Moers Gericht glaubte nicht an Herzinfarkt

Moers · Herzschmerzen, Todesangst und keine Hilfe in Sicht: Dieses Desaster zwang einen 64-jährigen Mann aus Moers dazu, das Gesetz zu übertreten. Er stieg in den Wagen seiner Lebensgefährtin und machte sich auf den Weg zum nächsten Krankenhaus, obwohl er gar keinen Führerschein besaß.

 Hilfe für Patienten mit Herzproblemen könnte jetzt aus den USA kommen.

Hilfe für Patienten mit Herzproblemen könnte jetzt aus den USA kommen.

Foto: ddp

Für ihn sei dies die einzige Aussicht auf Rettung gewesen, denn ein Telefon gab es in seiner Wohnung noch nicht. Auch war keiner der Nachbarn zu Hause, um einen Krankenwagen zu bestellen.

"Nett unterhalten"

Das wiederholte der Mann an mehreren Verhandlungstagen vor dem Moerser Amtsgericht. Dort musste er sich nämlich — zu Unrecht, wie er fand — wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verantworten. Einem Polizisten war die ungewöhnliche Fahrweise des Mannes aufgefallen. Er hielt den Wagen an und stellte fest: Der Fahrer hatte schon vor über zehn Jahren seinen Führerschein abgeben müssen.

Einen Notfall stellte der Polizist dagegen nicht fest. Der Mann habe zwar von einem Arzttermin gesprochen, habe sich aber weder auffällig verhalten noch nach einem Krankenwagen gefragt oder krank ausgesehen. Im Gegenteil, man habe sich noch sehr nett unterhalten. Einen drohenden Herzinfarkt nahm das Gericht dem Angeklagten deshalb nicht ab, der habe wohl nachträglich als Entschuldigung herhalten müssen. Der unbelehrbare Wiederholungstäter war auch schon viele Male in den letzten Jahren wegen Fahrens ohne Führerschein, Trunkenheit im Verkehr und ohne Haftpflichtversicherung erwischt und bestraft worden.

Wegen der letzten Taten war er vor dem Rheinberger Amtsgericht zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Weil während der Bewährungszeit erneut aufgefallen ist, könnte es sein, dass der Moerser die zwei Jahre nun doch absitzen muss. Lange habe sie abgewogen, ob auch diesmal eine Bewährungsstrafe aufgrund der einschlägigen Vorstrafen noch angebracht ist, meinte die Richterin und kam zu dem Schluss: "Ich kann es noch mal vertreten”. Sechs Monate Haft auf Bewährung lautete das Urteil.

Das hielt der Anwalt immer noch für zu hoch gegriffen und hat bereits Berufung eingelegt. Er meinte, eine Geldstrafe sei hier ausreichend. Sein Mandant habe nur fahrlässig gehandelt und gedacht, er dürfe in so einem Notfall wie einem drohenden Herzinfarkt zum Krankenhaus fahren. Dabei handele es sich zwar um einen Irrtum, das könne aber auch mit einer Geldstrafe abgegolten werden.

(RP)
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