Konzerte in Moers Für Nachtschwärmer: Die Moerser Innenstadt im Festival-Fieber

Ein Anliegen der Organisatoren war es, das Moers Festival an die Innenstadt zu binden. Wie schon im vergangenen Jahr hatten Besucher Gelegenheit, Musiker an unterschiedlichen Spielstätten in der Innenstadt zu erleben.

 Das Sun Ra Arkestra in der rot beleuchteten Stadtkirche.

Das Sun Ra Arkestra in der rot beleuchteten Stadtkirche.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Während am frühen Freitagabend einige Mitglieder des Sun Ra Arkestra bei „Saturn“ musizierten, begrüßte der Japaner Atsushi Tsuyama, Mitglied des Trios „Psyche Bugyo“, die Zuhörer in der Stadtkirche zu einem wunderbar schrägen Solo-Auftritt. Mit Hilfe eines elektronischen Fußpedals nahm Atsushi Tsuyama mehrere Tonspuren seines Gesangs und Gitarrenspiels auf, wobei er jede neue Gesangslinie über die bereits bestehenden Tonspuren legte. Auf diese Art schuf der Japaner einen immer dichter werdenden Klangteppich, dem er durch den Einsatz von Blockflöten weitere Klangfarben hinzufügte.

Anschließend nahm sich Atsushi Tsuyama Klassiker der Musikgeschichte vor, die er genussvoll neu interpretierte. So spielte er etwa den Song „I talk to the wind“ der Progressive-Rock-Band King Crimson in der Stimmlage und Interpretation eines Tom Waits oder Carol Kings Lied „It‘s too late“ mit deutlichen Gitarren-Referenzen der Band Pink Floyd. Die herrlich absurden Neu-Interpretationen lösten bei den Konzertbesuchern wahlweise belustigtes Schmunzeln oder Irritationen aus.

Zum Konzert der brasilianischen Sängerin Jucara Marcal und ihres Begleiters Thomas Rohrer, der die Rabeca, eine Sitzgeige, spielte, wurden die Besucher an der Tür des Rathauses von Bürgermeister Christoph Fleischhauer begrüßt. Im Bürgermeisterbüro schenkte er Ananas-Bowle einschenkte. „Fühlen Sie sich wie zu Hause, denn schließlich zahlen Sie als Moerser Bürger die Miete hier ja ohnehin“, sagte der Bürgermeister und plauderte entspannt mit seinen Gästen, ehe man gemeinsam im Rathaus-Foyer das stimmungsvolle Konzert des Duos verfolgte.

Eng wurde es anschließend in der voll besetzten Stadtkirche, in der das legendäre Sun Ra Arkestra auftrat. Mit Saxophon, Posaune, Trompete und Horn erzeugten die Musiker einen gewaltigen Bläserklang, der durch den Einsatz von Pauken, Schlagzeug, Bass, Percussion, Klavier und Gesang noch verstärkt wurde. Überall waren nickende, wippende, sogar tanzende Menschen zu sehen. Gemeinsam mit den Musikern feierte das Publikum eine ausgelassene Party.

Einen reizvollen Gegensatz boten dazu die Trondheim Voices in der St.-Josef-Kirche. Die sieben Sängerinnen aus Norwegen, die den Klang ihrer Stimmen mit elektronischen Geräten verändern, stimmten einen ausgesprochen elegischen und meditativen Gesang an, den sie mit zahlreichen Klängen und Geräuschen wie Knacken, Klicken, Zischen oder Seufzen unterlegten. Die Musikerinnen, die allesamt dunkle Gewänder und Kopfbedeckung trugen, beleuchteten ihre Gesichter dabei mit dem hellen Licht kleiner LED-Lampen. Die einzelnen Sängerinnen verteilten sich in der Kirche und umschlossen die Besucher regelrecht mit ihren Stimmen. Zum Schluss ihres intensiven Konzertes, das einen sakralen und beinahe entrückten Charakter entwickelte, kamen die Trondheim Voices im rot erleuchteten Altarraum wieder zusammen und entließen die Gäste zu später Stunde entspannt in die Nacht.

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