Moers Für die Aleviten begann die Fastenzeit

Moers · Während die Christen in diesem Jahr noch mehr als vier Wochen fröhlich Karneval feiern können, hat für die Gemeinde der alevitischen Moslems in Moers die Fastenzeit bereits am Samstag begonnen. Das nach dem arabischen Kalender traditionell im Monat Muharrem stattfindende alevitische Fasten dauert zwölf Tage und wird alljährlich zum Gedenken an den im Jahre 680 n. Chr. in Kerbela ermordeten Imam Hüseyin und elf weiterer ermordeter Nachfahren des Propheten Mohammed abgehalten. In diesen zwölf Tagen essen und trinken gläubige Aleviten in der Regel nur einmal täglich abends nach dem Sonnenuntergang und verzichten dabei auf Fleisch, Fisch, Eier, Zwiebeln und Knoblauch. Darüber hinaus wird darauf geachtet, Streitigkeiten zu vermeiden, anderen Menschen sowie der übrigen Natur kein Leid zuzufügen und sich von jeglichem Vergnügungen fern zu halten.

Tradition – aber kein Zwang

„Das Fasten bei uns hat zwar eine religiöse Tradition, ist aber kein Zwang“, erklärte der Vorsitzende des Alevitischen Kulturvereins in Moers, Günes Fikret, am Samstag im vereinseigenen Zentrum in der Vinzenzstraße. Dort hatten sich kurz nach Sonnenuntergang rund 70 der insgesamt mehr als 200 in Moers lebenden Aleviten versammelt, um zum Auftakt ihrer Fastenzeit gemeinsam zu essen und zu beten. „Ich werde oft gefragt, ob das Gebet nun vor oder nach dem Essen abgehalten wird, aber das ist egal, das hängt davon ab, wie hungrig man ist“, erklärte der Vorbeter an diesem Abend, nachdem er zuvor ein Dankesgebet gesprochen und seine Glaubensbrüder zu Brüderlichkeit, gegenseitiger Hilfe und zum Frieden ermahnt hatte. Im Gegensatz zu den sunnitischen Moslems können bei den Aleviten auch Frauen die Aufgabe des „Dede“ genannten Vorbeters übernehmen.

Offen für Gäste

Das während der Fastenzeit allabendlich stattfindende gemeinsame Essen ist sowohl für alevitische Gemeindemitglieder als auch für andersgläubige Gäste offen. Dabei übernehmen gleich mehrere Familien die Aufgabe, das vor allem aus Brot, Hülsenfrüchten, Reis, Joghurt und Obstkompott bestehende Essen zuzubereiten. Zum Ende der Fastenzeit wird dann als Symbol der Dankbarkeit eine „Ashure“ genannte, gekochte Süßspeise aus zwölf Zutaten, darunter Weizen, Bohnen, Nüsse und Obst, an die Verwandten sowie an Freunde und Nachbarn verteilt.

In Deutschland gibt es zurzeit über hundert alevitische Gemeinden, deren Mitglieder vor allem aus Anatolien stammen. Wie alle Moslems glauben auch sie an einen heiligen Schöpfer und dessen Propheten Mohammed, verehren aber im Gegensatz zu den orthodox-islamischen Sunniten und den iranischen Schiiten zusätzlich noch Mohammeds Schwiegersohn Ali als ihren Religionsstifter.

(RP)
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