Moers Gegen Störer: "Klare Ansagen sind hilfreich"

Moers · Nimmt schlechtes Benehmen in der Kirchen immer mehr zu? Wir fragten bei Pfarrern nach.

Ältere Katholiken erinnern sich noch: Früher gab es auch in kleinen Gemeinden den Kirchenschweizer. Er sorgte dafür, dass niemand in der Kirche Unfug machte und dass Ruhe herrschte, wenn der Pfarrer am Altar stand.

Heute gibt es die Kirchenschweizer nur noch in großen Kirchen, die von vielen Touristen besucht werden. Doch in den Gottesdiensten scheint, wenn man den Geistlichen glaubt, immer mehr Bedarf für jemanden zu sein, der für Ruhe und Ordnung sorgt. So machte jüngst ein Fall in Mönchengladbach-Rheydt Schlagzeilen, als Jugendliche eine Krippenfeier störten.

Auch Norbert Derrix, Pfarrer von St. Martinus Rheurdt, hatte sich im Vorfeld des Festes in der RP über Störer ausgelassen. Offenbar mit Erfolg: "Die ökumenische Krippenfeier war in diesem Jahr wunderbar ruhig und getragen." Er habe übrigens auf seine Aussagen im RP-Artikel größtenteils positive Reaktionen erhalten. Den Kirchenschweizer wieder einzuführen, das hält Derrix allerdings für übertrieben. Überhaupt will er nicht als Zuchtmeister gelten. "Früher gingen die Schüler ja oft mit dem Lehrer in die Kirche, da durfte man nicht mal den Kopf in die andere Richtung wenden." Solche Zeiten wünsche er sich nicht zurück, stellt Derrix klar.

Heinrich Bösing, Pfarrer in der Kirchengemeinde St. Martinus in Moers, kann sich an diese Respektspersonen noch gut aus seiner Jugend erinnern. "Bei uns in Dorsten wiesen sie den Leuten in der Kirche die Plätze an, und wenn jemand sich daneben benahm, dann stampften sie mit ihren Stäben auf den Boden." Das nun wieder einzuführen, wäre für Bösing allerdings keine Option. Störungen in der Kirche sind, nach seiner Erfahrung, "kein auffallendes Problem". Es komme manchmal vor, beispielsweise bei Feiern zur Erstkommunion, dass Eltern fotografieren und filmen, obwohl man sie vorher gebeten habe, das zu lassen. "Einmal haben wir eine Besucherin deswegen aus der Kirche gewiesen", erinnert er sich.

Ist das also nur ein katholisches Phänomen? Nicht unbedingt, meint Pfarrer Torsten Maes von der Stadtkirchengemeinde in Moers. "Es gibt manchmal eine gewisse Unruhe. In eine Kirche zu gehen, ist für viele Menschen heute halt keine Selbstverständlichkeit mehr." Aber ein große Thema sei das für ihn und ie Amtskollegen eigentlich nicht. "Zu Weihnachten war die Kirche rappelvoll, aber es gab keine solchen Probleme", berichtet er.

"Das katholische Verständnis vom Kirchenraum ist anders", meint Pfarrer Bösing. Viele Menschen hätten heute offenbar kein Sinn für das Sakrale. Das zeige sich in Kleinigkeiten, "etwa darin, dass viele nicht mehr das Knie beugen, bevor sie in die Bank gehen oder die Hand ins Weihwasserbecken tauchen." Alles Dinge, die älteren Kirchgängern noch in Fleisch und Blut stecken.

Norbert Derrix hat bei Störern mittlerweile die Erfahrungen gemacht, dass man sich als Pastor Respekt verschaffen muss. "Klare Ansagen sind hilfreich. Das akzeptieren die Leute dann oft auch."

(s-g)
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