinsam Gesicht zeigen“ stellten, um für Respekt und Courage zu kämpfen. Sind diese beiden Schulen doch nach Personen benannt, die von den Nationalsozialisten malträtiert wurden. Anne Frank wurde im März 1945 im niedersächsischen Konzentrationslager Bergen-Belsen mit 15 Jahren ermordet, nachdem das Versteck ihrer Familie in Amsterdam entdeckt worden war, wie Schüler in einem Bildvortrag erzählten. Hermann Runge (1902 bis 1975) war von 1937 bis 1945 inhaftiert. Von 1948 bis 1949 gehörte der Sozialdemokrat dem Parlamentarischen Rat an, der unter Carlo Schmidt das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ausarbeitete.

„Die Resonanz ist sehr gut”, freute sich Michael Murmann als Didaktischer Leiter der Anne-Frank-Gesamtschule über die 250 Besucher des Gedenkgottesdienstes. Im nächsten Jahr soll es erneut einen Gottesdienst zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar geben, entweder an dem Tag selbst, einem Montag, oder am 26. Januar, dem Sonntag davor. „Das Gedenken ist im Alltag präsent zu halten”, sagten Sandra Punge und Saski Elle als Geschichtslehrer der beiden Gesamtschulen. In einem Jahr soll auch die Geschwister-Scholl-Gesamtschule in Hochstraß teilnehmen. Sie ist nach Hans und Sophie Scholl benannt, die 1943 von den Nationalsozialisten ermordet wurden. „Diesmal hatten die Schule einen Tag der offenen Tür”, berichtete Sandra Punge. „Es wäre schön, wenn sie im kommenden Jahr dabei ist. Dann jährt sich das Ende des Holocausts zum 75. Mal.“

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