Moers Freigänger betreibt riesige Hanfplantage

Moers · Zollfahndern ist einer der größten Coups der vergangenen Jahre gelungen. Mitten im Kaldenkirchener Zentrum haben die Beamten eine Plantage mit über 5000 Pflanzen entdeckt. Ein Insasse der JVA Moers hatte die Pflanzen gepflegt.

 Das Technische Hilfswerk baut die Plantage in der ehemaligen Druckerei und Kunstgalerie in Kaldenkirchen ab. Die Beleuchtung wurde teilweise mit Starkstromkabeln versorgt.

Das Technische Hilfswerk baut die Plantage in der ehemaligen Druckerei und Kunstgalerie in Kaldenkirchen ab. Die Beleuchtung wurde teilweise mit Starkstromkabeln versorgt.

Foto: Busch

Zahlreiche Autos befahren die Bahnhofstraße in Kaldenkirchen jeden Tag aber niemand hat wohl vermutet, dass sich in hinter den Mauern der ehemaligen Druckerei Lindackers eine der größten Hanfplantagen befand, die die Zollfahndern im Grenzland je entdeckt haben.

Monatelange Ermittlungen und mehrere Hinweise haben die Beamten der Dienststelle Kleve zur ehemaligen Druckerei Lindackers geführt. Die Beweislage war schließlich ausreichend, um einen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken. Am vergangenen Freitagabend durchsuchten rund 30 Zöllner aus Kleve und Kaldenkirchen das Haus Bahnhofstraße 19.

Mehr als 5000 Pflanzen befanden sich im Keller des Gebäudes. Bei der Durchsuchung stießen die Beamten auch auf den "Gärtner", wie Ulrich Schulze von der übergeordneten Zollfahndung Essen mitteilte. Der 51-jährige Häftling der JVA Moers war gerade auf Freigang und habe sich offenbar regelmäßig um die Pflege der Pflanzen gekümmert. "Er wäre im März 2013 entlassen worden", teilt die JVA-Leiterin Elke Krüger mit. Seit drei Jahren ist der Mann im offenen Vollzug. Jetzt sitzt er hinter Gittern. Der Mann sei einschlägig vorbestraft. Die beinahe 600 Quadratmeter große Anlage habe weitgehend vollautomatisch funktioniert. Die Pflanzen wurden automatisch bewässert, beheizt, gedüngt und auch die Beleuchtung mit etlichen Strahlern habe automatisch funktioniert, sagt Ulrich Schulze. "Ich mache diesen Job schon ziemlich lange, aber ich kann mich nicht erinnern, in den vergangenen 10 Jahren schon einmal eine Plantage dieser Größe gesehen zu haben", sagte Zollfahnder Schulze, nachdem er selbst vor Ort gewesen ist.

Er gehe davon aus, dass der Häftling aus Moers noch mehrere Komplizen gehabt haben muss. "Eine Anlage dieser Größe kann man nicht allein betreiben." Wie lange im Keller der ehemaligen Druckerei bereits angebaut wurde, können die Beamten nur vermuten. Herumliegendes Equipment zeige aber, dass die Plantage bereits mehrfach technisch aufgerüstet worden war."Die Unbekannten haben sogar ein Loch in den Betonboden gestoßen um das Grundwasser zur Bewässerung anzuzapfen", sagte Ulrich Schulze. Wegen des immensen Strom- und Gasverbrauches wurde ein Teil der Energie vor den Zähleranlagen abgezapft.

Die Stadtwerke Nettetal hatten nichts bemerkt. "Wir sind durch die Ermittler darauf aufmerksam geworden. Wir prüfen den Fall und werden wahrscheinlich Strafanzeige wegen Diebstahl stellen", sagte Sprecherin Sigrid Rautenberg Wieviel Strom und Gas illegal gezapft wurde, könne nur geschätzt werden. Auch sei noch nicht klar, ob der Strom- und Gaskunde von der Plantage wusste. Etwa zwei bis dreimal im Jahr hätten die Unbekannten wahrscheinlich ernten können. Schulze schätzt, dass die Plantage wohl mindestens 100 000 Euro Jahresumsatz gemacht haben könnte. "Wir schließen Verbindungen in die Niederlande nicht aus", sagte Ulrich Schulze.

Weil die niederländische Polizei den Druck beim Kampf gegen illegale Plantagen erhöht habe, würden immer mehr Anbauer nach Deutschland "verdrängt" (s. Info). Den Häftling der JVA Moers, den die Beamten bei der Durchsuchung aufgegriffen haben, wird nun vermutlich eine Anklage wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz erwarten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort